Harndrang: Frau und Mann gleichermaßen betroffen
Jeder kennt das: Wer bestimmte Getränke wie Bier, Kaffee oder bestimmten Tee zu sich nimmt, muss kurz danach häufiger auf die Toilette gehen als bei anderen Getränken.
Doch unabhängig davon gibt es Menschen, die dieses Gefühl dauerhaft beschleicht: Der Harndrang scheint unkontrolliert stark, die Blase überaktiv zu sein. Zuweilen führt das so weit, dass die Betroffenen ihren Urin nicht mehr halten können – Inkontinenz ist die Folge.
Von häufigem Harndrang spricht man dabei, wenn die Betroffenen dauerhaft deutlich öfters als sechs bis acht Mal pro Tag und häufiger zweimal pro Nacht ihre Blase entleeren müssen. Dabei ist das – entgegen dem Eindruck der medial entsteht – sowohl ein Problem, das eine Frau als auch den Mann betreffen kann.
Je nachdem, wieviel Sie trinken, produziert Ihr Körper pro Tag etwa 1,5 bis zwei Liter Urin. Bedenkt man, dass die Blase 0,4 bis 0,5 Liter sammeln kann, ehe der natürliche Harndrang entsteht, lässt sich schnell ausrechnen, wieviele Entleerungen als normal betrachtet werden können. Nimmt der Harndrang deutlich und dauerhaft zu, so kann dies zwei Gründe haben:
- Es kommt zu einer erhöhten Urinproduktion (der sogenannte Polyurie).
- Der Reiz, die Blase zu entleeren, tritt früher ein (sogenannte Reizblase).
Die Ursachen für einen dieser beiden Gründen sind dabei vielfältig.
Häufiger Handrang bei der Frau: Wechseljahre oft der Grund
Bei Männern ist der Hintergrund oft bekannt: eine gutartige Vergrößerung der Prostata im Alter. Doch was bedeutet ständiger Harndrang bei Frauen?
Auch hier kann ein erhöhter Harndrang unterschiedliche Ursachen haben. Sehr häufig ist der Grund jedoch in der hormonellen Veränderung durch die Wechseljahre zu finden. Der sinkende Östrogenspiegel bewirkt, dass die Blase nicht mehr so gut durchblutet werden kann. Die Folge ist, dass die Kraft der Muskulatur im kompletten Harntrakt nachlässt. Zudem kann eine absinkende Gebärmutter zusätzlich auf die Blase drücken.
So ist – vergleichbar mit einer vergrößerten Prostata beim Mann – nicht zuletzt ein erhöhter Druck auf die Blase dafür verantwortlich, dass ein erhöhter Harndrang wahrgenommen wird. Beckenbodentraining kann hier Abhilfe schaffen.
Plötzlich ständiger Harndrang: Psychisch oder physisch?
Im Alter nimmt der Harndrang bei vielen Menschen zu. Dies führt bei einigen zu einer Art Teufelskreis:
- Aus Angst, nicht mehr durchschlafen zu können, entleeren sie ihre Blase selbst bei kleinen Urinmengen.
- Die Folge ist, dass die Blase weniger trainiert wird.
- Dadurch besteht früher das Gefühl von Harndrang.
- Die Entleerung der Blase dauert jedoch deutlich länger – obwohl nur eine geringe Urinmenge ausgeschieden wird.
- Durch den untrainierten Schließmuskel entsteht ein Gefühl des „Nachträufelns“
Wie so oft stellt sich auch hier die Frage nach der Henne und dem Ei: Ist die Ursache für plötzlich ständigen Harndrang psychisch oder physisch?
Pauschal lässt sich dies nicht beantworten, da die Ursachen und Vorgänge in jedem Organismus individuell unterschiedlich sind. Ein Besuch beim Hausarzt ist daher bei vermehrtem Harndrang auf jeden Fall angeraten.
Harndrang ohne Urin: Paradox aber dennoch möglich
Wie schon erwähnt, kann es sein, dass die Gesamtmenge des Urins, der pro Tag ausgeschieden wird, nicht erhöht ist. Betroffene verspüren dennoch häufiger einen Harndrang und scheiden dann kleinere Mengen an Urin aus.
Oder eben gar nichts. Wenn sich psychisch der häufige Harndrang in unserem Gedächtnis eingebrannt hat, kann es durchaus möglich sein, dass wir den Eindruck haben, die Blase entleeren zu müssen, obwohl sie noch gar nicht gefüllt ist.
Das klingt paradox, ist aber keine Seltenheit. In diesem Fall geht es darum, neben der Beckenbodenmuskulatur vor allem auch die Einstellung zu trainieren und ändern. Dieser Prozess dauert allerdings seine Zeit, da eingebrannte Verhaltensmuster erst umgedeutet werden müssen.
Harndrang nachts im Liegen
Anders sieht es aus, wenn wir tatsächlich nachts öfters aufwachen, weil unsere Blase gefüllt ist und einen starken nächtlichen Harndrang auslöst. Hier spricht man von der sogenannten Nykturie.
