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Empty Nest Syndrom: Symptome
Wenn das letzte Kind das Haus verlässt, fühlt sich das Haus für Mutter und Vater von einem auf den anderen Tag sehr leer an. Das „Empty Nest Syndrom“ (Deutsch: „Leere Nest Syndrom“) beschreibt, was Eltern empfinden, wenn die eigenen Kinder ausziehen.
Dies kann ein sehr ambivalentes Gefühl sein: Das eigene Kind wird flügge und verlässt das Haus. Eigentlich das, worauf sich die Eltern gefreut haben. Sie hofften, endlich mehr Zeit für sich und keine Verantwortlichkeiten gegenüber ihrem Kind zu haben.
Doch dann geht tatsächlich das letzte (beziehungsweise einzige) Kind und die Eltern können den Weggang nur schwer verkraften. Oft kommt das Problem unerwartet. Statt Freude über die Freiheit fühlen sie überraschend – Trauer.
Wer unter dem Empty Nest Syndrom leidet, entdeckt bei sich folgende Symptome:
- Traurigkeit,
- Einsamkeit,
- ein Gefühl des Verlassenseins,
- Schmerz,
- Angstzustände,
- Schlafstörungen
- und im schlimmsten Fall eine Depression
Tipps: Was tun beim Empty Nest Syndrom?
Das Abschiednehmen ist für die Eltern zwiespältig: Auf der einen Seite freuen Sie sich natürlich, dass Ihr Kind mutig den Schritt in die Selbständigkeit wagt, auf der anderen Seite fühlen Sie sich traurig, weil ein Lebensabschnitt endet und Sie Ihre Kind nicht ständig um sich haben.
Wie begegnet man dieser neuen Situation am besten?
Zunächst einmal sein Sie geduldig mit sich selbst. Sie müssen nicht von einem Tag auf den Tag mit der neuen Situation zurecht kommen. Aber Sie sollten sich ihr gedanklich stellen. Die folgenden Ratschläge können Ihnen in dieser schwierigen Situation weiter helfen:
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Lassen Sie Ihre Gefühle raus!
Vielleicht haben Sie den Eindruck, Sie müssten sich nun beherrschen und dürften Ihre Trauer nicht zeigen. Doch Sie müssen Ihre Tränen nicht zurückhalten. Es ist in Ordnung für einen Augenblick darüber zu weinen.
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Lenken Sie sich ab!
Verkriechen Sie sich nicht in ein Zimmer und verharren Sie nicht in Ihrer Trauer, sondern machen Sie etwas – vielleicht sogar etwas Neues. Verreisen Sie, erproben Sie sich in einem neuen Hobby, treiben Sie Sport und erleben Sie die Welt – ohne Verantwortlichkeit.
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Reaktivieren Sie alte Freundschaften!
Eventuell waren Sie viele Jahre lang sehr um Ihr Kind bemüht und haben selbst oft zurückgesteckt, Ihre eigenen Bedürfnissen hinten angestellt und soziale Kontakte schleifen lassen. Dann können Sie nun Ihre neue freie Zeit für Ihre Freunde nutzen und mit Ihnen etwas unternehmen.
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Gestalten Sie das freie Zimmer!
Natürlich kann Ihr Kind Sie besuchen und bei Bedarf auch übernachten, aber Sie müssen das leere Zimmer deshalb nicht verstauben lassen. Gestalten Sie den Raum nach Ihren Bedürfnissen. Machen Sie daraus ein Atelier, einen Fitnessraum, ein Arbeitszimmer. Ein Platz zum Schlafen auf Matratze oder Couch wird sich in Ihrem Heim für Ihr Kind immer finden.
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Reden Sie mit Ihrem Partner!
Vermutlich empfinden nicht nur Sie eine gewisse Leere, nach dem Ihr Kind das Haus verlassen hat. Das gemeinsame Leben mit Ihrem Partner verändert sich. Überlegen Sie zusammen, wie Sie Ihr Leben nun neu gestalten möchten und welchen Interessen Sie gemeinsam nachgehen wollen.
