Psychologie: Wie wir Entscheidungen treffen
Entscheidungen sind ein Prozess des Abwägens und Festlegens: Ziehe ich heute den blauen oder schwarzen Rollkragenpullover an? Esse ich Marmelade oder Wurst? Solche Entscheidungen treffen wir ständig. Sie sind keine große Herausforderung, weil sie keine gravierenden Konsequenzen nach sich ziehen. Im schlimmsten Fall sind wir unpassend angezogen und die Mahlzeit war fade.
Ein ganz anderes Kaliber sind Entscheidungen, die unser Leben nachhaltig beeinflussen: Hausbau oder -kauf, Kinderwunsch, Auswandern ja oder nein, Partnerwahl. Der Grund ist simpel: Mit jeder Entscheidung FÜR etwas entscheiden wir uns gleichzeitig GEGEN sämtliche Alternativen.
Entscheidung treffen fällt schwer
Genau dieser Umstand erschwert es vielen, eine Entscheidung zu treffen. Es gibt aber noch zwei weitere Gründe:
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Auswahl
In vielen Bereichen existieren schier unendliche Optionen. Ist man im Job vielleicht noch an bestimmte Zwänge gebunden, haben Sie im Privatbereich zahlreiche Wahlmöglichkeiten. Das macht sich sogar bei der Partnersuche bemerkbar: Aus Angst, sich falsch zu entscheiden, binden sich viele erst gar nicht. Vielleicht verpasst man sonst die große Liebe.
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Persönlichkeit
Manche Menschen zählen zu den Genügsamen: Sie sehen etwas, finden es gut, entscheiden sich dafür. Andere wiederum zählen zu den Maximierern: Sie wollen aus allem das Maximum herausholen. Dazu informieren sie sich sehr umfassend, vergleichen, recherchieren. Letzteres ist deutlich zeitaufwändiger. Und diese Personen sind häufiger unzufrieden mit ihren Entscheidungen.
Schwierige Entscheidungen treffen: Nachdenken oder überanalysieren?
Ob wir schnelle Entscheidungen treffen oder nachgrübeln, hängt außerdem davon ab, auf welches Wissen wir zurückgreifen können. In einem bestimmten Bereich kennen Sie sich vielleicht schon sehr gut aus, beispielsweise mit Gärtnern und Gartengeräten. Müssen Sie sich dort für etwas entscheiden, tun Sie das womöglich aus dem Bauch heraus.
Diese Intuition liegt oft richtig, denn selbst wenn wir auf die Schnelle keinen Grund für unsere Entscheidung nennen können, basiert sie auf Erfahrungswissen aus ähnlichen Situationen. Ganz anders verhält es sich mit neuartigen Situationen. Hier trauen viele nicht ihrem Bauchgefühl und gehen rational vor. Die Kopfentscheidungen können zwar absolut angezeigt sein. Häufig benötigen wir dafür jedoch deutlich mehr Zeit. Bei manchen führt das sogar zu negativen Grübeleien, sie stecken fest und können keine Entscheidungen mehr treffen.
Entscheidungen treffen: Hilfe mit diesen Methoden
1. Pro-Contra-Liste
Sie nehmen ein Blatt Papier und erstellen eine Liste mit Argumenten für beziehungsweise gegen eine Sache: Links eine Spalte mit Pro-Argumenten und rechts eine mit Gegenargumenten. Allein die Anzahl der Argumente in einer Spalte gibt eventuell einen Hinweis. Wichtig jedoch, dass Sie die Gewichtung der Argumente berücksichtigen. Denn manches Gegenargument schlägt womöglich alle Pro-Argumente.
2. Benjamin-Franklin-Methode
Bei dieser Entscheidungsmethode modifizieren Sie die Pro-Contra-Liste: Benjamin Franklin gewichtete die einzelnen Argumente. Dazu können Sie beispielsweise mit einer Skala von 1 bis 10 arbeiten. Um das Ganze übersichtlicher zu gestalten, können Sie gleichgewichtige Pro- und Contra-Argumente streichen – sie heben sich gewissermaßen auf. Anschließend betrachten Sie die übrigen Argumente. Auch hier gilt: Wenige gewichtige Argumente können viele weniger gewichtige Punkte schlagen.
