Was ist destruktive Kritik?
Keine Frage: Kritik ist selten angenehm – selbst wenn sie einfühlend formuliert wird. Wird sie ausgesprochen, müssen wir einsehen, dass wir Erwartungen nicht erfüllt haben. Das fällt nicht immer leicht.
Dabei gehört das Feedback zum Leben. Nur durch Kritik – sei sie positiv oder negativ – entwickeln wir uns weiter. Selbst im Volksmund heißt es: „Aus Fehlern kann man lernen.“ Dieser wahre Spruch wird zu oft vergessen. Doch wer ihn beherzigt, hat die Chance, durch Kritik persönlich zu wachsen.
Unterschied zwischen konstruktiver und destruktiver Kritik
Der große Unterschied zwischen konstruktiver und destruktiver Kritik liegt in der Absicht des Kritikers. Was will er mit seiner Kritik erreichen?
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Konstruktive Kritik
Ziel des Kritikers ist es, den Kritisierten weiter zu bringen. Er zeigt den Fehler auf, damit der andere sich in Zukunft anders verhalten kann. Er ist seinem Gegenüber wohl gesonnen und möchte, dass er wächst. Deshalb bringt er seine Kritik mit Respekt sachlich vor und zeigt Alternativen auf. Er möchte gute Vorschläge zur Verbesserung machen.
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Destruktive Kritik
Der Kritiker lässt hier „Dampf“ ab. Er will den Kritisierten runtermachen. An dem Wohl seines Gegenübers ist er wenig interessiert. Aus diesem Grund bringt er seine Kritik nicht sachlich vor. Stattdessen attackiert und schadet er, so dass der Kritisierte emotional verletzt wird.
Die Folgen einer destruktiven Kritik sind schnell zu erkennen:
- Die zwischenmenschlichen Beziehung ist zerbrochen und das Vertrauen weg.
- Der Kritisierte ist emotional tief getroffen und verletzt.
- Oft plagen den Kritisierten danach Selbstzweifel. Er glaubt weniger an seine eigenen Fähigkeiten.
- Die individuelle Lernkurve des Kritisierten flacht ab.
Merkmale destruktiver Kritik: So erkennen Sie das falsche Feedback
Verletzende Worte, die auf einen niederprasseln, verunsichern. Der Kritisierte traut seiner eigenen Wahrnehmung nicht mehr und hinterfragt sich selbst: „Hat mein Gegenüber recht? Habe ich mich so falsch verhalten?“ Innerlich aufgewühlt, kann er das Gesagte nur noch schlecht beurteilen. Er braucht einen objektiven Maßstab, der ihm hilft, die harten Worte zu bewerten.
Die folgenden Merkmale destruktiver Kritik zeigen Ihnen, wann Sie das Feedback nur mit Vorsicht an sich heranlassen sollten:
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Die Worte greifen persönlich an.
Eine destruktive Kritik wendet sich direkt an die Person. Hier wird nicht die Verhaltensweise kritisiert; nein, hier wird die Person kritisiert. Sie wird schlecht gemacht. Ziel ist es nicht eine Verhaltensweise zu verändern, sondern einen Menschen nieder zu machen.
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Die Worte sind verletzend.
Der Kritiker nutzt Worte, die beleidigen. Alles Gesagte würdigt den anderen herab. Oft ist die Wortwahl „unter der Gürtellinie“.
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Die Worte sind aus der Luft gegriffen.
Der Kritiker kann seine Kritik nicht belegen. Er verallgemeinert und pauschalisiert seine Aussagen, so dass viele Punkte unbegründet sind. Sein Gegenüber treffen die Vorwürfe meist überraschend.
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Die Worte werden mit Falsch-Aussagen unterstrichen
Der Kritiker trägt sein Empfinden nicht als Ich-Botschaft vor. Statt zu sagen „Auf mich wirkt es so …“, führt er eine anonyme Menge an: „Alle denken so…“. Dadurch wirkt die Aussage übertrieben und ist falsch.
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Die Worte sollen vernichten.
Die konstruktive Kritik will aufbauen. Die destruktive Kritik hingegen lässt den Vorfall als einen mega Gau erscheinen. Eine riesengroße Katastrophe, die nicht wieder gut zu machen ist.
Beispiele destruktiver Kritik:
Sieben Sätze, die in keinem Feedback vorkommen sollten
Vielleicht wurden Ihnen schon einmal vorgeworfen, Ihre Kritik wäre zu hart, wenig einfühlsam und einfach übertrieben. Dann überprüfen Sie doch einmal Ihre Wortwahl. Die folgenden Sätze dürfen in keiner konstruktiven Kritik vorkommen:
- „Du bist einfach unfähig!“
Kein Mensch ist unfähig. Jeder kann etwas gut. - „Bist du verrückt geworden?“
Dieser Ausspruch lässt den anderen Geisteskrank aussehen und wirkt demütigend. - „Immer…“
Das Wort „immer“ hat in einer Kritik nichts zu suchen. Belegen Sie Ihren Kritikpunkt mit einem bestimmten Vorfall. - „Das ist ja wieder typisch für dich.“
Typisch impliziert einen immer wiederkehrenden Vorfall und pauschalisiert. - „Hab`ich dir nicht schon tausendmal gesagt.“
Sie sagen Ihren Kritikpunkt vermutlich zum wiederholten Mal. Tausendmal ist eine maßlose Übertreibung. - „Du bist an allem Schuld.“
„Alles“ ist eine Übertreibung. Meistens gehören mehrere zu den Verursachern. - „Halt den Mund – und höre mir zu.“
Mit dieser Aufforderung stellen Sie sich auf eine höhere Ebene. Erwachsene sagen zu Kindern: „Halt den Mund.“, damit Sie sich Gehör verschaffen und den Widerspruch unterbinden.