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Suchen Sie neu den Kontakt zu Ihrem Kind!
In der neuen Distanz zwischen Ihrem Kind und Ihnen liegt eine neue Chance. Drängen Sie sich nicht auf und versuchen Sie nicht es zu belehren, sondern erkennen Sie an, dass es erwachsen geworden ist und sehen Sie ihn ihm ein gleichberechtigtes Gegenüber. In Ihrem neuen Verhältnis könnte eine andersartige Beziehungstiefe entstehen.
Gründe für das Empty Nest Syndrom
Haben Sie bei sich Symptome des Empty-Nest-Syndroms entdeckt? Mehrere Faktoren können diesen Gemütszustand bei Ihnen verursachen:
Lebensabschnitt endet – und damit die Erkenntnis, dass das eigene Leben endlich ist.
All die Jahre waren Sie als Eltern mit Ihrer Familie beschäftigt. Zuerst freuten Sie sich über Ihre Neugeborenes. Ein Wunsch ging in Erfüllung. Mit viel Kraft haben Sie Ihr Kind groß gezogen. Sie gingen durch Höhen und Tiefen, freuten sich über seine Erfolge und litten, wenn es Probleme gab. Sie taten alles Erdenkliche, um Ihrem Kind einen guten Start ins Leben zu schenken.
Und jetzt zieht Ihr Kind aus. Es will auf eigenen Beinen stehen und für sich allein sorgen. Das ist richtig so – und doch reift in Ihnen als Mutter und Vater die Erkenntnis: Ich bin älter geworden. Ich habe meine Aufgabe erfolgreich bestanden, aber nun gehe ich in einen neuen Lebensabschnitt über, in einen, der mich persönlich meinem eigenen Lebensende näher bringt.
Das Kind bricht zu Neuem auf – die Eltern bleiben zurück.
Es ist ein natürlicher Prozess, wenn Ihr eigener Nachwuchs das Haus verlässt, eine Wohnung bezieht und einen Job erlernt. Damit verbunden ist Aufregung. Es ist fast wie ein kleines Abenteuer. Schwelgen Sie auch in Erinnerungen? Sind Sie in Gedanken bei Ihrer ersten Wohnung? Den vielen Partys und durchgemachten Nächten? Vielleicht blicken Sie auch auf Misserfolge zurück und wie Sie diese überwinden mussten.
Heute haben Sie vermutlich vieles von dem erreicht, was Sie wollten. Sie haben einen Partner und leben im eigenen Heim. Ihr Leben ist klar geordnet. Ihr Kind bricht auf zu neuen Ufern – aber für Sie bleibt alles, wie es ist.
Gewohnheiten und Rituale verändern sich oder verschwinden ganz.
Als alle Kinder noch im Haus waren, haben Sie wahrscheinlich einmal am Tag gekocht und zusammen als Familie gegessen. Neuigkeiten wurden dabei ausgetauscht, erzählt und auch Probleme gelöst. Ihre Kinder haben hier und da im Haushalt geholfen. Vermutlich haben Sie Rituale an Geburtstagen gepflegt: Der Geburtstagstisch wurde hübsch dekoriert, die Geburtstagskerze aufgestellt und das Geschenk daneben gelegt, der Lieblingskuchen gebacken und vielleicht eine Party für die Freunde ausgerichtet.
Und nun essen Sie allein zu Mittag. Vielleicht haben Sie keine Lust mehr, für zwei Personen ausgiebig zu kochen. Die Arbeit im Haus ist weniger geworden und am Geburtstag Ihres Kindes besuchen Sie es in seiner neuen Wohnung. Wahrscheinlich lassen Sie es sich nicht nehmen und backen einen Geburtstagskuchen, den Sie zusammen mit dem Geschenk überreichen. Doch beim ersten Mal fühlt es sich recht merkwürdig an.
Eltern fühlen sich verlassen, von dem Menschen, den Sie am meisten liebten.
