Was sind außergewöhnliche Belastungen?
Im Normalfall lassen sich private Ausgaben und Kosten nicht von der Steuer absetzen. Anders kann es bei sogenannten außergewöhnlichen Belastungen sein. Das sind ebenfalls private Kosten, jedoch führen sie dazu, dass jemand deutlich höhere Kosten als üblich hat. Gemäß Einkommenssteuergesetz (EStG) können außergewöhnliche Belastungen die Einkommensteuer ermäßigen. Ziel ist ein Ausgleich, wenn einzelnen Steuerzahlern deutlich höhere Ausgaben als vergleichbaren anderen Steuerpflichtigen entstehen.
Bei „zwangsläufig größeren Aufwendungen“ wird „der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen“, so Paragraph 33 EStG. „Zwangsläufig“ bedeutet, wenn sich der Steuerzahler den Kosten aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Die Ausgaben, die zu den außergewöhnlichen Belastungen zählen, müssen also notwendig und unausweichlich für Sie sein.
Was zählt zu den außergewöhnlichen Belastungen?
Zwar benennt das Gesetz keine konkreten Ausgaben. Aber es gibt typische Aufwendungen, die zu den außergewöhnliche Belastungen zählen. Was Sie in der Regel von der Steuer absetzen können:
Krankheitskosten
Die meisten Kosten im Krankheitsfall übernimmt die zuständige Krankenkasse. Für einige Krankheitskosten müssen Sie jedoch selbst aufkommen. So können Arztkosten zu den außergewöhnlichen Belastungen zählen. Häufige Beispiele sind zudem Kosten für:
- Brillen
- Hörgeräte
- Rollstühle
- Behandlungen bei einem Heilpraktiker
- Zuzahlungen bei verschriebenen Medikamenten
- Akupunktur
- Zahnprothesen
Es lassen sich jedoch nur medizinisch notwendige Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen absetzen. Vorbeugende Maßnahmen fallen nicht darunter. Paragraph 64 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) regelt zudem, für welche Aufwendungen Sie bestimmte Nachweise erbringen und dem Finanzamt vorlegen müssen, um Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen angeben zu können.
Kurkosten
Liegt eine ärztliche Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vor, können Ausgaben für eine Kur, die nicht übernommen und erstattet wurden, als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden. Darunter fallen…
- Fahrtkosten zur An- und Abreise der Kur
- Kurmittelkosten
- Unterbringungskosten
- Arztkosten
- 80 Prozent der Verpflegungsmehraufwendungen
Pflegekosten
Im Falle einer Pflegebedürftigkeit übernimmt die Pflegeversicherung einen Teil der Ausgaben – oft müssen darüberhinaus aber selbst weitere Kosten übernommen werden. Solche Pflegekosten können als außergewöhnliche Belastungen für die Steuer relevant sein. Dazu zählen beispielsweise…
- Kosten für einen ambulanten Pflegedienst
- Kosten für die stationäre Unterbringung in einem Pflegeheim
Um solche Pflegekosten als außergewöhnliche Belastungen anbringen zu können, muss müssen Sie die Pflegebedürftigkeit nachweisen. Dafür benötigen Sie eine Bescheinigung der Pflegekasse. Ebenso kann man die Pflegebedürftigkeit über die gesundheitlichen Merkmale „blind“ oder „hilflos“ mit den entsprechenden Merkzeichen „B“und „H“ im Schwerbehindertenausweis nachweisen.
Pflegepauschbetrag
Steuerliche Entlastungen sind zudem für pflegende Angehörige möglich. Wer also beispielsweise seine Eltern oder einen Nachbarn pflegt, kann die damit verbundenen Kosten ebenfalls als außergewöhnliche Belastungen in der Steuererklärung angeben. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten:
- Die tatsächlichen Kosten inklusive der Belege ansetzen.
- Den Pflegepauschbetrag in Höhe von 924 Euro ansetzen.
Um den Pflegepauschbetrag als außergewöhnliche Belastung nutzen zu können, müssen jedoch einige Voraussetzungen erfüllt sein. So muss es sich um die Pflege eines Angehörigen oder einer Ihnen nahe stehenden Person handeln. Die zu pflegende Person muss hilflos oder blind – mit entsprechendem Merkzeichen im Ausweis – oder den Pflegerad 4 oder 5 haben. Zudem muss die Pflege zuhause bei der pflegebedürftigen Person erfolgen und Sie dürfen dafür kein Gehalt oder sonstige Vergütung erhalten.
