Auswandern: Woanders neu beginnen
Vom Auswandern träumen viele. Realisieren tun es nur wenige. Zu groß oft die Furcht, Gewohntes, Familie und Freunde hinter sich zu lassen. Andere denken sich: Endlich raus! Woanders ein neues Leben beginnen, den alten Ballast hinter sich lassen, eine neue Freiheit erleben. Und beide haben irgendwie recht, Bedenkenträger ebenso wie hoffnungsvolle Optimisten. Denn ganz so unbedarft sollte man sich in das Abenteuer Auswandern nicht stürzen. Wer sich allerdings nur von Zweifeln lenken lässt und nicht die nötige Portion Mut aufbringt, bei dem wird’s mit dem Auswandern vermutlich nichts. Wir zeigen Ihnen, wofür es sich auszuwandern lohnt und worauf Sie achten sollten…

➠ Inhalt: Das erwartet Sie
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Was bedeutet auswandern?
In einer globalisierten Welt gibt es viele Formen der Auswanderung. Vor einigen Generationen, als es es noch keine Autos gab und Reisen bestenfalls für reiche Bürger ein Luxusgut war, bedeutete Auswandern in den meisten Fällen etwas Endgültiges.
Oft waren es äußere Anlässe wie Unterdrückung, Hungersnöte oder mangelnde Glaubensfreiheit, die viele Deutsche im 17., 18. und 19. Jahrhundert – oft auf den amerikanischen Kontinent – auswandern ließen. Solche Reisen waren oft langwierig und beschwerlich, es musste viel Geld dafür angespart werden. Beides entscheidende Gründe dafür, dass die Zahl der Rückkehrer gering war.
Die Situation heutzutage ist anders. Es ist keine Seltenheit, dass Menschen für internationale Konzerne arbeiten und für einige Jahre ins Ausland geschickt werden. In diesem Fall ist weniger von Auswanderern, sondern vielmehr von Expats die Rede. Eine Auswanderung ist eine Option, aber nicht Hauptziel des Auslandsaufenthalts.
Andere wollen ihre Brücken hinter sich abbrechen, sind mit hiesigen Zuständen unzufrieden, haben keine Familie mehr oder wollen sich vielleicht beweisen, dass sie es woanders ebenfalls „schaffen können“. Sie suchen dauerhaft woanders eine neue Heimat.
Maßgeblich für die Unterscheidung ist die Motivation und das langfristig damit verbundene Ziel. Deshalb würde man bei einem Sabbatical beispielsweise nicht von Auswandern reden.
Die Belohnung: Auswandern als Rentner
Nach langen Jahren der harten Arbeit endlich die Früchte ernten: Für viele Rentner ist Auswandern ein Traum. Sei es, dass sie im Arbeitsleben keine Zeit dafür gefunden haben oder das Geld fehlte, sei es, dass sie im Laufe vieler Urlaube sich eine zweite Heimat erschlossen haben.
Die Rente sollte der Lebensabschnitt sein, in dem sich die Träume realisieren lassen. Hier muss genau hingeschaut werden. Auch wenn Menschen heutzutage eine viel höhere Lebenserwartung haben und bis ins hohe Alter fit sein können: Ein Rentner muss im stärkeren Maße perspektivisch denken als beispielsweise ein Expat.
Die Wahrscheinlichkeit, bestimmte Erkrankungen zu bekommen, wächst mit dem 60. Lebensjahr. Eine zentrale Rolle beim Auswandern spielt also die gesundheitliche Versorgung im jeweiligen neuen Heimatland. Damit einher geht eine der wichtigsten Voraussetzungen fürs Auswandern, nämlich die sprachliche Verständigung.
Alltagsvokabeln zu beherrschen, beim örtlichen Supermarkt einkaufen zu können oder Smalltalk mit dem Nachbarn halten zu können ist etwas anderes, als einem Arzt in einer Fremdsprache Beschwerden schildern zu müssen. Entscheidend für die Wahl des geeigneten Landes ist außerdem die gesundheitliche Versorgung beziehungsweise Ihre Krankenversicherung.
Deutschland verfügt über ein gut ausgebautes System der Sozial- und Krankenversicherung. Je nachdem wohin Sie auswandern wollen, werden Sie sich mit deutlich geringeren Standards anfreunden müssen. Zudem sollten Sie eine internationale Krankenversicherung abschließen, um nicht im Ernstfall auf sämtlichen Kosten sitzenzubleiben.