Die Liebe zu Ihrem Partner ist geprägt von Romantik und Zärtlichkeiten, von Unterstützung und Rückhalt, von gemeinsamer Lebensplanung und vom gemeinsamen Erleben.
Die Liebe zum Ihrem Kind nimmt eine andere Form an: Das zunächst schutzlose Wesen wurde behütet, ernährt, gepflegt und groß gezogen. Sie gaben alles für Ihren Nachwuchs, damit er es gut hat. Ihr Kind wurde die ganze Zeit von Ihnen begleitet – und nun nabelt es sich selber ab und geht ganz. Es ist ein „Verlassen“, weil vorher eine innige Bindung bestand, die jetzt gelöst wird.
Das ist richtig so, aber um so mehr Sie sich für Ihr Kind einsetzen mussten, um so schwerer fällt es Ihnen, dieses Band zu lösen.
Das Kind befindet sich nicht mehr unter der eigenen Obhut – und neue Sorgen entstehen.
Als Ihr Kind noch zu Hause lebte, hatten Sie es unter Ihrer Obhut. Sie wussten, ob Ihr Kind eine Nacht kräftig durchgefeiert hat und am nächsten Tag verkatert durch das Haus lief. Sie wussten, was es aß und ob es gesund war. Oft kannten Sie sogar die Freunde Ihres Sohnes oder Ihrer Tochter und hatten einen Einblick in Ihre Beziehungen. Die äußeren Rahmenbedingungen waren gesteckt. Das Dach über dem Kopf sicher. Selbst die meisten Rechnungen wurden von Ihnen bezahlt. Sie hatten eine recht weitreichende Kontrolle über das Leben Ihres Kindes.
Nun ist Ihr Kind ausgezogen muss allein für sich sorgen: Essen herbeischaffen, aufräumen und putzen, Geld verdienen und Rechnungen bezahlen sowie selbst für sein Seelenleben sorgen.
Fällt es Ihnen schwer, hier loszulassen? Machen Sie sich viele Gedanken darüber, ob Ihr Kind die neue Lebenssituation meistern wird?
Zurück bleibt die Leere – der Lebensinhalt muss neu gefüllt werden.
Das was früher Lebensinhalt war, fällt mit einem Mal weg. Es gibt keinen Menschen mehr, um den man sich sorgen muss. Ganz im Gegenteil: Es entsteht eine neue Freiheit. Da ist auf einmal Zeit, die neu gefüllt werden kann, mit eigenen Interessen und Hobbys. Nicht jedem gelingt diese Neuorientierung reibungslos. Manches Elternteil empfindet eine Leere und es mangelt ihm an Fantasie und Motivation, diese zu füllen.
Wann sollten Kinder zu Hause ausziehen?
Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres braucht ein Kind die Erlaubnis der Eltern, wenn es ausziehen möchte, denn die Eltern haben das Aufenthaltsbestimmungsrecht (§ 1631 Abs. 1 BGB) und entscheiden über den Wohnort.
Wenn die Eltern zustimmen, darf ein Kind frühesten mit 16 Jahren in eigene Wohnung ziehen. Allerdings ist ihr Kind noch nicht voll geschäftsfähig und die Eltern müssen sowohl Mietvertrag als auch alle anderen Verträge für Strom, Internet und so weiter unterschreiben.
Diese rechtliche Grundlage trifft aber noch keinen Hinweis darauf, wann das eigene Kind ausziehen sollte. Interessanterweise gibt es dazu auch keine klare Feststellung. Studien zeigen, dass die jungen Erwachsenen immer später ausziehen. Von dem „Hotel Mama“ ist hier die Rede.
Daten des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2015 weisen darauf hin, dass 62 Prozent der 18- bis 24 Jährigen noch bei ihren Eltern wohnen. Im Alter von 30 Jahren wohnten sogar noch 12 Prozent der Männer und 5 Prozent der Frauen im Haushalt ihrer Eltern.
