Hilfe annehmen
Hilfsbereitschaft ist eine Kompetenz, die an vielen Stellen erwartet wird, nicht nur im Job, sondern auch unter Freunden und in der Familie. Mal sind es kleine Gefälligkeiten, mal größere Hilfeleistungen. Wer eine Not sieht, schaut nicht weg, sondern hin. Das ist fast schon eine Selbstverständlichkeit – zumal der Helfende sich nach der guten Tat richtig zufrieden fühlt.
Nur – das Gegenüber, der „Hilfesuchende“ tut sich weit aus schwerer, diese Hilfe anzunehmen. Auf die Frage: „Kann ich dir helfen?“ Kommt oft ein: „Ach nein, ich schaff das schon.“ Sich selbst eingestehen, dass man eigentlich Hilfe benötigt, scheint für manche ein Unding – und dabei könnte Unterstützung die Situation erleichtern. Was hindert uns Hilfe anzunehmen?
Hilfe annehmen: Warum fällt es uns so schwer?
Sich eingestehen, dass man Hilfe benötigt, ist nicht leicht. Es hat etwas mit dem eigenem Selbstverständnis zu tun. Oft blockieren falsche Glaubenssätze den Hilfesuchenden, so dass er seine Bitte um Unterstützung nicht ausspricht.
Falsche Glaubenssätze, die Annahme von Hilfe erschweren
-
Ich falle den anderen zur Last.
Gehören Sie zu den Menschen, die anderen nicht zu Last fallen möchten? Viele Eltern wollen die eigenen Kinder nicht mit ihren Belangen belästigen. Sie erzählen nur beiläufig von den persönlichen Schwierigkeiten. Folglich entsteht das Problem, dass gute Freunde und Familienmitglieder gar nichts von der Problematik wissen.
-
Die Erklärung, was zu tun ist, ist zu umständlich.
Glauben Sie, es ist zu umständlich zu erklären, welche Hilfe Sie benötigen? Wenn Sie es selbst erledigen, sind Sie schneller? Das kann tatsächlich für diesen Augenblick stimmen. Aber die Erklärung ist eine lohnende Investition in die Zukunft. Vielleicht benötigen Sie die Hilfe zu einem späteren Zeitpunkt immer wieder und schaffen es tatsächlich nicht mehr allein.
-
Nur wenn ich es selbst mache, wird es gut.
Verantwortung für ein Projekt abgeben und andere es durchführen lassen, fällt vielen schwer. Seiner eigenen Leistung zu vertrauen, ist definitiv leichter. „Nur wenn ich es selbst mache, wird es auch wirklich gut.“ Aber: Mit einer guten Anleitung können Aufgaben von anderen übernommen werden. Und Sie investieren in Ihre Zukunft, in eine Zeit, in der Sie tatsächlich nicht mehr alles allein bewältigen können.
-
Diese Hilfe verpflichtet mich zu einer Gegenleistung.
Sie möchten keine Hilfe annehmen, weil Sie befürchten es nicht wieder gutmachen zu können. Das Prinzip, „wie du mir, so ich dir!“ ist bei Ihnen zu tief verankert. Da hilft nur eins: Über die Sorge reden und lernen, dass man nicht immer eine Gegenleistung schuldig ist.
-
Hilfe annehmen ist ein Zeichen von Schwäche.
Sie werden von dem Gedanken geleitet: „Nur wer aus eigener Kraft alles schafft, wird respektiert!“ Dabei ist es ein Zeichen der realistischen Selbsteinschätzung, seine eigene Grenze zu kennen. Es klingt paradox: Aber die eigene Begrenzung zu akzeptieren, ist ein Zeichen von Stärke.
-
Meine Bitte um Hilfe könnte abgewiesen werden.
Es ist schwer mit einem Nein umzugehen, insbesondere dann, wenn Sie Hilfe benötigen, tut die Ablehnung weh. Aber es könnte ja sein, dass der Gefragte selbst nicht helfen kann, dafür eine andere Idee hat. Wer nicht fragt, der nicht gewinnt.
-
Andere Menschen sind bedürftiger als ich.
Sind Sie der Überzeugung, dass andere Menschen viel mehr Unterstützung benötigen als Sie selbst? Wer entscheidet das?
