Was ist ein Pflegegrad?
Der Pflegegrad bestimmt den Aufwand, den es braucht, um einen Pflegebedürftigen die notwendige Unterstützung für sein Leben zukommen zu lassen. Er stellt eine Eingruppierung seitens der gesetzlichen Pflegeversicherung dar, nach der sich entsprechende Leistungen zur Pflege berechnen. Somit ist er entscheidend dafür, welche Geldleistungen Sie im Pflegefall von der Pflegeversicherung erhalten.
Die Pflegegrade lösen die alten Pflegestufen ab. Statt ehemals drei Pflegestufen gibt es nun fünf Pflegegrade. Die alten Pflegestufen berechneten sich lediglich nach der Zeit, welche die pflegerische Hilfe für die notwendigen Erledigungen brauchte. Das benachteiligte vor allem geistig und psychisch Erkrankte. Entscheidend ist nun der Grad der Selbstständigkeit.
Diese Erkrankungen führen zu einem Pflegegrad
Verschiedene Grade der Pflege lassen sich aufgrund hohen Alters feststellen. Aber auch bei bestimmten Krankheiten ist Pflege nötig. In den meisten Fällen liegen diese Einschränkungen zu Grunde:
- Demenz
- Krebs
- Parkinson
- Multiple Sklerose oder ALS
- Notwendigkeit von Verfahren zur Dialyse
- Epilepsie
- COPD
- Apoplex
- Depression
- Geistige oder körperliche Behinderungen
Pflegegrad Geldleistungen: Wie viel Geld bei welchem Pflegegrad?
Wer entsprechend eingruppiert ist, enthält sowohl die Erstattung von Pflegesachleistungen als auch monatliche Geldleistungen – das sogenannte Pflegegeld. Dieses beläuft sich derzeit auf folgende Beträge:
- Pflegegrad 1: 0 Euro
- Pflegegrad 2: 316 Euro
- Pflegegrad 3: 545 Euro
- Pflegegrad 4: 728 Euro
- Pflegegrad 5: 901 Euro
Pflegesachleistungen
- Pflegegrad 1: 0 Euro
- Pflegegrad 2: 724 Euro
- Pflegegrad 3: 1.363 Euro
- Pflegegrad 4: 1.693 Euro
- Pflegegrad 5: 2.095 Euro
Teilstationäre Tages- und Nachtpflege
- Pflegegrad 1: 0 Euro
- Pflegegrad 2: 689 Euro
- Pflegegrad 3: 1.298 Euro
- Pflegegrad 4: 1.612 Euro
- Pflegegrad 5: 1.995 Euro
Hier können Sie den Entlastungsbetrag bei Grad 1 für die teilstationäre Tages- und Nachtpflege verwenden.
Weitere Leistungen
Unabhängig davon stehen zudem monatlich jedem Pflegebedürftigen 125 Euro für Betreuungs- und Entlastungsleistungen, 40 Euro für Pflegehilfsmittel, 23 Euro für einen Hausnotruf sowie 214 Euro Wohngruppenzuschuss zu – sofern die einzelnen Posten nachweisbar sind. Ebenfalls unabhängig von der Pflegebedürftigkeit können für die Wohnraumanpassung, also den barrierefreien Umbau einmalig bis zu 4.000 Euro gewährt werden – je nach Erfordernissen.
Dazu kommen ab Grad 2 noch 1.774 Euro für die Kurzzeitpflege und 1.612 für die Verhinderungspflege, die jährlich zur Verfügung stehen.
Leistungen in der vollstationären Pflege
Für die vollstationäre Pflege stehen zusätzlich weitere Mittel bereit:
- Pflegegrad 1: 0 Euro
- Pflegegrad 2: 770 Euro
- Pflegegrad 3: 1.262 Euro
- Pflegegrad 4: 1.775 Euro
- Pflegegrad 5: 2.005 Euro
Bei Grad 1 können Sie den Entlastungsbetrag für die vollstationäre Pflege verwenden. Da die Kosten für ein Pflegeheim diese Beträge allerdings oft um ein Vielfaches übersteigen, sind erhebliche Eigenleistungen hier eher die Regel als die Ausnahme.