Mit destruktiver Kritik umgehen: So gehen sie gestärkt raus
Schon Kindern wird geraten sich eine „Elefantenhaut“ zu zulegen. Die harten Worte sollen einfach abprallen, denn der unfaire Ton sagt viel mehr über den Sender als über den Empfänger aus. Letztendlich enttarnt er nur sich selbst. Was ist damit gemeint?
Nehmen Sie destruktive Kritik erst einmal nicht an. Sie haben die Nachricht gehört, sind geschockt und möchten sich direkt wehren. Alles, was Sie jetzt brauchen, ist einen ruhigen, klaren Kopf. Atmen Sie erst einmal tief durch, bevor Sie reagieren. Das ist nicht leicht, kann aber trainiert werden. Der Umgang mit verletzenden Worten beginnt im Kopf und nicht im Bauch.
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Nehmen Sie die Kritik nicht persönlich.
Das Wichtigste als Erstes. Dieser Angriff soll Sie verletzen und niedermachen. Aber kein Mensch hat das Recht, so mit Ihnen zu reden. Ein freundlicher und fairer Umgang ist das „A und O“ in zwischenmenschlichen Beziehungen. Wer sich derartig im Ton vergreift, zeigt, dass er selbst noch viel zu lernen hat. Lassen Sie sich davon nicht runterziehen.
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Ignorieren Sie die Kritik.
Das fällt nicht leicht, vor allem, wenn Sie gerade schockiert und (kurzfristig) aus der Bahn geworfen wurden. Lassen Sie die Worte an sich abprallen. Verlassen Sie die Situation und fokussieren Sie neu auf Menschen, die es gut mit Ihnen meinen. Füllen Sie Ihren Kopf mit positiven Gedanken und verschwenden Sie keine weitere Zeit mit solch bösartigen Personen.
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Gehen Sie nicht in den Angriffmodus.
Der erste Impuls nach einer solchen Attacke ist Zurückzuschlagen. Das ist ein natürlicher Abwehrmechanismus, hilft in dieser Situation jedoch nicht weiter, weil die Beleidigungen nur hin- und herfliegen werden. Suchen Sie die Ruhe in sich selbst und reagieren Sie souverän. Wenn Sie schlagfertig sind, können Sie mit Humor antworten. Einfach ist diese Reaktion nicht, weil Ihr Gegenüber sich erneut herausgefordert fühlen könnte. Auf der sicheren Seite sind Sie mit Ignoranz. Verlassen Sie das Schlachtfeld schweigend – dann verhallen die herablassenden Statements.
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Hinterfragen Sie den Kritiker.
Wahrscheinlich lebt die destruktive Kritik von Übertreibungen. Bleiben Sie ganz ruhig und hinterfragen Sie sachlich die falschen Behauptungen: „Womit begründest du dein Statement?“. Wenn die Kritikpunkte übertrieben sind, dann sind sie haltlos und Ihr Kritiker kommt in Erklärungsnot.
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Verzichten Sie auf Verteidigung
Das Ziel einer destruktiven Kritik ist – wie bereits – gesagt, nicht die Verbesserung einer Situation. Er will Sie angreifen. Wenn Sie sich verteidigen oder rechtfertigen, geben Sie ihm im schlimmsten Fall nur noch mehr Gründe, Sie zu attackieren. Außerdem macht es wenig Sinn, dagegen zu argumentieren. Ihr Kritiker ist nicht in der Verfassung sich ihre Argumente anzuhören. Sie vergeuden nur Energie und erreichen nichts.
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Bedanken Sie sich bei Ihrem Kritiker.
Das ist ein Akt, um Zeit zu gewinnen. Bedanken Sie sich nur dafür, dass er Ihnen seine Meinung mitgeteilt hat und teilen sie mit, dass Sie darüber nachdenken werden. Dann verlassen Sie die Situation. Sie gewinnen auf diese Weise Zeit und können ganz in Ruhe nachdenken.
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Suchen Sie nach der Motivation des Kritikers.
Gehen Sie auf die Metaebene und fragen Sie sich, welches Ziel der Kritiker verfolgt. Hat er einen persönlichen Vorteil? Vielleicht will er nur Ärger loswerden oder sich machtvoll fühlen. Wenn Sie dies für sich erkennen, verliert der Angriff seine Wirkung und sie können sich innerlich davon distanzieren.
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Bedauern Sie Ihren Kritiker
Wenn Sie feststellen, dass er Sie nur abwertet, um sich besser zu fühlen, haben Sie einen guten Grund sich besser zu fühlen. Ein armer Mensch ist der, der andere niedermachen muss, um sich selber bedeutend zu fühlen.
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Reflektieren Sie über den Vorfall
Der Ton war verletzend und das ist nicht richtig. Eine Selbstreflexion scheint gerade unpassend. Machen Sie sich dennoch bewusst: Es gab für diese Explosion einen Auslöser. Denken Sie kritisch über das Geschehene nach und untersuchen Sie auf der Sachebene, ob nicht doch ein Funken Wahrheit in dem Gesagten steckt, den Sie verändern können. Alle anderen gemeinen, persönlichen Worte ignorieren Sie am besten und lassen sich nicht weiter davon beeinflussen.
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