Ist Krafttraining im Alter sinnlos und gefährlich?
Sicherlich kennt jeder ältere Mensch Situationen, in denen die Muskeln nicht mehr das Leistungsvermögen von vor einigen Jahren haben. Kein Wunder: Bereits ab dem 30. Lebensjahr nimmt die Muskulatur langsam ab. Schätzungen zufolge verliert ein Mensch auf diese Weise bis zu seinem 90. Lebensjahr die Hälfte des Muskelgewebes. Da dies in der Regel durch Fettgewebe ersetzt wird, ist dieser Abbau selten auf den ersten Blick zu erkennen, aber mit der Zeit zu spüren.
Aber: Es ist falsch zu denken, dass dieser Prozess unumkehrbar sei. Selbst bei schweren Erkrankungen können bestimmte sportliche Betätigungen sogar förderlich sein. Und Sport (und damit Muskelaufbau) ist in jedem Alter möglich, auch mit 70, 80 oder 90. Eindrucksvolles Beispiel für die Leistungsfähigkeit von Senioren ist der britisch-schweizerische Zahnarzt Charles Eugster. Immerhin 97 Jahre alt wurde er und bis ins hohe Alter gewann er Medaillen bei Wettkämpfen.
Krafttraining im Alter: Hintergründe, Ziele und Umsetzung
Doch die nachlassende Kraft müssen Sie nicht klaglos akzeptieren. Die gute Nachricht ist: Mit gezieltem Krafttraining lässt sich dem Abbau entgegenwirken. So stärken Sie im Übrigen nicht nur Ihre Muskulatur, sondern auch Ihre Knochen und beugen zusätzlich einer möglichen Osteoporose vor.
Im Alter verändern sich jedoch nicht nur unsere Gewohnheiten (und damit oftmals unser Bewegungsradius), sondern auch der Hormonspiegel und die Durchblutung. Dies kann mit der Zeit zu Rheumaerkrankungen führen. Auch dem können Sie mit Krafttraining im Alter entgegenwirken.
Krafttraining im Alter ist wichtig
Krafttraining im Alter ist wichtig. Denn der Muskelabbau kann noch weitere Folgen haben:
- Gangunsicherheit und erhöhte Sturzgefahr
- Schnelleres Eintreten von Pflegebedürftigkeit
- Nachlassendes Allgemeinempfinden und Zunahme chronischer Erkrankungen
- Schmerzen und Entzündungen an den Gelenken (zum Beispiel Arthrose)
- Koordinationsschwierigkeiten
- Erhöhte Wahrscheinlichkeit, an Diabetes zu erkranken
Krafttraining im Alter für zu Hause
Beim Krafttraining zu Hause sind Sie unabhängig von Öffnungszeiten. Gleichzeitig kann die Selbstmotivation schwieriger sein. Am wirkungsvollsten ist, wenn Sie mit einem Partner oder Freund die Übungen zusammen machen und sich so gegenseitig motivieren.
Das benötigen Sie fürs Training zu Hause
Wir haben für Sie einige Vorschläge für das Einsteiger-Krafttraining zuhause zusammengefasst. Sie benötigen dafür nur kleine Kurzhanteln, einen kleinen Softball und ein Theraband – Dinge, die Sie in jedem Sportgeschäft für wenig Geld kaufen können.
Zudem sollten Sie ein wenig Platz und eine stabile Unterlage zur Verfügung haben. Wichtig ist dabei, dass Sie während den Übungen nicht hektisch werden, sondern ruhig und Ihrem eigenen Tempo ein- und ausatmen: Einatmen bei der Anspannung und Ausatmen bei der Entspannung. Dabei sollten Sie immer ein bis zwei Sekunden die Bewegung ausführen und die Anspannung für zwei Sekunden halten.