Die Gründe hierfür können entweder in einer vergrößerten oder erkrankten Prostata, einer verschleppten Blasenentzündung oder aber einer Sekundärerkrankung liegen.
Hier ist vor allem Diabetes zu nennen. Denn bei diesem Krankheitsbild wird unter anderem Wasser tagsüber im Körper eingelagert (sogenannte Ödeme), das nachts im Liegen abgebaut und ausgeschieden wird. Ödeme können sich aber nicht nur bei Diabetes, sondern auch bei anderen Krankheiten bilden. Auch hier ist eine ärztliche Untersuchung dringend empfohlen.
Harndrang: Bedeutung und Ursachen
Die Frage ist also: Was kann häufiger Harndrang bedeuten? Die Ursachen sind dabei äußerst vielfältig. Sie können harmlos und altersbedingt sein oder aber auf einen sehr ernsten Hintergrund hindeuten. Daher eine kurze Übersicht – sortiert von leicht bis alarmierend
- Hormonelle Umstellung
- Gutartige Prostatavergrößerung
- Harnwegsinfektionen
- Einnahme entwässernder Medikamente (auch als Diurtika oder Wassertabletten bekannt)
- Stress und psychische Belastungen
- Dauerhaft erhöhtes Durstgefühl
- Diabetes
- Nierenentzündungen oder gar Nierenversagen
- Prostatakrebs
Untersuchung bei häufigem Harndrang
Sie sehen also: Häufiger Harndrang muss auf jeden Fall ärztlich untersucht werden, damit klar wird, welche Ursache zu Grunde liegt. Harndrang selbst ist keine eigentliche Krankheit, sondern immer ein Symptom.
Daher ist für den untersuchenden Arzt bei häufigem Harndrang auch die Anamnese so wichtig. In diesem Gespräch wird er vor allem folgende Fragen abklären:
- Wann und wie oft tritt der Harndrang auf?
- Wieviel Urin wird ausgeschieden?
- Welche Medikamente nimmt der Patient ein?
- Tritt der Harndrang nach bestimmten Mahlzeiten oder der Einnahme bestimmter Getränke verstärkt auf?
Zu diesem Zweck sollten Sie am besten genau Tagebuch führen und die Situationen, in denen der Harndrang auftritt exakt dokumentieren.
Im Anschluss wird der Arzt Ihr Blut und Ihren Urin labortechnisch auf die Blutzuckerwerte untersuchen. Gegebenenfalls sind auch weitere Untersuchungen wie eine Ultraschalluntersuchung oder eine Blasenspiegelung notwendig.
Hausmittel gegen Harndrang? Medikamente und Unterstützung
Aber was kann man gegen Harndrang tun? Hier muss man unterscheiden, ob es sich um ärztlich verschriebene Medikamente oder um Hausmittel handelt.
Handelt es sich um eine harmlose Ursache für den vermehrten Harndrang, so gibt es einiges, was Sie durchaus selbst tun können, ohne gleich mit Tabletten auf Spatzen zu schießen:
- Machen Sie einen Trinkplan. Dieser kann zum Beispiel so aussehen: Morgens 300 ml, Vormittags 400 ml, Mittags 500 ml, Nachmittags 300 ml, zum Abendessen 300 ml, danach maximal 200 ml – am besten Wasser oder Saftschorle.
- Halten Sie Ihren Unterleib stets warm.
- Trainieren Sie Blase und Beckenboden.
Es kann aber auch sein, dass tatsächlich Medikamente notwendig sind. Welche dies sind, entscheidet Ihr Arzt. Häufig verschrieben werden dabei vor allem:
- Spasmolytika und Anticholinergika um die Empfindlichkeit der Blase herabzusetzen
- Tabletten aus Sägepalmenfrüchten und Brennesselwurzeln um die Kontrolle über die Blase zu verbessern
- Alphablocker für Männer um die Prostata zu entspannen
- Östrogen für Frauen um die Wechseljahresbeschwerden zu unterdrücken
Therapie bei häufigem Harndrang unterschiedlich
Die Therapie richtet sich dabei nach den Ursachen des Harndrang. Diese kann durchaus unterschiedlich sein.
Wer zum Beispiel unter Diabetes leidet, bei dem bessert sich der Harndrang schlagartig, wenn die ursächliche Krankheit behandelt wird: Sowohl unkontrolliertes Durstgefühl als auch Wassereinlagerungen nehmen ab.
Liegt der Grund eher darin, dass ein anderes Organ (Gebärmutter oder vergrößerte Prostata) auf die Blase drücken, können schon Blasen- und Beckenbodentraining sowie Entspannungstechniken helfen. Bei psychischen Ursachen kann zudem eine Psychotherapie Abhilfe schaffen.
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Wichtiger Hinweis
Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und informiert Sie nur allgemein. Er kann und soll eine medizinisch-ärztliche Beratung nicht ersetzen. Vor der Einnahme eines Medikamentes lesen Sie bitte die Packungsbeilage sorgfältig durch und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.