Aphasie Definition: Was ist Aphasie?
Aphasie ist ursprünglich ein griechisches Wort und bedeutet soviel wie „Sprachlosigkeit“. Medizinisch ist damit eine Störung des Sprachzentrums im Gehirn gemeint. Dies betrifft nicht nur das Sprechen sondern häufig zusätzlich das Verstehen oder sogar das Lesen und Schreiben.
Es mangelt bei einer Aphasie nicht an der physischen Umsetzung. Grund ist vielmehr eine Störung der Fähigkeit, Gedanken in Sprache umzusetzen und umgekehrt Gehörtes wiederum im Gehirn zu verarbeiten zu können. Ebenfalls zählt die Aphasie nicht als geistige Behinderung, da das Denkvermögen ja nicht eingeschränkt ist – lediglich die Umsetzung macht Probleme.
Dies führt dazu, dass die Betroffenen Wörter verwechseln, weglassen oder gar mitunter nur sinnentleerte Wortbruchstücke von sich geben können. Erinnerungen, Analysefähigkeit und Denkvermögen sind hingehen in keiner Weise beeinträchtigt.
Unterschied Dysarthrie – Aphasie
Damit muss man die Aphasie deutlich von einer Sprechstörung, wie zum Beispiel dem Stottern, abgrenzen. Ebenfalls muss unterschieden werden, ob es sich um eine Aphasie oder eine Dysarthrie handelt. Letztere entsteht nicht im Gehirn, sondern durch eine Beeinträchtigung der Muskeln, die zum Sprechen benötigt werden. Zu nennen sind hier beispielsweise die Kehlkopfmuskulatur beziehungsweise die Zunge oder Lippenmuskulatur.
Bei einer Dysarthrie ist das Sprachverständnis nicht beeinträchtigt. Die Betroffenen haben vielmehr Probleme, die Muskeln des Sprechapparates so zu nutzen, wie sie es wollen. Daher sprechen sie meist langsam und sichtlich angestrengt.
Eine weitere Abgrenzung besteht zu einer Sprechapraxie. Bei dieser haben die Betroffenen Schwierigkeiten, einzelne Laute, Töne oder einen deutlichen Redefluss zu steuern. Der Grund liegt in einer Programmierungsstörung bezüglich der Sprechbewegungen.
Aphasie Formen und Aphasie Symptome
Welche Formen der Aphasie gibt es und wie erkennt man eine Aphasie? Die Störung wird im Laufe eines Lebens erworben – häufig durch externe Einflüsse auf das Gehirn oder durch bestimmte Erkrankungen.
Dabei sind vier unterschiedliche Arten der Aphasie zu differenzieren, die sich je nach betroffenem Hirnareal äußern und in ihren Symptomen unterscheiden:
- Broca-Aphasie (Motorische Aphasie)
- Wernicke-Aphasie (Sensorische Aphasie)
- Globale Aphasie
- Amnestische Aphasie
Broca-Aphasie (Motorische Aphasie)
Die Broca-Aphasie wird gleichbedeutend als motorische Aphasie bezeichnet. Sie hat ihren Namen vom Broca-Areal des Sprachzentrums, welches im Stirnlappen verortet ist. Es ist für die Artikulation zuständig.
Das Sprach-Verständnis ist in keiner Weise eingeschränkt, allerdings können die Betroffenen sich nur mehr im Telegramm-Stil äußern. Sie sprechen stockend und verwechseln häufig ähnlich klingende oder gleich beginnende Wörter.
Bei einer Broca-Aphasie haben die Betroffenen zudem Schwierigkeiten mit der Grammatik und der richtigen Reihenfolge der Wörter in einem Satz. Dies führt zu einfachen Sätzen, deren Bildung eine große Anstrengung darstellt. Das gilt für das Reden wie für das Schreiben.
Wernicke-Aphasie (Sensorische Aphasie)
Das Wernicke-Areal im Sprachzentrum sitzt im oberen Schläfenlappen. Es hat die Aufgabe, das Sprachverständnis zu steuern. Wenn es geschädigt ist, können die Betroffenen sich nur noch mit großer Mühe mitteilen.
Sie verwechseln Silben, Laute und ganze Worte und reihen diese mitunter sinn- und zusammenhanglos aneinander. Dies bemerken die meisten dabei gar nicht. Für sie macht der verworrene Wortsalat häufig Sinn, weswegen gerade diese Form oft mit einer geistigen Behinderung verwechselt wird. Zumal die Patienten auch große Probleme mit dem Verständnis haben.