Übungen fürs Krafttraining im Alter
Jede Übung sollten Sie ungefähr zwei bis drei Minuten konzentriert ausführen:
-
Hantelnheben
Nehmen Sie die Hanteln in die Hand, stellen Sie sich hüftbreit hin und beugen Sie die Knie leicht. Die Körpermitte mit Rücken und Bauch sind aufrecht und gespannt. Drücken Sie nun die Hanteln abwechselnd langsam nach oben in Richtung Decke. Das ganze wiederholen Sie zehn bis zwanzig Mal – Fortgeschrittene können die Anzahl steigern. So trainieren Sie Ihre Schultermuskulatur.
-
Balldrücken
Spannen Sie Ihre Körpermitte an und stellen sich an eine Wand. Klemmen Sie den Softball zwischen Wand und Hinterkopf, lehnen Sie sich gestreckt zurück und arbeiten gegen den Druck des Balles. Halten diese Stellung für mindestens 20 Sekunden und atmen Sie dabei ruhig weiter. Wiederholen Sie die Übung mehrmals. So können Sie ihre Rückenmuskulatur stärken.
-
Zurücklehnen
Nehmen Sie die Hanteln und halten diese im Stehen über Kreuz vor der Brust. Halten Sie dabei unbedingt Bauch- und Rückenmuskulatur angespannt. Lehnen Sie sich nun langsam zurück. Nicht zu weit, sondern nur soweit es angenehm ist. Gehen Sie nun wieder in die Ausgangslage und wiederholen Sie die Übung mindestens zehn Mal. So kräftigen Sie Ihre Bauchmuskeln.
-
Bandziehen Arm
Nehmen Sie das Theraband und halten Sie es mit angewinkelten Armen vor der Brust. Es sollte dabei gespannt sein. Ziehen Sie nun Ihre Ellbogen auf die Höhe der Schultern und spannen dabei den Bauch an. Nun ziehen Sie abwechselnd langsam die Unterarme nach außen. So kräftigen Sie Ihre Armmuskulatur.
-
Bandziehen Bein
Knoten Sie Ihr Theraband um die Knöchel. Sie dürfen sich bei Bedarf mit den Händen an einer Wand abstützen. Ziehen Sie nun abwechselnd die Beine nach vorne und halten die Spannung für einige Sekunden. Dies trainiert Ihre Beinmuskulatur. Wenn Sie die Übung variieren und nach hinten anstatt nach vorne ziehen, stärken Sie damit die Muskulatur im Gesäß.
-
Grätschen
Setzen Sie sich auf einen Stuhl und rutschen auf den vorderen Teil. Knoten Sie nun das Theraband um Unterschenkel und halten das Band dabei gespannt. Nun heben Sie abwechselnd den Fuß langsam vom Boden und führen ihn nach außen und wieder zurück. Auch hier die üblichen Wiederholungen. Auf diese Weise trainieren Sie Ihr Gesäß und Ihre Oberschenkel.
Krafttraining im Alter ohne Geräte
Wenngleich die obigen Übungen mit wenig Zubehör auskommen, geht es noch minimalistischer. Krafttraining im Alter ohne Geräte hat den Vorteil, dass Sie im Prinzip sofort loslegen können. Keine finanziellen Investitionen falls Ihnen eine Übung nicht gefällt. Und noch ein Vorteil: Sie arbeiten mit Ihrem eigenen Gewicht.
Obwohl die Übungen leicht wirken, sind sie dennoch effektiv. Denn Sie nutzen den Widerstand durch die Erdanziehungskraft, den Sie bei Ihren Ausführungen überwinden müssen. Und darin liegt die Kunst – die kräftigenden Übungen sauber auszuführen. Daher spielt die Körperhaltung eine wichtige Rolle:
1. Wandsitzen
Diese Position heißt auch Kniebeuge gegen die Wand. Dazu stellen Sie sich aufrecht mit dem Rücken an eine Wand. Nun rutschen Sie solange herunter, bis Ihre Beine im 90-Grad-Winkel gebeugt sind. Achten Sie darauf, dass Ihre Oberschenkel waagerecht sind. Diese Position halten Sie solange Sie können. Damit trainieren Sie die Oberschenkelmuskel.