3. Entscheidungsfragen
Stellen Sie sich selbst eine Reihe an Fragen, um über eine Sache Klarheit zu gewinnen. Solche Entscheidungsfragen können zum Beispiel sein:
- Was will ich wirklich?
- Warum will ich das?
- Wird es negative Folgen haben?
- Bin ich ehrlich zu mir?
- Wie wird sich die Entscheidung auswirken?
- Habe ich alle Alternativen geprüft?
- Kann ich dadurch bestimmte Ziele besser erreichen?
4. Entscheidungsbaum
Hier werden Sie mittels K.O.-Technik mehrere Entscheidungen treffen: Zwei Optionen stehen sich jeweils gegenüber, die bessere gewinnt. Am Ende bleibt nur noch eine Wahl übrig. Diese Entscheidungsmethode hat allerdings einen Haken: Sie funktioniert nur, sofern Sie mehrere Alternativen zur Verfügung haben. Geht es lediglich um ja oder nein, hilft Sie Ihnen allerdings nicht weiter.
5. Mindmap-Methode
Diese Entscheidungsmethode hat den Vorteil, dass sie Zusammenhänge sehr gut verdeutlicht. Im Zentrum steht die Frage, um die sich alles dreht. Davon gehen verschiedene Äste in Form von Alternativen ab. Von jedem Ast gehen weitere Verzweigungen mit Pro- und Contra-Argumenten ab. Eine Gewichtung der Argumente erfolgt hier durch die Dicke der Äste. Liegen alle Argumente auf der Mindmap, geht es daran, sie zu bewerten.
6. Entscheidungsmatrix
Hierfür arbeiten Sie mit Zeilen und Spalten einer Tabelle. Tragen Sie alle Wahloptionen in Spalten. Nun definieren Sie Kriterien, die für die Entscheidung von Belang sind. Sie kommen in die Zeilen der Matrix. Anschließend bewerten Sie die Optionen nach diesen Kriterien auf einer Skala von 1 bis 10 oder vergeben Schulnoten. Die Option mit den meisten Punkte beziehungsweise der besten Schulnote gewinnt.
7. Consider-all-Facts-Methode
Diese Entscheidungsmethode (auch CAF genannt) geht auf den britischen Kognitionswissenschaftler Edward de Bono zurück. Dafür sammeln Sie alle Faktoren, die mit Ihrer Frage zusammenhängen. Als nächstes priorisieren Sie nach wichtig (zuerst) und unwichtig (ans Ende Ihrer Liste). Je mehr Informationen vorliegen, desto klarer erkennen Sie, wie Sie entscheiden sollten. Diese Methode eignet sich für vernünftige Entscheidungen bei vielen Variablen.
8. Consider-the-Best-Methode
Im krassen Gegensatz dazu steht die Consider-the-best-Methode. Hierbei entscheiden Sie lediglich nach dem wichtigsten Faktor. Angenommen, Sie müssten die richtige Entscheidung treffen bei einem Job: Dann wäre beispielsweise das Gehalt der einzig ausschlaggebende Faktor, wenn Sie Gehalt höher als Arbeitsklima bewerten. An diesem Beispiel sehen Sie bereits den Nachteil: Für derart komplexe Entscheidungen mit weitreichenden Konsequenzen eignet sich die Consider-the-best-Methode nicht. Vorteilhaft ist sie für schnelle Entscheidungen, die folgenlos bleiben: Das T-Shirt oder die Hose kaufen?
9. Perspektivwechsel
Versetzen Sie sich in einen sehr guten Freund oder ein Vorbild hinein: Wie würde diese Person in der Frage entscheiden? Oder: Was würde ich dieser Person raten? Dieser Perspektivwechsel erlaubt, etwas Distanz in die Sache zu bringen. Wichtig ist, dass Sie dabei möglichst objektiv bleiben.
10. Best-Case-Worst-Case-Analyse
Wer Entscheidungen treffen will, steht oft vor der Frage nach den Konsequenzen. Jede Alternative hält ein Best-Case- und ein Worst-Case-Szenario bereit. Indem Sie die möglichen Folgen beleuchten, können Sie leichter zu einer (Zwischen-)Entscheidung gelangen: Führt etwa ein Weg klar zu negativen Folgen, können Sie diesen direkt verwerfen. Verspricht ein anderer hingegen selbst bei negativen Ausgang noch ein zufriedenstellendes Ergebnis, sind Sie einen Schritt weiter.