Es ist, als würden sie eine Fremdsprache sprechen. Ebenso haben Sie Schwierigkeiten mit dem Sprach-Verständnis. Selbst einfache Wörter können häufig nicht verstanden werden. Über Mimik und Tonlage ist eine Kommunikation eher möglich.
Globale Aphasie
Die schwerwiegendste Form ist die globale Aphasie. Hier sind mehrere Hirnareale zugleich betroffen. Daher können die globalen Aphasiker kaum noch Gesprächen folgen. Wenn überhaupt, dann verstehen sie nur sehr einfache, kurze und langsam gesprochene Sätze.
Ihre Äußerungen wirken zusammenhanglos. Meist bestehen sie aus immer gleichen Automatismen, die sich stetig wiederholen. Diese Art der Aphasie ähnelt in der Ausprägung oftmals dem Sprechvermögen eines Demenz-Patienten im sehr fortgeschrittenen Stadium – nur ohne die anderen Symptome.
Amnestische Aphasie
Bei einer Schädigung der unteren Schläfenlappen kommt es zu einer amnetischen Aphasie. Die Betroffenen suchen nach Worten – gerade, wenn sie etwas beschreiben möchten.
Häufig werden dabei Allgemeinplätze verwendet wie „Das da“ oder „Dieses Dings“, da das entsprechende Wort gerade nicht parat zu sein scheint – selbst wenn es noch so einfach sein mag. Typisch sind ebenfalls Sprechpausen und ein Abbrechen mitten in einem Satz.
Bei der amnetischen Aphasie können die Betroffenen problemlos verstehen und lesen. Beim Schreiben entstehen jedoch die gleichen Wortfindungsstörungen wie beim Sprechen.
Aphasie-Therapie: Kann man Aphasie heilen?
Eine Aphasie sollte so rasch wie möglich behandelt werden. Wenn sie von einem auf den anderen Moment auftritt, ist sie Alarmsignal. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich dann um einen Schlaganfall. Rufen Sie daher schnellstens den Notruf 112 an und leisten Sie Erste Hilfe.
Wenn die Aphasie nur nach und nach bemerkbar wird, sollten Sie ebenfalls schnellstmöglich die Ursache bei einem Neurologen abklären lassen und eine Behandlung einleiten. Je nach Auslöser wird zunächst die Ursprungserkrankung entsprechend diagnostiziert und behandelt. Parallel dazu begeben sich die Betroffenen in die Hände eines Logopäden.
Verfahren zur Diagnose
Der Logopäde ermittelt zu Beginn anhand verschiedener Tests und Analyseverfahren, um welche Art der Aphasie es sich genau handelt. Dabei stellt er zunächst einfache Fragen und beobachtet die Antwort. Diese Fragen beziehen sich meist auf dem Lebenshintergrund des Betroffenen sowie die Symptome. Hierbei spielen nicht nur die Inhalte eine große Rolle für die Diagnose sondern auch die Art und Weise der Antworten. So schaut er genau nach Auffälligkeiten wie Wort- und Silbendrehern, Wiederholungen sowie der Suche nach Worten.
Im Anschluss wird der Logopäde einige Sätze vorsprechen beziehungsweise vorlesen mit der Bitte, diese nachzusprechen. Hierbei wird beobachtet, wie gut der Patient verstehen und sich konzentrieren kann und wie einwandfrei er diese Sätze mündlich wie schriftlich wiedergeben kann.
Möglichkeiten der Therapie
Je nach diagnostizierter Aphasie-Form, wird dann zeitnah eine entsprechende Sprachtherapie eingeleitet. Dabei stehen psychologische wie neurologische Ziele im Vordergrund. So zum Beispiel die…
- Reaktivierung der brachliegenden Hirnareale.
- Anregung anderer Hirnareale zur Kompensation der ausgefallenen.
- Minderung der Angst vor dem fehlerhaften Sprechen und Motivation.
Dies geschieht mittels verschiedener Konzentrations- und Sprechübungen sowie durch Rollenspiele in der Kleingruppe. Es geht darum, den Patienten zum Sprechen zu bringen – unabhängig von seiner Beeinträchtigung. Je mehr und je häufiger diesbezüglich geübt wird, umso nachhaltiger ist die Therapie. Eine vollständige Wiederherstellung der Sprachautomatismen ist nur selten möglich, allerdings ein besserer Umgang mit der Aphasie.
Aphasie Ursachen: Wie entsteht eine Aphasie?