2. Wandliegestütze
Stützen Sie sich mit beiden Händen an der Wand ab. Die Beine sollten dabei leicht gespreizt sein und ihr Abstand zur Wand eine knappe Armlänge betragen. Nun führen Sie vertikale Liegestütze aus, in dem Sie sich langsam zur Wand beugen und wieder weg strecken. Halten Sie dabei den Rücken gerade. Diese Universalübung eignet sich für die Muskeln im kompletten Überkörper.
3. Armkreisen
Strecken Sie die Arme seitlich nach außen. Bewegen Sie diese nun in kleinen Kreisen und halten Sie dabei die Arme weiterhin gestreckt. Wichtig ist, dass Sie die Schultern dabei nicht hoch ziehen, sondern entspannt sacken lassen. Variieren Sie, in dem Sie erst für zwei Minuten vorwärts und dann nach einer kurzen Pause rückwärts kreisen. So stärken Sie Nacken und oberen Rücken.
4. Unterarmstütz
Hierbei handelt es sich um eine Variante der Liegestütze am Boden: Legen Sie sich bäuchlings auf den Boden. Dann richten Sie Ihren Oberkörper auf, indem Sie sich auf die Ellenbogen abstützen. Ihre Füße stellen Sie hüftbreit auf die Fußspitzen, der Kopf bildet die Verlängerung Ihrer Wirbelsäule. Wichtig ist hierbei ein gerader Rücken und nicht ins Hohlkreuz zu fallen. Halten Sie diese Position so lange wie Sie können. Sie trainieren damit den ganzen Körper: Die Muskulatur in Bauch, Arme und Beine, die Hüft- und Gesäßmuskulatur als auch die tiefe Rumpf- und Rückenmuskulatur.
5. Schulterbrücke
Legen Sie sich dafür flach auf eine Matte, der Untergrund sollte rutschfest sein. Stellen Sie die Beine auf. Nun heben Sie beim Ausatmen das Becken nach oben und halten diese Position. Fortgeschrittene können zusätzlich im Wechsel ein Bein anheben. Aber auch so trainieren Sie mit dieser Übung die Gesäßmuskulatur und den Rücken. Die Schulterbrücke mobilisiert die Wirbelsäule und hilft dabei, Verspannungen im Schulter- und Nackenbereich zu lösen.
Krafttraining im Alter: PDF mit Übungen
Die obigen Übungen können Sie sich außerdem hier kostenlos herunterladen und ausdrucken:
Trainingsplan: Das beim Krafttraining beachten
Damit Ihr Trainingsplan Wirkung zeigt, sollten Sie einige Tipps beherzigen:
1. Regelmäßig trainieren
Krafttraining sollten Sie alle zwei Tage ausüben. Üben Sie seltener, hat es kaum einen Effekt, aber auch ein tägliches Üben kann kontraproduktiv sein. Ihre Muskeln wachsen in der Erholungsphase. Diese dauert knapp 48 Stunden. Werden die Muskeln in dieser Zeit erneut belastet, können sie sich nicht wie gewünscht entwickeln. Dies gilt sowohl für das Training in der Gruppe, im Fitnessstudio als auch zuhause.
2. Maßvoll trainieren
Zudem sollten Sie maßvoll trainieren. Überlasten Sie sich nicht und legen Sie keinen falschen Ehrgeiz an den Tag. Lieber führen Sie Übungen kürzer oder mit weniger Belastung aus – aber dafür richtig. Sobald sich Fehler einschleichen, kann dies zu Fehlhaltungen führen.
