Wer kann Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen?
Anspruch auf Kurzzeitpflege haben nur Pflegebedürftige, bei denen einer der folgenden Pflegegrade festgestellt wurde:
- Pflegegrad 2
Hierunter fallen Personen, deren Selbständigkeit erheblich eingeschränkt ist. - Pflegegrad 3
Dieser Pflegegrad erfasst Personen, bei denen eine schwere Beeinträchtigung der Selbständigkeit vorliegt. - Pflegegrad 4
Bei diesen Versicherten liegen schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit vor. - Pflegegrad 5
Der höchste Pflegegrad gilt für Pflegebedürftige mit schwerster Beeinträchtigung der Selbständigkeit, die besondere pflegerische Versorgung erfordern.
Keinen Anspruch auf Kurzzeitpflege haben somit Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1, bei denen nur geringe Beeinträchtigungen vorliegen, so dass sie nach dem alten System der Pflegestufen ohnehin nicht erfasst worden wären.
Wie läuft eine Kurzzeitpflege ab?
Wer für eine kurze Dauer von mehreren Wochen stationär pflegebedürftig ist, kann die Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen. Dies kann verschiedene Gründe haben:
Kurzzeitpflege als Entlastung
Angenommen, eine Mutter von zwei schulpflichtigen Kindern geht in Teilzeit arbeiten, während sie sich außerdem um ihre pflegebedürftige Mutter kümmert. In den Schulferien möchte sie mit ihren zwei Kindern weg fahren, gleichzeitig möchte sie ihre Mutter gut versorgt wissen. Dann kommt die Kurzzeitpflege ins Spiel. Allerdings sind Heimplätze in Pflegeeinrichtungen in der Ferienzeit besonders gefragt, daher sollten Sie frühzeitig planen.
Kurzzeitpflege als Nachsorge
Ebenso kann eine Kurzzeitpflege nötig sein, wenn jemand infolge eines Unfalls einen längeren Krankenhausaufenthalt hinter sich gebracht hat. Er ist noch nicht wieder vollständig genesen und benötigt vollstationäre Pflege – das kann die häusliche Pflege nicht leisten. Gleichzeitig fallen Krankenhäuser aus dem Zuständigkeitsbereich, weshalb der Pflegebedürftige in eine Pflegeeinrichtung verlegt wird.
Kurzzeitpflege nach Krankenhausaufenthalt oder Notfall
Eine Kurzzeitpflege kann beispielsweise nach einer schweren Krankheit oder einem Krankenhausaufenthalt (etwa infolge eines Unfalls) notwendig sein. Hier hat eine Gesetzesänderung vor einigen Jahren eine Kurzzeitpflege ohne Pflegegrad ermöglicht. In diesem Fall ist die Kurzzeitpflege als eine Art Wiedereingliederung und Rehabilitation zu sehen. Kostenträger sind in diesem Fall die Krankenkassen.
Weil die Pflegekassen den Krankenkassen angegliedert sind, macht das für die Antragsteller keinen Unterschied. In der Regel benötigen Pflegebedürftige sehr schnell nach Krankenhausaufenthalt die Kurzzeitpflege. Daher empfiehlt es sich, bei der Antragstellung unbedingt den Sozialdienst des entsprechenden Krankenhauses mit einzubeziehen. Diese verfügen über weitreichende Erfahrungen und die notwendigen Formulare und sorgen so dafür, dass Sie den Antrag korrekt stellen. Das fördert eine schnelle Auszahlung der Leistungen.
Kurzzeitpflege als Erprobung
Diese Form der Pflege kann infrage kommen, wenn Sie gemeinsam mit dem Pflegebedürftigen überprüfen wollen, ob Ihnen beziehungsweise dem Pflegebedürftigen die Einrichtung zusagt. Ist das der Fall, geht die Kurzzeitpflege in diesem Pflegeheim in eine dauerhafte Pflege über.
Kurzzeitpflege zwecks Organisation
Möglich ist die Kurzzeitpflege bei einem Notfall, etwa wenn sich der Gesundheitszustand eines Pflegebedürftigen so sehr verschlechtert, dass die häusliche Pflege nicht mehr geleistet werden kann und kurzfristig ein Pflegeheim gesucht wird. Nicht immer ist ein nahtloser Übergang möglich, die Kurzzeitpflege springt dann vorübergehend ein. Ebenso wenn bauliche Anpassungen (etwa ein Treppenlift) vorgenommen werden müssen, um die häusliche Pflege weiterhin gewährleisten zu können.
Kurzzeitpflege zur Überbrückung
Denkbar ist ebenfalls der Fall, dass die pflegende Person selbst krank wird und die psychische Kraft nicht aufbringt oder beispielsweise in eine Reha-Klinik muss.