(Die wichtigsten Informationen im Video – Länge: 3 Minuten 38 Sekunden)
Darüber hinaus gibt es noch weitere Gedanken, die die Annahme von Hilfe erschweren:
Annahme von Hilfe als ein Zeichen von Schwäche
Allgemein wird die Annahme von Hilfe als ein Zeichen der Schwäche betrachtet. Schließlich kann eine bestimmte Tätigkeit nicht aus eigener Kraft erreicht werden. Nicht selten glauben Menschen Sie seien weniger Wert in unserer Gesellschaft, wenn Sie etwas nicht allein bewältigen können.
Insbesondere ältere Menschen, die bislang ihr Leben selbständig gemeistert haben, tun sich schwer. Sie haben das Gefühl, sie könnten die Kontrolle über ihr Leben verlieren und würden zusehends unselbständiger.
Von den eigenen (erwachsenen) Kindern Hilfe anzunehmen, fällt schwer. Wer früher die starke Mutter oder der starke Vater war, alles im Griff und für jegliches Problem eine Lösung hatte, mag nicht die „Schwäche“ zugeben, dass sie/er nun auf Hilfe angewiesen ist.
Doch ist es wirklich ein Zeichen der Schwäche, wenn man reflektiert und sich eingesteht, dass man nicht die gleiche Power wie früher hat? Ist es nicht vielmehr ein Zeichen der persönlichen Stärke, wenn man die Realität anerkennt? Alles andere wäre Selbstbetrug.
Die eigenen Kinder sind nun erwachsen. Unmerklich baut der eigene Körper seit Mitte 30 ab, schleichend, Schritt für Schritt. Das ist völlig normal. Wer es indes bis ins hohe Alter geschafft hat, beweist, dass er sehr lange auf sich selber geachtet hat.
Es mag sich belastend anfühlen, wenn der Körper und auch der Geist nicht mehr wie gewohnt mitspielen. Wer wahrnimmt, dass die eigenen Kräfte nachlassen, muss sich mit der Zeit mit der eigenen Endlichkeit auseinandersetzen. Das allein ist schon schwer zu akzeptieren. Es auch noch vor anderen zuzugeben, ist noch schwieriger. Doch mit geliebten Menschen darüber zu reden, denen wir vertrauen, wird den Umgang mit der eigenen Hilfsbedürftigkeit erleichtern.
Gute Gründe: Warum Sie Hilfe annehmen sollten!
Wenn Sie für sich entdecken möchten, dass die Annahme eines Hilfeangebots wertvoll ist, sollte eine andere Haltung einnehmen. Aus der Distanz betrachtet, können Sie Folgendes beobachten:
-
Hilfe annehmen festigt Beziehungen.
Oft bleibt es nicht bei dieser einen Hilfestellung. Durch die Unterstützung ist ein Anknüpfungspunkt zu weiteren Gesprächen entstanden. Helfer und Hilfesuchender begegnen sich und tauschen sich aus, was aus dem Problem geworden ist. Darüber ergeben sich neue Gesprächsthemen.
-
Hilfe und Unterstützung fühlen sich gut an.
Die Hilfe fühlt sich nicht nur für den Helfenden gut an, auch der Hilfesuchende erfährt, dass er nicht allein ist, sondern dass er Menschen in seiner Nähe hat, die für ihn da sind.
-
Annahme von Hilfe macht nahbarer.
Es gibt Menschen, die immer unglaublich stark erscheinen. Nichts scheint, für sie ein Problem zu sein. Wer hingegen zeigt, dass er nicht alles allein bewältigen kann, wirkt nahbarer.
-
Annahme von Hilfe bewirkt positive Entwicklungen.
„Keiner kann alles und jeder ist in etwas gut.“ Wenn wir Hilfe annehmen und anderen helfen, bringen wir uns gegenseitig weiter. Es entsteht ein Prozess, in dem sich alle weiterentwickeln.
-
Hilfe annehmen erleichtert zukünftige Hilfe.
Hier und da um Hilfe bitten, hat Signalwirkung für die Zukunft. Wer hingegen nie hilfsbedürftig zu sein scheint und Hilfsangebote ablehnt, wird wenig Unterstützung von anderen erhalten.
-
Hilfsangebote annehmen ermöglicht Gleichstellung.
Wer immer nur hilft, kann sich als edler Ritter in der Not fühlen. Gleichzeit gibt er dem anderen aber keine Chance, sich zu revanchieren und weist ihm eine hilflose Rolle zu. Die Beziehung befindet sich im Ungleichgewicht.