Eine Aphasie ist nicht angeboren, sondern äußert sich immer in Folge einer Verletzung oder anderweitigen Schädigung des Sprachzentrums des Gehirn. In 80 Prozent der Fälle ist ein Apoplex (also ein Schlaganfall) dafür ausschlaggebend. Es gibt zudem weitere Gründe, die zu einer Aphasie führen können:
- Ein Unfall mit einem Schädel-Hirn-Trauma
- Ein Hirntumor
- Eine Verengung der Halsschlagader und somit eine Sauerstoffunterversorgung des Gehirns
- Vergiftungen – häufig durch exzessiven Alkoholgenuss
- Bakterielle oder virale Entzündungen des Gehirns – zum Beispiel durch einen Biss einer Zecke übertragen
- Andere neuronale Erkrankungen wie beispielsweise Demenz oder Alzheimer
Verlauf einer Aphasie
In Deutschland sind pro Jahr etwa 30.000 Menschen von einer Aphasie betroffen. Viele leiden nicht nur unter den eigentlichen Symptomen, sondern zusätzlich langfristig unter Folgeerscheinungen. Dies können Schwierigkeiten mit dem Bewegungsapparat sein oder Orientierungsschwächen.
Wer einen Aphasiker in der Familie oder dem näheren Umfeld hat, benötigt deshalb viel Zeit und Geduld, um sich auf diese einzulassen und sie zu verstehen. In den meisten Fällen setzen sich die Betroffenen selbst stark unter Druck. Sie sind ungeduldig aufgrund der Tatsache, dass sie sich nicht äußern und verstanden werden können, wie sie es gerne möchten. Mitunter führen selbst große Anstrengungen nicht zum gewünschten Ergebnis.
Dies führt bei ihnen oftmals zu Frust, Wut oder Verzweiflung – in manchen Fällen kann diese Sprachstörung sogar ein Auslöser für eine Depression sein.
Tipp: So helfen Sie den Betroffenen
Daher ist es wichtig, von Aphasie betroffenen Menschen Ruhe zuzugestehen und dies nonverbal auszustrahlen. Einige Tipps im Umgang mit ihnen haben sich deshalb als hilfreich erwiesen:
- Zeigen Sie Ihren Respekt und drücken Sie dies über den Körperkontakt aus. Das Halten der Hand oder der sanfte Kontakt zur Schulter oder dem Arm vermitteln Ruhe und Sicherheit.
- Keinesfalls sollten Sie den Betroffenen bevormunden oder wie einen geistig behinderten Menschen behandeln. Aphasiker können genau so klar denken wie Sie.
- Dazu zählt, dass Sie den Patienten aussprechen lassen, selbst wenn es länger dauert. Vollenden oder korrigieren Sie nicht dessen Sätze oder nehmen ihm die Worte aus dem Mund. Warten Sie geduldig ab, bis die Sätze zu Ende formuliert sind.
- Sprechen Sie in einfachen, kurzen Sätzen. Am besten machen Sie zwischen diesen Sätzen kurze Pausen. Das Sprachtempo sollte langsam und die Sprachmelodie ruhig sein, um den Druck vom Betroffenen zu nehmen.
- Unterstreichen Sie Ihre Sätze mit Gesten, um das Gesagte verständlicher zu machen. Wenn Sie den Patienten nicht richtig verstanden haben, dann geben Sie das wieder, was Sie verstanden haben und formulieren es als Frage: „Habe ich das richtig verstanden, dass…“
- Fragen Sie zurück, ob der Patient alles verstanden hat. Am besten in klaren Ja-Nein-Fragen, so dass dieser nur mit Kopf zu nicken oder ihn schütteln braucht.
- Ermutigen Sie den Aphasiker dazu, sich nicht zurück zu ziehen, sondern weiterhin Kontakte zu anderen Menschen aufrecht zu erhalten. Geben Sie diesen Gesprächspartnern diese Tipps gerne weiter.
- Minimieren Sie die Umgebungsgeräusche so gut es geht. Je weniger sich im Hintergrund abspielt, umso besser kann der Aphasiker sich auf die Konversation konzentrieren. Radio oder Fernseher stören in diesem Zusammenhang erheblich.
Hilfsangebote wie zum Beispiel Selbsthilfegruppen in der Nähe finden Sie darüber hinaus beim Bundesverband für die Rehabilitation der Aphasiker.
Was andere Leser noch gelesen haben
- Angst verstehen: Symptome, Ursachen und Auswege
- Hausarzt: Vertrauensperson mit Kompetenz
- Vergesslichkeit: Normal oder schon bedenklich?
- Rituale: Sinnvoll für unser Sicherheitsgefühl
- Fantasie: So wichtig für Ihr Wohlbefinden
Wichtiger Hinweis
Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und informiert Sie nur allgemein. Er kann und soll eine medizinisch-ärztliche Beratung nicht ersetzen. Vor der Einnahme eines Medikamentes lesen Sie bitte die Packungsbeilage sorgfältig durch und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.