Die Ursache hierfür liegt in der längeren Ausbildungszeit, der Wohnungsnot, den gestiegenen Haushaltskosten. Finanzielle Unabhängigkeit ist oft nur bedingt mit dem ersten Job gegeben, denn meistens werden nur befristete Arbeitsverhältnisse angeboten. Bei den Eltern zu wohnen ist somit preiswerter und sicherer – für alle Beteiligten.
Hinzu kommt das Eltern oft falsche Signale aussenden. Sie mögen das freundschaftliche Verhältnis zu ihren erwachsenen Sprösslingen, so dass diese auch keine Notwendigkeit sehen, auszuziehen.
Wenn Sie also das Gefühl haben, Ihr erwachsenes Kind will nicht ausziehen, dann hinterfragen Sie sich: Welches Signal sende ich meinem Kind? Soll es sich bequem machen, damit ich eine Aufgabe habe? Oder unterstütze ich seinen Auszug, um auch wieder mehr Freiraum für mich selber zu gewinnen?
Empty Nest Syndrom: Alleinerziehende
Insbesondere alleinerziehenden Vätern oder Müttern fällt es schwer, ihr eigenes Kind gehen zu lassen. Es fühlt sich an, als ob sich die Familie auflöst und sie allein zurückbleiben. Auch wenn sie der Halt für ihr Kind waren, gab das Kind auch ihnen Halt, weil es dem alleinerziehenden Elternteil eine Aufgabe gab – und vor allem viel Zeit mit einander verbracht wurde.
Alleinerziehende Elternteile sind gut beraten, wenn sie sich mit anderen Alleinerziehenden zusammentun, die in der gleichen Lebensphase stecken. Hier können sie ihren Kummer zugeben und sich Tipps holen, wie sie den Auszug des eigenen Kindes am besten verarbeiten.
Ob Alleinerziehende größeren Kummer empfinden als gemeinsam erziehende Eltern – das ist schwer zu beurteilen. Auch hier müssen die Eltern ihre Rollen neu definieren und wieder zusammenfinden. Manche schaffen es nicht und lassen sich scheiden.
Empty Nest Syndrom – Psychologie
Der Begriff „Empty Nest Syndrom“ wurde in den 70er Jahren von der Pharmaindustrie in den USA erfunden. Damals standen vor allem die Mütter im Vordergrund. Sie haben ihre Kinder recht früh bekommen, waren nicht berufstätig und haben vor allem ihre Rolle als Mutter im Haushalt wahr genommen. Wenn die Kinder auszogen, kamen sie mit dem „Verlassenwerden“ nicht zurecht. Ihr Lebensinhalt wurde ihnen mit einem Mal genommen. Psychopharmaka und Antidepressiva sollten ihnen aus dieser Krise heraushelfen.
Der Begriff „Empty-Nest-Syndrom“ ist also eher ein Kunstbegriff. In der medizinischen Fachsprache wird es als „Anpassungsstörung an die Übergangsphasen im Lebenszyklus“ beschrieben. Einsamkeit, Traurigkeit und ein Gefühl der inneren Leere können ein Symptom für dieses Problem sein.
Richtig problematisch wird es, wenn daraus eine Depression wird. Betroffenen benötigen dann unbedingt psychologische Hilfe.
Empty Nest Syndrom: Depression
Wenn eine Frau sich überhaupt nicht in die neue Lebenssituation hineinfinden kann, dann kann es passieren, dass sie eine schwere Depression entwickelt. Hier hilft dann keine Selbstfindung oder einfache Beratung mehr. Betroffene müssen sich von einem Psychiater betreuen lassen. Dieser klärt ab, ob die Einnahme von Medikamenten sinnvoll ist. Wichtig ist auf jeden Fall eine Therapie, um die Emotionen in der neuen Situation aufzuarbeiten.
Wichtiger Hinweis
Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und informiert Sie nur allgemein. Er kann und soll eine medizinisch-ärztliche Beratung nicht ersetzen.
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