Allgemein gilt im EU-Ausland, dass sie als Rentner weiterhin krankenversichert sind. Sollten Sie allerdings eine neue Beschäftigung aufnehmen, müssen Sie eine neue Krankenversicherung abschließen. Mehr dazu erfahren Sie hier.
Das Ziel: Wohin auswandern (mit wenig Geld)?
Die wohl wichtigste Frage: wohin auswandern? Wer bereits viele Länder bereist hat, kann sich womöglich mehrere Länder als neue Heimat vorstellen.
Innerhalb Europas – vor allem in der Europäischen Union (EU) und Staaten wie Schweden und der Schweiz, die ein Abkommen getroffen haben – brauchen Sie kein Visum. Wenn Sie in ein anderes Land auswandern wollen, ist es bereits schwieriger.
Die Bestimmungen sind von Land zu Land unterschiedlich, das Magazin GEO nennt allein für Australien 150 (!) verschiedene Visa-Arten. Unter sprachlichen Gesichtspunkten ist auswandern nach Österreich oder in die Schweiz noch am unproblematischsten.
Die meistgesprochene Fremdsprache in Deutschland ist Englisch. So verwundert es nicht, dass neben Australien die USA und Kanada seit jeher beliebte Ziele für Auswanderer sind. Allerdings kommt die letztjährige Expat Insider Studie, bei der 20.000 Auswanderer zu ihrer Meinung befragt wurden, zu ganz anderen und durchaus überraschenden Ergebnissen.
Beliebte Ländern unter Auswanderern waren demnach:
- Taiwan
- Vietnam
- Portugal
- Mexiko
- Spanien
- Singapur
- Bahrain
- Ecuador
- Malaysia
- Tschechien
Was auffällig ist: Alle Länder – mit Ausnahme von Spanien vielleicht – zeichnen sich durch vergleichsweise geringe Lebenshaltungskosten aus. Wenn Sie sich also fragen: Wohin auswandern mit wenig Geld? Dann haben Sie in diesem Ranking die Antwort.
Natürlich spielt Geld eine wichtige Rolle. Ein weiterer wichtiger Aspekt war für die Befragten der Wohlfühlfaktor. Wärmeres Klima, freundliche Mitmenschen, leichte Eingewöhnung – alles sogenannte Pull-Faktoren, die ein anderes Land attraktiv machen können.
Allerdings sollten Sie bei Ihren Überlegungen praktische Aspekte nicht vergessen. Die heutige Mobilität ermöglicht zwar viel, aber Hexenwerk kann sie auch nicht vollbringen. Wer nach Übersee auswandert, braucht für einen Rückflug deutlich länger als beispielsweise von Spanien nach Deutschland. Soll heißen: Innerhalb Europas können Sie vielleicht noch ein Bein in Deutschland haben.
Außerhalb sind regelmäßige Flüge nicht nur finanziell, sondern auch körperlich eine Belastung. Mit Jetlags werden Sie rechnen müssen, und die lassen sich mit zunehmenden Alter schwerer verarbeiten als noch in jungen Jahren.
Tipps: So können Sie auswandern
Gegenüber den Auswanderern vergangener Jahrhunderte haben Ausreisewillige heutzutage einen entscheidenen Vorteil: Sie verfügen über einen ganz anderen Zugang zu Wissen und Informationen. Nicht nur, dass ein ganz anderer Alphabetisierungsgrad in der Bevölkerung existiert als früher.
Das Internet versorgt jeden, der auswandern möchte, mit nützlichen Informationen. Wo vorher Insiderwissen und Mut zur Lücke gefragt war, kann jetzt vergleichsweise mühelos recherchiert werden. Und genau das sollten Sie tun:
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Planen Sie Ihre Auswanderung
Oft existiert bereits ein Vorwissen über das Land der Wahl. Auswandern ist aber etwas anderes als Urlaub. Wer im Urlaub immer schön in seinem Touristen-Ghetto geblieben ist, wurde vermutlich nie mit ausländischen Behörden konfrontiert. Auszuwandern heißt, eben auch die Bürokratie des jeweiligen Landes in Anspruch zu nehmen, und sei es nur, weil Sie Ihren Wohnsitz anmelden müssen.