Bestattungskosten
Eine Beerdigung kann teuer sein, weshalb Sie die Bestattungskosten möglicherweise als außergewöhnliche Belastungen von der Steuer absetzen können. Sind Sie für die Beerdigung eines Angehörigen aufgekommen, können die damit verbundene Ausgaben, die den Wert des Nachlasses übersteigen, als außergewöhnliche Belastung geltend machen. Auch eine mögliche Sterbegeldversicherung muss zunächst von den Kosten abgezogen werden. Zu den außergewöhnlichen Belastungen für Bestattungskosten zählen beispielsweise…
- Grabstätte
- Todesanzeige
- Kränze und Blumen
- Ausgaben für Möbel und Hausrat
- Reparatur- und Entsorgungskosten
- Darlehenszinsen für katastrophenbedingte Darlehen (zum Beispiel Beseitigung von Flutschäden)
- Behindertengrad 20: 384 Euro
- Behindertengrad 30: 620 Euro
- Behindertengrad 40: 860 Euro
- Behindertengrad 50: 1.140 Euro
- Behindertengrad 60: 1.440 Euro
- Behindertengrad 70: 1.780 Euro
- Behindertengrad 80: 2.120 Euro
- Behindertengrad 90: 2.460 Euro
- Behindertengrad 100: 2.840 Euro
- Ledige ohne Kinder
Hier betragen die zumutbaren Belastungen fünf Prozent des Einkommens bei einem Jahreseinkommen von bis zu 15.340 Euro, sechs Prozent bei einem Jahreseinkommen von bis zu 51.130 Euro und darüber sieben Prozent. - Verheiratete ohne Kinder
Die zumutbaren Belastungen betragen vier Prozent des Einkommens bei einem Jahreseinkommen von bis zu 15.340 Euro, fünf Prozent bei einem Jahreseinkommen von bis zu 51.130 Euro und darüber sechs Prozent. - Steuerzahler mit einem oder zwei Kindern
Hier betragen die zumutbaren Belastungen zwei Prozent des Einkommens bei einem Jahreseinkommen von bis zu 15.340 Euro, drei Prozent bei einem Jahreseinkommen von bis zu 51.130 Euro und darüber vier Prozent. - Steuerzahler mit mehr als zwei Kindern
Die zumutbaren Belastungen betragen dann ein Prozent des Einkommens bei einem Jahreseinkommen von bis zu 51.130 Euro und darüber zwei Prozent. - Altersvorsorge: Tipps und Möglichkeiten für die letzten Berufsjahre
- Altersarmut: Definition, Statistik, Ursachen, Lösungen
- Hinzuverdienst Rente: Das dürfen Sie dazuverdienen
- Frührente: Voraussetzungen, Beantragung, Tipps
- Haushaltsbuch führen: So behalten Sie Ihre Ausgaben im Blick
Diese stehen in direktem Zusammenhang zur Bestattung. Andere Ausgaben, wie beispielsweise Bewirtung der Trauergäste, können Sie nicht geltend machen.
Naturkatastrophen
Selbst Naturkatastrophen wie die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal zählen zu den außergewöhnlichen Belastungen. Sie führen dazu, dass manche Menschen von heute auf morgen alles verlieren. Aber auch das können Sie steuerlich geltend machen. Jedoch nur, wenn Sie es von der Versicherung nicht bereits ersetzt bekommen haben. Dazu zählen:
Außergewöhnliche Belastungen: Pauschale bei Behinderung
Weiterhin können Steuerzahler mit einer Behinderung außergewöhnliche Belastungen geltend machen. Wie beim oben genannten Pflegepauschbetrag haben Sie die Wahl: Sie können die tatsächlichen Kosten mit Belegen einzeln nachweisen oder Sie können den Behindertenpauschbetrag ansetzen.
Wollen Sie den Pauschbetrag nutzen, können Sie aber keine Pflegekosten als außergewöhnliche Belastung in der Steuererklärung geltend machen. Diese sind mit dem Behindertenpauschbetrag abgegolten. Die Höhe des Behindertenpauschbetrags richtet sich nach dem festgestellten Grad der Behinderung:
Außergewöhnliche Belastungen: Rentner nicht automatisch bevorzugt
All dies sind Kosten, die im Alter auf viele Menschen zukommen. Daher sind Rentner, die ihre Rente zum Teil versteuern müssen, oft Profiteure der Möglichkeit, außergewöhnliche Belastungen von der Steuer absetzen zu können.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass Rentner automatisch und unmittelbar durch den Renteneintritt steuerlich besser gestellt sind. Das Recht auf Außergewöhnliche Belastungen in der Steuer gilt für jeden Steuerpflichtigen im gleichen Maße.