Pflegegrade Tabelle: Diese Grade gibt es
Die Beeinträchtigung der Selbstständigkeit bemisst sich dabei nicht nur nach körperlichen Faktoren. Auch die psychische Verfassung, das allgemeine Verhalten sowie die Fähigkeit, sich mitzuteilen, spielen eine große Rolle. Insgesamt gibt es fünf verschiedene Grade:
Pflegegrad 1
Hier werden Personen eingeordnet, die in ihrer Selbständigkeit nur geringfügig beeinträchtigt sind.
Pflegegrad 2
Diese Kategorie erfasst Personen, deren Selbständigkeit erheblich eingeschränkt ist.
Pflegegrad 3
Dies betrifft Versicherte, bei denen eine schwere Beeinträchtigung der Selbständigkeit vorliegt.
Pflegegrad 4
Bei Patienten in dieser Gruppe ist eine schwerste Beeinträchtigung der Selbständigkeit vorhanden.
Pflegegrad 5
Diese Einstufung erhalten nur Versicherte, deren schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen für die pflegerische Versorgung einhergeht.
Pflegegrad beantragen: So geht’s
Der Weg zur Eingruppierung läuft über Ihre Pflegekasse. Hier müssen Sie als Pflegebedürftiger beziehungsweise als pflegender Angehöriger zunächst ein Antragsformular ausfüllen und einreichen. Der weitere Ablauf ist dann folgender:
- Ein Gutachter nimmt Kontakt zu Ihnen auf und vereinbart mit Ihnen einen Begutachtungstermin.
- Bei diesem begutachtet der Mitarbeiter die Einschränkungen ermittelt die Pflegebedürftigkeit.
- Mit einem Punktesystem wird der Grad der Pflege berechnet.
- Die Pflegekasse teilt Ihnen in der Folge in einem Bescheid ihre Entscheidung per Post mit.
- Sofern die Pflegekasse bestimmte Leistungen nicht bewilligt oder die Eingruppierung Ihrer Meinung nach falsch vorgenommen hat, können Sie Widerspruch einlegen. Ein entsprechendes Formular können Sie sich hier kostenlos als WORD– oder PDF-Datei herunterladen.
- Andernfalls ist die Eingruppierung bindend. Sollte sich die Pflegebedürftigkeit verschlimmern, müssen Sie einen neuen Antrag stellen. Der sogenannte Höherstellungsantrag hat wiederum eine neue Prüfung zur Folge.
Der Prozess von Antragstellung bis zum Bescheid darf insgesamt nicht länger als 25 Tage dauern. Die Pflegeversicherung ist also in diesem Punkt schon von Gesetzes wegen dazu verpflichtet, schnell zu sein. Denn bei Fristüberschreitung droht der Pflegekasse eine Strafzahlung von 70 Euro pro begonnener Woche.
So verhalten Sie bei der Prüfung am besten
Viele ältere Menschen möchten sich dem Gutachter gegenüber von ihrer besten Seite zeigen. Doch das ist kontraproduktiv: Wer Schwierigkeiten beim Waschen, Anziehen oder gar Aufstehen hat, sollte nicht sauber und ordentlich am Tisch sitzen, sondern die Einschränkungen deutlich zeigen.
Andernfalls kann es sein, dass die Einteilung in einen niedrigeren Grad erfolgt. Daher einige Tipps für den Besuch des Gutachters für Angehörige und Pflegebedürftige:
- Unterstützung hinzuholen
Holen Sie sich zum Besuch des Gutachters eine Vertrauensperson hinzu. Dies kann ein Angehöriger, eine Pflegekraft oder auch der behandelnde Arzt sein. - Alltag abbilden
Zeigen Sie alltägliche Situationen wie zum Beispiel Trinken, Essen und Toilettengang. - Probleme schildern
Machen Sie den Gutachter auf Erschwernisfaktoren aufmerksam. So zum Beispiel Sinneseinschränkungen, Bewegungseinschränkungen, Inkontinenz, Schluckstörungen, Schmerzen, Behinderungen oder Vorerkrankungen. - Herausforderungen dokumentieren
Zeigen Sie räumliche Einschränkungen und die Notwendigkeit von Hilfsmitteln (Treppenlift, barrierefreie Badewanne oder ähnliches). Ein Pflegetagebuch über einen Zeitraum von ungefähr zwei Wochen kann hier helfen. - Wahrhaftigkeit zeigen
Verschweigen Sie nichts, aber erfinden Sie auch nichts hinzu. Haben Sie dabei keine Angst, sich zu blamieren und keine falsche Scham. Stehen Sie zu Unsicherheiten. - Unterlagen parat halten
Haben Sie zudem eine Liste der behandelnden Therapeuten und Ärzte griffbereit. - Rechte kennen
Lassen Sie sich nicht unter Zeitdruck setzen. Wenn nötig, bitten Sie um einen Zweittermin.