Kurzzeitpflege Kosten: Der Eigenanteil
Was kostet die Kurzzeitpflege? Das hängt ganz davon ab, welche Pflegeleistungen Sie beziehungsweise Ihr Angehöriger benötigt. Wie hoch der Stundenlohn bei der Verhinderungspflege ist, hängt von der jeweiligen Einrichtung und sogar dem Bundesland ab. So ist der durchschnittliche Eigenanteil in Sachsen-Anhalt mit 1.588 Euro deutlich geringer als in Nordrhein-Westfalen mit 2.542 Euro im Monat. Diese Kosten setzen sich aus folgenden Faktoren zusammen:
- Kosten für die Pflegeleistung
- Kosten für Unterbringung und Verpflegung
- Investitionskosten zur Instandhaltung der Einrichtung
Teilweise können Sie diese Kosten bei der Pflegekasse geltend machen. Erstattungsfähig sind aber nur die Kosten für die eigentliche Pflegeleistung, also für pflegebedingte Aufwendungen, Betreuung durch den Sozialdienst oder die medizinische Versorgung. Unterbringung und Verpflegung (sogenannte „Hotelkosten“) sowie die Investitionskosten müssen Pflegebedürftige selbst zahlen. Wie hoch diese ausfallen, ist individuell unterschiedlich. Beispielsweise können die Investitionskosten wegfallen, wenn das Pflegeheim aus öffentlichen Mitteln erbaut wurde. Selbst aufkommen müssen Sie zudem für Transportkosten zum Pflegeheim und wieder zurück nach Hause.
Unser Tipp: Erkundigen Sie sich vorab nach den Tagessätzen der Pflegeeinrichtung. Das gibt Ihnen die Möglichkeit, das zur Verfügung stehende Budget besser einzuplanen.
Welche Kosten der Kurzzeitpflege übernimmt die Pflegekasse?
Die Pflegekasse zahlt derzeit maximal 1.774 Euro pro Jahr. Und dieser Betrag ist umso schneller erschöpft, je höher der Pflegeaufwand und die damit verbunden Kosten eines Pflegeheims sind. Dabei ist der Höchstbetrag von 1.774 Euro pro Jahr unabhängig vom Pflegegrad: Solange der Pflegebedürftige einen der Pflegegrad 2 bis 5 hat, kann er mit der vollen finanziellen Unterstützung rechnen. Dennoch ist das wie bei so vielen anderen Pflegeleistungen in den meisten Fällen deutlich weniger als die tatsächlichen Kosten.
Da es sich bei der Kurzzeitpflege um eine vollstationäre Pflege handelt, steht Ihnen – im Gegensatz zur ambulanten Pflege – kein Pflegegeld zu. Das erhalten Versicherte ab Pflegegrad 2, sofern sie beispielsweise von pflegenden Angehörigen häusliche Pflege erhalten. Wird nun ein Antrag auf Kurzzeitpflege gestellt, zahlt die Pflegekasse jedoch für die Dauer von acht Wochen (beziehungsweise 56 Tagen) das Pflegegeld zu 50 Prozent weiter.
Weitere finanzielle Unterstützung
Zusätzlich hat jeder Pflegebedürftige einen Anspruch auf den Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro monatlich. Den bekommen Sie nicht ausgezahlt, da es sich um eine Erstattungsleistung handelt. Sie gehen in Vorkasse und reichen die die gesammelten Rechnungen bei der Pflegekasse ein. Allerdings müssen Sie die 125 Euro nicht komplett nutzen, sondern können sie ansparen. So können Sie später darauf zurückgreifen und damit (wenigstens teilweise) Kosten der Kurzzeitpflege übernehmen.
Außerdem können Sie Zuschüsse von bis zu 4.000 Euro von der Pflegekasse erhalten. Etwa, wenn die pflegebedürftige Person fortan einen Rollator oder Rollstuhl benötigt. Auch steuerliche Erleichterungen sind vorgesehen, wenn die Belastung durch Pflegekosten steigt: Bei der Steuererklärung können Sie einen Pauschbetrag als außergewöhnliche Belastungen absetzen: Dieser Pauschbetrag (Pflegegrad 2: 600 Euro, Pflegegrad 3: 1.100 Euro, Pflegegrad 4 + 5: 1.800 Euro) verringert das zu versteuernde Einkommen. Zweite Option: Sie setzen den ambulanten Pflegedienst als haushaltsnahe Dienstleistung mit 20 Prozent der Kosten ab.
Deckung der Kosten durch das Sozialamt
Dank des sozialen Netzes in Deutschland gibt es Regelungen, falls ein Versicherter die Zusatzkosten nicht aus eigener Tasche zahlen kann. In solchen Fällen prüft das Sozialamt, ob eine Kostenerstattung (zumindest anteilig) möglich ist. Einen Antrag auf Kostenerstattung des Eigenanteils stellen Sie beim für Sie zuständigen Sozialamt.