3. Anfängervarianten wählen
Beim Hanteltraining reichen daher 500-Gramm-Hanteln zunächst vollkommen aus. Erst mit der Zeit können Sie dann bei Bedarf zur Ein- oder Zwei-Kilo-Variante wechseln. Alternativ können Sie stattdessen auch gefüllte 0,5-Liter-Plastikflaschen benutzen. Auch bei der Wahl des Therabandes sollten Sie sich zunächst für eine Einsteiger-Variante entscheiden. Nach einigen Wochen sollten Sie den Widerstand langsam erhöhen und zu stärkeren Bändern wechseln.
4. Ausreichend aufwärmen
Egal, wo Sie trainieren: Wärmen Sie sich zuvor mindestens fünf Minuten auf. Dafür benötigen Sie nicht zwangsläufig ein Laufband oder einen Ergometer. Es genügt auch, leicht auf der Stelle zu joggen und dabei die Arme locker zu schwingen. Bei den Übungen selbst sollten Sie zwar leicht ins Schwitzen kommen, jedoch sollten Sie keinesfalls Schmerzen oder Qualen verspüren. Sobald Sie gegen solche Widerstände arbeiten müssen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Sie Ihren Körper mehr schädigen als trainieren.
Angebote für Krafttraining im Alter
Neben den üblichen Angeboten von normalen Fitnessstudios, gibt es immer häufiger spezielles Training und Kurse für Senioren. Mitunter gibt es in Ihrer Nähe sogar ein spezielles Studio, dass sich ausschließlich an die ältere Zielgruppe wendet. Der Vorteil: In diesen Studios kann auch die Ausdauer und somit das Herz-Kreislauf-System trainiert werden. Doch bevor Sie sich einfach für das erstbeste Fitnessstudio entscheiden, sollten Sie einige Dinge beachten:
Arzt konsultieren
Besprechen Sie mit Ihrem Hausarzt oder Orthopäden, welche Übungen sich für Sie und Ihren Gesundheitszustand am besten eignen. Vielleicht ist zum Beispiel regelmäßiges Nordic Walking für Ihren Körper und die Medikamente, die Sie möglicherweise einnehmen, besser als ausschließliches Krafttraining.
Probetraining vereinbaren
Vereinbaren Sie ein ausführliches Probetraining mit einer individuellen Beratung und einem Eingangstest. Gute Studios bieten dies selbstverständlich an. Sie zeichnen sich durch das Gütesiegel des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) aus. Von Billiganbietern, bei denen Sie ausschließlich auf sich selbst gestellt sind und keine Betreuung erfolgt, sollten Sie Abstand nehmen.
Trainingsplan erstellen
Achten Sie darauf, dass mit Ihnen ein ausgewogener Trainingsplan aufgrund der ärztlichen Untersuchung erstellt wird. Ausdauer, Muskulatur und Beweglichkeit sollten möglichst gleichermaßen trainiert werden. Dabei sollten Trainer jederzeit verfügbar sein und die Geräte auf den neuestem Stand sein, damit sich keine Fehler einschleichen. Zudem ist es sinnvoll, den Trainingsplan alle paar Monate neu anzupassen beziehungsweise überarbeiten zu lassen.
Kurse besuchen
Neben dem Gerätetraining empfiehlt es sich, zusätzlich entsprechende Kurse zu besuchen wie beispielsweise Pilates, Rückenschule oder Zumba. Achten Sie darauf, dass diese Kurse altersgerecht und in gemischten Studios nicht nur auf junge Leute ausgerichtet sind. Das betrifft insbesondere das Tempo und die Bewegungsabläufe. Alternativ zum Fitnessstudio finden Sie auch spezielle Angebote für Senioren bei Volkshochschulen, Sportvereinen, Mehrgenerationenhäusern oder Seniorengruppen.
Weiterführende Artikel
- Schwimmen: So steigert es Ihre Fitness
- Gymnastik: Vorteile und Übungen für Senioren
- Ernährung: So geht gesundes Essen
- Bandscheibenvorfall: Entstehung, Verlauf, Therapie
- Ruhestand: Tipps und Informationen für Ruheständler