Pflegegrad ermitteln: Module der Einstufungskriterien
Für die Einteilung ist der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) verantwortlich. Er berechnet die Selbständigkeit des Pflegebedürftigen anhand eines Fragenkataloges. Entsprechend der Beantwortung werden Punkte nach einem bestimmten Punktesystem vergeben. Dabei bewertet er Bereiche aus insgesamt sechs Modulen:
Modul 1: Körperliche Mobilität
Bewertet wird die Fähigkeit zum Gehen und Treppensteigen sowie die Fähigkeit zum eigenständigen Positionswechsel im Bett oder zum aufrechten Sitzen.
Modul 2: Kommunikative und kognitive Fähigkeiten
Hier sind Fragen entscheidend wie: Kann der Patient sich noch klar verständigen und Bedürfnisse artikulieren? Ist seine Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt? Wie steht es um die räumliche und zeitliche Orientierung?
Modul 3: Allgemeines Verhalten
Hierunter fallen motorische und psychisch schwierige Reaktionen und Handlungen wie etwa aggressives, lautes Verhalten oder aber nächtliche Unruhe sowie depressive Verstimmungen.
Modul 4: Fähigkeit zur Selbstversorgung
Dieser Punkt berücksichtigt die Körperpflege also das Waschen und Zähne putzen sowie die Fähigkeit zum selbständigen An- und Ausziehen und der Zubereitung von Nahrung. Auch Toilettengänge beziehungsweise der Umgang mit Katheter im Falle von Inkontinenz fallen darunter.
Modul 5: Umgang mit der Situation
Hierunter ist vor allem der Umgang mit Krankheiten und ihren Folgen zu verstehen. Kann sich der Patient an die notwendige Medikation halten? Braucht er Unterstützung bei Arztbesuchen und Therapien?
Modul 6: Gestaltung des Alltags
Entscheidend ist in diesem Sektor, inwieweit der Patient seinen Tag noch selbst strukturieren kann. Eine große Rolle spielen dabei sozialen Kontakte zu anderen Menschen und Interaktionen mit der Umwelt.
Die Punktzahlen der einzelnen Bereiche werden anschließend addiert. Je mehr Punkte, umso höher der die Einordnung:
- 12,5 bis 27 Punkte: Pflegegrad 1
- 27 bis 47,5 Punkte: Pflegegrad 2
- 47,5 bis 70 Punkte: Pflegegrad 3
- 70 bis 90 Punkte: Pflegegrad 4
- 90 bis 100 Punkte: Pflegegrad 5
Zusätzliche Module für Pflegeberater
Außerdem beurteilen die Gutachter noch die außerhäuslichen Aktivitäten und die Haushaltsführung. Die Antworten zu diesen Lebensbereichen beeinflussen zwar nicht den Grad. Sie helfen jedoch den Pflegekassen, um entsprechende Informationen und Angebote bereitstellen zu können.
Gewichtung der Begutachtungskriterien
Die einzelnen Module werden unterschiedlich gewichtet, so dass eine hohe Punktzahl in einem Bereich nicht zwangsläufig zu einem hohen Pflegegrad führt. Unsere Grafik veranschaulicht die prozentuale Gewichtung der Module:
*Nur Modul 2 oder Modul 3 fließt in die Berechnung ein: Also entweder kommunikative und kognitive Fähigkeiten oder allgemeines Verhalten (Verhaltensweisen und psychische Problemlagen). Entscheidend ist hier der höhere der beiden Punktwerte.
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