11. Salami-Taktik
Hierzu zerlegen Sie die ganz große Sache in viele kleinere Einzelteile. Diese arbeiten Sie nun der Reihe nach ab: Eine (vermeintliche) Fehlentscheidung bei einem kleinen Einzelstück hat meist keine gravierenden Konsequenzen. Der Vorteil ist jedoch, dass Sie durch die vielen Kleinteile sich die große Entscheidung vereinfachen.
12. Pendeln
Das klingt vielleicht esoterisch, ist es aber nicht: Diese Entscheidungsmethode hilft Ihnen dabei, Ihrem eigentlichen Bauchgefühl auf die Spur zu kommen. Sie eignet sich vor allem dann, wenn Sie keine rationalen Gegenargumente, aber ein schlechtes Gefühl bei einer Sache haben. Was Sie dafür brauchen: Ein klares Thema, einen etwa 25 Zentimeter langen Faden, an dem Sie einen Ring befestigen und ein Blatt Papier. Darauf malen Sie einen Kreis, rechts und links schreiben Sie „nein“, oben und unten „ja“. Sie pendeln die Antwort aus, indem Sie den Ellenbogen auf den Tisch stützen. In der Hand halten Sie mittig über dem Papier das Pendel. Wichtig: Konzentrieren Sie sich auf die Frage, sonst verfälschen Sie die Antwort.
13. 10-10-10-Methode
Die 10-10-10-Methode erlaubt einen Perspektivwechsel. Ausgehend vom jetzigen Standpunkt fragen Sie sich, wie Sie über eine bestimmte Entscheidung in 10 Minuten, 10 Monaten oder 10 Jahren denken werden. Hat sie wirklich so große Konsequenzen oder ist es viel wahrscheinlicher, dass die anfänglichen Grübeleien verblassen, weil die Sache gar nicht so elementar ist wie zunächst gedacht?
Hintergrundwissen und interessante Fakten zum Thema
Sie wollen wissen, wie Entscheidungen zustandekommen und warum Frauen anders als Männer entscheiden?
Tipps, wie Sie schwierige Entscheidungen treffen
Neben den Entscheidungsmethoden gibt es einige Tipps, die Ihnen Entscheidungen erleichtern:
Entscheidung treffen mit Meditation
Oft stehen wir unter Stress; Gefühle wie Angst blockieren sämtliche rationalen Argumente und können zu Kurzschlussreaktionen führen. Hier kommt die Meditation ins Spiel: Sie hilft dabei, gedanklich und gefühlsmäßig wieder herunterzukommen und einen Zustand der Gelassenheit zu erreichen. Das ermöglicht wiederum gute Entscheidungen.
Perfektionismus lähmt Entscheidungen
Einige Denkblockaden kommen zustande, weil wir uns mit unseren hohen Ansprüchen selbst lähmen. Viele sehen nur noch die eine Option, welche die einzig richtige zu sein scheint. Geht dann etwas schief, liegt das eigene Weltbild in Trümmern. Alternativen werden ausgeblendet. Oder ebenso fatal: Sie versuchen wirklich alle Nebenaspekte zu berücksichtigen – Stichwort: Maximierer. Das muss aber gar nicht immer sein. Manche Entscheidungen sind es schlichtweg nicht wert, dass Sie Energie und Zeit dafür verschwenden. Machen Sie sich das bewusst, wenn Sie merken, dass Sie in einer Gedankenspirale hängen.
Entscheidungen besprechen mit Vertrauensperson
Geht es um wichtige Entscheidungen von großer Tragweite und Sie kommen gar keinen Schritt weiter, sollten Sie eine Vertrauensperson hinzuziehen. Das kann ein guter Freund oder ein Familienmitglied sein. Wer jedoch unter häufigen Entscheidungsschwierigkeiten bei einfachsten Alltagsfragen leidet, braucht womöglich professionelle Hilfe. Hier kann ein Psychotherapeut oder eine Beratungsstelle weiterhelfen.
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