Grenze der außergewöhnlichen Belastungen
Außergewöhnliche Belastungen lassen sich nicht in unbegrenzt von der Steuer absetzen. Es gibt eine Grenze dessen, was als zumutbar erachtet wird. Diese Zumutbarkeit ist bei jedem unterschiedlich: Besserverdienern mutet man mehr an Kosten für außergewöhnliche Belastungen zu, als Personen mit geringem Einkommen. Daher gibt es den steuerlichen Begriff „zumutbare Belastung“.
Doch was ist eine zumutbare Belastung? Für eine möglichst gerechte Beurteilung zieht man den Gesamtbetrag der Einkünfte eines jeweiligen Steuerzahlers heran. Zumutbare Belastung ist der Teil der Kosten, von dem der Gesetzgeber annimmt, dass Sie selbst dafür aufkommen können. Erst wenn die Kosten diese Grenze des zumutbaren Betrags übersteigen, können Sie den übrig gebliebenen Betrag als außergewöhnliche Belastungen geltend machen. Ansonsten bleibt Ihre Steuerlast unberührt.
Zumutbare Belastung richtet sich nach Kindern, Familienstand, Einkommen
Wie hoch jedoch die zumutbare Belastung ist, wird individuell ermittelt. Entscheidende Faktoren sind das Einkommen, der Familienstand und die Anzahl der Kinder. Zur Berechnung des zumutbaren Betrags nutzt man eine feste Tabelle:
Zumutbare Belastung: Beispielrechnung
Die Ermittlung findet schrittweise über die verschiedenen Stufen statt. Anhand eines kurzen Beispiels erklären wir, wie sich der zumutbare Betrag und damit die Höhe der absetzbaren außergewöhnlichen Belastungen errechnet:
Das Ehepaar Mustermann hat zwei Kinder und verdient zusammen im Jahr 55.000 Euro. Aus der Tabelle ergibt sich daraus zunächst: Bis zu einem Einkommen von 15.340 Euro werden bei zwei Kindern 2 Prozent als zumutbarer Betrag gesehen. Das macht 306,80 Euro.
Für Einkommen bis 51.130 Euro werden 3 Prozent berechnet. Da 15.340 Euro des Einkommens aber bereits berücksichtigt wurden, müssen diese zunächst abgezogen werden. 51.130 Euro minus 15.340 Euro bleiben 35.790 Euro. 3 Prozent von diesem Betrag ergibt 1.073,70 Euro.
Zuletzt müssen für Einkommen oberhalb von 51.130 Euro 4 Prozent angerechnet werden. Von den 55.000 Euro Gesamteinkommen müssen auch hier die bereits berücksichtigten 51.130 Euro abgezogen werden, übrig bleiben 3.870 Euro. 4 Prozent davon sind 154,80 Euro.
Der zumutbare Betrag der Eheleute Mustermann beträgt somit insgesamt 1.535,30 Euro – die Summe der drei oben ermittelten Beträge. Alle Kosten für außergewöhnliche Belastungen, die über diesem zumutbaren Betrag liegen, können in der Steuererklärung absetzen. Folgende Grafik illustriert das Rechenbeispiel:
Tipp: Belastungsgrenze erreichen + Eigenanteil überspringen
Der Trick bei den außergewöhnlichen Belastungen ist, die Belastungsgrenze zu erreichen. Nur dann können Sie steuerlich profitieren. Wer zwar viele Aufwendungen hat, aber damit kurz vor der Belastungsgrenze liegt, muss alles selbst tragen. Den Eigenanteil können Sie dann einsparen, wenn Sie Ihre Ausgaben in einem Jahr bündeln. Dazu müssen Sie planbare Aufwendungen im selben Jahr anhäufen.
Wann lohnen sich außergewöhnliche Belastungen: Rechner
Ob es sich lohnt, außergewöhnliche Belastungen in Ihrer Steuererklärung anzugeben, können Sie anhand der obigen Tabelle beziehungsweise des Beispiels selbst berechnen. Außerdem stellt die Stiftung Warentest einen Rechner zur Verfügung, den Sie HIER nutzen können.
Außergewöhnliche Belastungen: Wo eintragen?
Ist klar, dass bei Ihnen sicher außergewöhnliche Belastungen anfallen, dann stellt sich nur noch die Frage, wo Sie diese in Ihrer Steuererklärung eintragen können. Dies ist vergleichsweise einfach, denn das dafür vorgesehene Feld befindet sich direkt im Hauptformular, dem sogenannten Mantelbogen.
In den Zeilen 61 bis 70 werden die außergewöhnlichen Belastungen einzeln abgefragt. Von Ausgaben für die Pflege beziehungsweise durch Behinderung über den Pflege-Pauschbetrag und die Krankheits- und Kurkosten bis zu den haushaltsnahen Dienstleistungen.
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