Mithilfe der Düsseldorfer Tabelle ermittelt das Sozialamt, ob Angehörige – Ehepartner oder Kinder – für die Pflegeheimkosten aufkommen müssen. Dank Angehörigen-Entlastungsgesetz ist das allerdings erst ab einem Bruttoeinkommen von 100.000 Euro der Fall, so dass das Sozialamt in der Regel einspringt.
Welche Leistungen umfasst die Kurzzeitpflege?
Die Kurzzeitpflege ist nicht einfach nur eine Hotelunterbringung – es ist eher das Rundum-Sorglos-Paket für Pflegebedürftige und Angehörige, die ihr Familienmitglied in guten Händen wissen wollen. Das leistet die Kurzzeitpflege:
- Kost und Logis
- Behandlungspflege wie Körperpflege und -hygiene, Hilfe beim An- und Auskleiden
- Medizinische Versorgung wie Verbandswechsel, physiotherapeutische und logopädische Maßnahmen wie Gehübungen, Sprachübungen
- Unterhaltungsprogramme zwecks Einbeziehung der Pflegebedürftigen beispielsweise durch gemeinsames Singen und Musizieren, Spazieren, Gesellschaftsspiele und Gymnastik
- Sprechstunden beim Sozialdienst
Kombination Verhinderungspflege – Kurzzeitpflege
Eine gute Möglichkeit, das Budget der Pflegekasse zu erhöhen, ist die Verrechnung von Kurzzeitpflege mit Verhinderungspflege. Diese findet im Gegensatz zur Kurzzeitpflege zuhause statt und greift dann, wenn ein Pflegender eine kurze Auszeit braucht. Beispielsweise für eigene Besorgungen und Termine oder zur Erholung von der pflegerischen Tätigkeit.
Der Anspruch auf Verhinderungspflege besteht für längstens sechs Wochen, die Pflegekassen bezuschussen sie mit 1.612 Euro pro Jahr. Wird die Verhinderungspflege nicht in Anspruch genommen, erhöht sich das Budget um 100 Prozent, so dass jährlich bis zu 3.386 Euro für die Kurzzeitpflege zur Verfügung stehen. Umgekehrt können Sie auch 806 Euro von der Kurzzeitpflege für die Verhinderungspflege verwenden. Sofern Sie von Ihrem Anspruch auf Kurzzeitpflege also keinen Gebrauch machen, stehen pro Jahr 2.418 Euro für die Verhinderungspflege bereit.
Dauer: Wie lange kann man Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen?
Kurzzeitpflege ist für eine Dauer von bis zu 56 Tagen (acht Wochen) pro Jahr möglich. In dieser Zeit wird der oder die Pflegebedürftige aus der häuslichen Pflege genommen und in einer Pflegeeinrichtung untergebracht. Alles was zeitlich darüber hinaus geht, gilt nicht mehr als Kurzzeitpflege und muss gesondert beantragt werden – je nach festgestelltem Pflegegrad. Welche Leistungen im einzelnen notwendig sind, beurteilt der medizinische Dienst (MDK).
Antrag auf Kurzzeitpflege bei der Pflegekasse
Zuständig für die Kurzzeitpflege sind die Pflegekassen, die den Krankenkassen (Barmer, AOK, BKK, TK und andere) angegliedert sind. Sie erbringen die Leistungen aus der Pflegeversicherung. Um diese beantragen zu können, wendet sich der Versicherte oder sein Vertretungsberechtigter an die Pflegekasse.
Den Antrag füllen teilweise die Pflegeeinrichtungen selbst aus oder stehen beratend zur Seite. Auch der Sozialdienst eines Krankenhauses oder einer Reha-Einrichtung kann dabei behilflich sein. Die Unterschrift darunter muss jedoch vom Pflegebedürftigen beziehungsweise seinem gesetzlichen Betreuer stammen. Weitere Infos erhalten Sie beim Bürgertelefon des Bundesministeriums für Gesundheit mit dem Schwerpunkt Pflegeversicherung, Telefon: 030 3406066-02, montags bis donnerstags von 8 bis 18 Uhr und freitags von 8 bis 12 Uhr.
Kostenlose Mustervorlage für ein formloses Schreiben
In einigen Fällen stellen die Krankenkassen Formulare für den Antrag auf Kurzzeitpflege zur Verfügung. In anderen reicht ein formloses Schreiben. Das stellen wir Ihnen hier kostenlos als PDF-Dokument zur Verfügung. Oder Sie laden die kostenlose Word-Datei hier herunter:
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