In diesen Situationen sollten Sie spätestens Hilfe annehmen
Hilfe annehmen kann aus verschiedensten Gründen schwerfallen. Dennoch sollten Sie sich so früh wie möglich damit auseinanderzusetzen, dass jeder eines Tages auf Unterstützung angewiesen sein wird. Spätestens in einem der folgenden Fälle:
- Eingeschränkte Bewegungsfähigkeit
Wenn Sie zum Beispiel einen Rollator brauchen oder die Wohnung barrierefrei umgestalten müssen. - Erhöhte Pflegebedürftigkeit
Beispielsweise wenn Sie aufgrund von Krankheit einige Erledigungen des Alltags nicht mehr leisten können. Auch als Pflegefall (etwa durch eine neurologische Erkrankung wie Demenz oder durch körperliche Einschränkungen) sind Menschen auf Hilfe angewiesen. - Seelische Belastungen
Sie fallen in eine Depression oder sind mit Eintritt in den Ruhestand mit der neuen Situation überfordert.
In diesen Situationen ist Hilfe annehmen nicht nur nötig, sondern auch weise und bereichernd. Denn liebevolle Hilfeleistung bringt Sie nicht nur weiter im Leben, sondern schafft gemeinsame Erlebnisse und stärkt die sozialen Beziehungen.
Hilfe annehmen: So fällt es leichter
Manchmal gibt es keine Alternative als Hilfe annehmen zu müssen. Allein, weil sich manches Problem nicht auszusitzen lässt. Häufig wird es dadurch eher schlimmer als besser. Daher müssen wir uns damit auseinandersetzen, die Hilfe anderer annehmen zu dürfen und zu können. Einige Tipps, wie uns dies leichter fällt:
- Fassen Sie Vertrauen
Teilen Sie sich anderen mit. Stehen Sie zu Ihren Bedürfnissen und seien Sie es sich wert. - Blocken Sie nicht ab
Seien Sie offen, wenn Sie gefragt werden, ob und welche Hilfe Sie benötigen. Diese Frage kommt in aller Regel aus Anteilnahme und nicht als Höflichkeitsfloskel. - Akzeptieren Sie die Hilfe
Dieses Verhalten ist nicht würdelos, sondern ganz im Gegenteil: sehr würdevoll. - Versetzen Sie sich in den Helfer
Als Sie zuletzt einer Person geholfen haben – wie war das? Fragen Sie sich selbst: Haben Sie sich danach eher besser oder schlechter gefühlt? - Ändern Sie Ihre Sichtweise
Betrachten Sie das Annehmen von Hilfe nicht als Defizit, sondern als Bereicherung in Ihrem Leben: Hilfe geben und Hilfe annehmen schaffen eine tiefe Verbindung zwischen zwei Menschen.
(Die wichtigsten Informationen im Video – Länge: 2 Minuten 14 Sekunden)
Hilfe annehmen: Sprüche und Zitate
Sie benötigen einen kleinen Mutmacher, einen Spruch oder ein Zitat, dass Sie daran erinnert: „Es ist in Ordnung, wenn ich um Hilfe bitte?“. Wir haben für Sie schöne Verse ausgesucht, die Sie sich als Erinnerung notieren können:
- „Mancher ertrinkt lieber, als dass er um Hilfe ruft.“ (Wilhelm Busch)
- „Wenn jeder dem anderen helfen wollte, wäre allen geholfen.“ (Marie von Ebner-Eschenbach)
- „Takt ist die Fähigkeit, einem anderen auf die Beine zu helfen, ohne ihm dabei auf die Zehen zu treten.“ (Curt Goetz)
- „Du kannst Dich selbst nicht dafür verurteilen, Hilfe zu brauchen.“ (Brené Brown)
- „Biete deine Hilfe an egal wie groß sie ist, du wirst immer belohnt.“ (Waldemar Wirch)
- „Hilfsbereitschaft kann nicht durch Erlässe hergestellt werden. Sie muss in den Herzen der Menschen entstehen.“ (Sigmund Widmer)
- „Freundschaft ist Gefühl und Verständnis füreinander und Hilfsbereitschaft in allen Lebenslagen.“ (Marcus Tullius Cicero)
- „Trost gibt der Himmel, von dem Menschen erwartet man Beistand.“ (Ludwig Börne)
- „Unter guten, seelenvollen Menschen trägt sich die Last des Lebens leicht.“ (Novalis)
Weiterführende Artikel
- Tauschringe: Nachbarschaftshilfe für jeden
- Seelsorge: Hilfe in der Not
- Leihoma werden & finden: Ehrenamtliche Hilfe für Familien
- Danke sagen: Ideen für Ihre persönlichen Worte und Geschenke
- Freizeitpartner für Senioren: Hilfe gegen die Langeweile