Land und Leute sollten Sie kennenlernen wollen, wenn sich langfristig aufhalten. Die Sprache zu beherrschen, ist nicht nur ein Gebot der Höflichkeit, sondern eine Notwendigkeit – sei es bei Behördengängen, im (Arbeits-)Alltag oder um sich in die Gesellschaft zu integrieren. Machen Sie sich unbedingt damit vertraut, was Ihr Zielland an Vorgaben für Einwanderer hat.
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Klären Sie Ihre Finanzen
Holen Sie Informationen über das andere Land ein – wie funktioniert es? Stichwort: Soziales Netz. Wer zahlt was, woher beziehen Sie Ihre Einkünfte? Einen großen Unterschied macht auch das Zielland. Wer innerhalb der Europäischen Union auswandern will, darf sich im Rahmen der Freizügigkeit ohne Aufenthaltserlaubnis in einem EU-Land niederlassen und braucht auch keine Arbeitserlaubnis.
Sie müssen lediglich sich innerhalb von drei Monaten bei einer zuständigen Behörde melden. Ihre Ansprüche auf Rente, die Sie in Deutschland erarbeitet haben, gelten im EU-Ausland. Anders sieht es aus, wenn Sie sich außerhalb der EU niederlassen wollen. Dann kann es sein, dass Sie genügend Liquidität nachweisen müssen, um nicht dem Staat auf der Tasche zu liegen.
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Nutzen Sie Beratungsangebote
Das Internet bietet viele Informationen, aber oft auch völlig ungefiltert. Manchmal muss es ein persönliches Gespräch sein. Das Gute ist: In Deutschland ist nicht nur ans Auswandern gedacht worden (es gibt diverse Beratungsstellen), sondern im Sinne der Sicherheit auch an die Rückkehr – niemand wird im Stich gelassen. Eine gute Anlaufstellen ist das Auswärtige Amt beziehungsweise das Bundesverwaltungsamt, das extra eine Bundesstelle für Auswanderer und Auslandstätige eingerichtet hat.
Hier erhalten Sie bereits viele wichtige Informationen zu den Ländern. Zudem haben bereits zehn der 16 Bundesländer eigene Beratungsstellen und teilweise länderspezifischem Schwerpunkt eingerichtet.
Aus psychologischer Sicht: Gründe auszuwandern
Bevor Sie auswandern, sollten Sie kritisch Ihre Motivation hinterfragen. Es geht nicht darum, die Lust an einer neuen Heimat zu verderben. Aber wer sich allzu blauäugig in ein Abenteuer stürzt, wird ein böses Erwachen haben. Seit Jahren gibt es zahlreiche Sendungen zum Auswandern im Fernsehen. Nicht selten wundert sich der Zuschauer über die Naivität mancher Auswanderer.
In keinem Land der Erde wird es sonderlich geschätzt, wenn jemand die Landessprache nicht beherrscht und mit den Gepflogenheiten nicht vertraut ist. Ein Land vom Urlaub oder aus Romanerzählungen zu kennen ist nicht dasselbe wie seinen Alltag dort zu gestalten.
Es ist ähnlich wie beim Bewerben: In der Migrationsforschung wird von Push- und Pull-Faktoren gesprochen. Erstere sind solche, die Menschen wie vor einigen Jahrhunderten dazu bewegten, ein Land zu verlassen. Druck infolge von Kriegen und Hunger besteht in diesem Kulturkreis nicht mehr. Aber es kann natürlich sein, dass es eine Weg-von-Motivation bei Ihnen gibt.
Genau dieser Ansatz ist aber riskant. Sie sollten also nicht schauen, was Sie hier alles nervt und ärgert, sondern mehr, womit das anvisierte Ziel locken kann. Was ist dort reizvoll? Wer diese Frage für sich nicht beantworten kann, läuft Gefahr, mit falschen Vorstellungen und Erwartungen auszuwandern und enttäuscht zu werden. Stichwort: The grass is always greener on the other side, das Gras auf der anderen Seite (des Zauns) ist immer etwas grüner. Oder: Die Kirschen in Nachbars Garten schmecken immer ein bisschen süßer.
Wer das für sich geklärt, sich gut informiert hat und willens ist, seinen Beitrag zur Gesellschaft im Heimatland beizutragen, der hat gute Karten, woanders glücklich zu werden.