Physiotherapie: Vielseitiger als gedacht

Was früher als einfache Krankengymnastik bekannt war, wurde mit der Zeit und zunehmenden technischen Möglichkeiten zu einem weitaus umfangreicheren Beruf: der Physiotherapie. Aber wie genau kann ein Physiotherapeut helfen und wann sollten Sie einen solchen aufsuchen? Wir beleuchten das weite Feld der Physiotherapie einmal näher und zeigen Ihnen, wie Sie den richtigen Physiotherapeuten für sich finden können.

Physiotherapie: Vielseitiger als gedacht

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Was ist Physiotherapie?

Physiotherapie kommt immer dann zum Einsatz, wenn der Körper in seiner Beweglichkeit und seinen mechanischen Funktionen eingeschränkt ist. Sie wird nach einer ärztlichen Diagnose verschrieben und ergänzt oder ersetzt gar andere Behandlungsmethoden wie Medikation oder Operation.

Zusätzlich zu den traditionellen heil- und krankengymnastischen Übungen zählen zur Physiotherapie noch deutlich mehr Bereiche wie zum Beispiel:

  • verschiedene manuelle Bewegungstherapien
  • Massagen und Lymphdrainagen
  • Aufbautraining
  • Osteopathie
  • Wärmebehandlung
  • Physikalische Behandlungsmethoden
  • Sensorische Behandlungsmethoden

Physiotherapie finden Sie in den meisten Fällen in niedergelassenen Praxen, bei denen die Patienten ein- oder mehrmals pro Woche ambulant verschiedene Anwendungen erhalten – je nach Bedarf und Rezept. Aber auch in Reha-Zentren und Krankenhäusern sind Physiotherapeuten im Einsatz.

Zudem gibt es die mobile Physiotherapie, für den Fall, dass der Patient in seinem aktuellen Zustand die eigenen vier Wände nicht verlassen kann. Hier kommen die Physiotherapeuten zu den Patienten nach Hause.

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Wogegen hilft Physiotherapie?

Physiotherapie betrifft den ganzen Körper. Das bedeutet, es gibt kaum eine mechanische Funktion, über die Physiotherapeuten nicht Bescheid wissen. Und auch die inneren Prozesse sind für ihre Arbeit wichtig: sei es der Blutkreislauf, der Stoffwechsel oder die Schmerzentwicklung.

So kommt die Physiotherapie besonders häufig bei folgenden Krankheitsbildern zum Einsatz:

  • Einschränkung des Stütz- und Bewegungsapparats
    Wenn ein Orthopäde feststellt, dass der mechanische Stütz- und Bewegungsapparat nicht mehr richtig funktioniert, können per Physiotherapie bestimmte Prozesse wieder hergestellt und aktiviert werden. Besonders häufig betrifft dies Rückenprobleme wie zum Beispiel einen Bandscheibenvorfall aber auch Rheuma, Knochenbrüche, Bänderverletzungen oder Fehlbildungen.
  • Einschränkungen des Nervensystems
    Bestimmte Nervenerkrankungen wie Multiple Sklerose, ALS, Lähmungen oder Rückenmarksverletzungen können zwar häufig nicht beseitigt werden, die Physiotherapie kann aber dabei helfen, besser damit umzugehen und ein eventuelles Fortschreiten einer Erkrankung zu verlangsamen. Auch die Reha nach einem Apoplex wird oftmals physiotherapeutisch begleitet.
  • Einschränkungen der Organfunktionen
    Bei Lungenerkrankungen kann die Physiotherapie dabei helfen, die Atmung besser zu trainieren und somit effektiver werden zu lassen. Außerdem können durch Lymphdrainagen verengte Gefäße therapiert und Schmerzen reduziert werden. Auch bei Darmerkrankungen kann die Physiotherapie helfen.
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Methoden der Physiotherapie

In der Physiotherapie wird eine Vielzahl an Methoden eingesetzt. Zunächst werden durch Massagen und Bewegungstechniken (teils komplett durch den Therapeuten, teils auch durch die eigene Kraft des Patienten oder mit einer leichten Unterstützung) verschiedene Bewegungen wieder aktiviert und Muskulatur aufgebaut. Diese mobilisierenden Techniken und Dehnübungen nennt man „manuelle Therapie“ und sind das Herzstück vieler physiotherapeutischen Behandlungen.

Im Werkzeugkoffer eines Physiotherapeuten finden sich aber noch ganz andere Möglichkeiten wie zum Beispiel:

  • Bei der Drucktherapie wird durch Aktivierung bestimmter Triggerpunkte an den Nervenbahnen ein Reflex ausgelöst, um die Muskeln zu aktivieren. Gleiches kann auch mittels Elektro- oder Ultraschalltherapie geschehen.
  • Durch die Thermotherapie sollen Schmerzkreisläufe unterbrochen und bestimmte Bewegungen wieder möglich werden. Hier kommen sowohl Wärme- als auch Kältebehandlungen zum Einsatz.
  • Durch Massagen wird die Muskulatur aktiviert aber auch Organe und andere Weichteile können so behandelt werden.
  • Anhand Übungen zur Rückenschule lernen die Patienten die korrekte Haltung und ein rückenschonendes Verhalten im Alltag. Auch Entspannungstechniken kommen hier zum Einsatz.
  • Bestimmte Geräte können den Muskelaufbau und das physiotherapeutische Training ebenfalls unterstützen. So kommen zum Beispiel Seilzüge, Krafttrainingsgeräte oder Fahrradergometer zum Einsatz aber auch der Gymnastikball oder das Theraband. Manchmal wird auch gegen den Wasserwiderstand gearbeitet (zum Beispiel bei der Aquagymnastik).
  • Das Anlegen von Kinesiotapes soll die Muskulatur aktivieren und die Durchblutung in bestimmten Körperregionen fördern. Dabei werden die bekannten bunten Klebebänder für einige Wochen auf die Haut geklebt (selbstverständlich werden diese regelmäßig gewechselt).
  • Bei der Atemtherapie lernt der Patient das effektive Atmen und gegebenenfalls das richtige Abhusten.
  • Mit dem Schlingentisch wird der Patient in einem Schwebezustand leicht gestreckt, was dazu führt, dass sich Verspannungen lösen und fehlgestellte Gelenke wieder in ihre natürliche Ausgangsstellungen zurückkehren können.
  • Die Therapie einer CMD (craniomandibuläre Dysfunktion, also einer Störung des Kauapparates) behebt Fehlstellungen im Kiefer, die zu Kopfschmerzen, Tinnitus beziehungsweise Zähneknirschen und Schlafstörungen führen können.
  • Mit einer Bindegewebs- beziehungsweise Faszienmobilisierung werden bestimmte osteopathische Heilprozesse angeregt. Dabei wird der Körper als Einheit betrachtet, vergleichbar dem Ansatz der TCM.

Unterschiedliche Ansätze in der Physiotherapie

Je nach Diagnose kommen also unterschiedliche Methoden zum Einsatz, teilweise auch in Kombination. Dabei spielen grundsätzlich drei verschiedene Ansätze eine Rolle:

  • Bei der aktiven Physiotherapie führt der Patient die Übungen aus.
  • Bei der passiven Physiotherapie führt der Therapeut die Bewegungen und Übungen aus.
  • Bei der assistierten Physiotherapie führt der Patient zwar die Übungen aus, wird aber durch Geräte oder den Therapeuten geleitet beziehungsweise geführt.

Tipp: So finden Sie einen guten Physiotherapeuten

Wer in einem Krankenhaus oder einer Reha-Einrichtung physiotherapeutisch betreut wird, kann sich selten aussuchen, mit wem er es zu tun bekommt. Doch die meisten Patienten werden ambulant betreut oder gar mobil.

Wenn Ihr Arzt Ihnen also ein Rezept für eine Physiotherapie ausgestellt hat, geht es nun darum, den für Sie geeigneten Therapeuten zu finden. Hier haben Sie nun die freie Wahl, bekommen also keinen bestimmten Therapeuten vorgeschrieben. Für Ihre Entscheidung spielen dabei verschiedene Aspekte eine zentrale Rolle:

  • Grundsätzlich sollte ein Physiotherapeut auf dem neuesten Wissensstand der Möglichkeiten sein. Die Physiotherapie entwickelt sich schnell weiter, das Know-How und die Fähigkeiten des Therapeuten sollten also nicht auf dem Stand der 90er sein.
  • Der Physiotherapeut sollte einen ganzheitliche Ansatz wählen. Eine Erkrankung geht nicht nur auf eine bestimmte Funktionsstörung zurück, sondern ist immer systemisch zu betrachten.
  • Die Ausstattung der Praxisräume sollte modern und auf dem aktuellsten technischen Stand sein. Lassen Sie sich ruhig alles zeigen. Zudem sollte die Privatsphäre gewährleistet sein und die Umgebung selbstverständlich sauber.
  • Da Ihnen Physiotherapeuten sehr nahe kommen, sollte die persönlich Wellenlänge und die Sympathie ebenfalls eine zentrale Rolle spielen. Bei großen Praxisgemeinschaften, sollten Sie darauf achten, stets den gleichen Therapeuten zu haben und nicht den, der jeweils gerade Zeit hat.
  • Der gewählte Therapeut sollte gut erklären können, was er tut und was Sie zu tun haben und vor allem auch: warum. Kommunikative Fähigkeiten sind also ein zentrales Element bei der Auswahl.
  • Außerdem spielen noch weitere, nur auf den ersten Blick profane, Aspekte eine große Rolle: Wie gut ist die Praxis erreichbar? Wie schnell erhalten Sie Termine? Wie ist die Urlaubsvertretung geregelt? Welche Wartezeiten gibt es?

Fragen Sie in Ihrem Freundes-, Familien- und Bekanntenkreis gerne nach Empfehlungen. Aufgrund von unserer Lebensweise (wenig Bewegung, viel Sitzen, falsche Ernährung) werden bereits mehr Menschen Physiotherapie in Anspruch genommen haben, als Sie denken.

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Risiken der Physiotherapie

Wenn die Übungen in der Physiotherapie korrekt ausgeführt werden, bestehen kaum Nebenwirkungen, von einem Muskelkater und etwas Müdigkeit vielleicht einmal abgesehen. Die Risiken ergeben sich erst, wenn Sie privat ebenfalls Übungen ausüben und sich mit der Zeit Unsauberkeiten und falsche Bewegungen einschleichen.

Im schlimmsten Fall können Heilungsprozesse konterkariert werden oder sich weitere Verletzungen ergeben. Viele führen außerdem die Übungen zu schnell aus, was Schwindel auslösen kann.

Daher ist es wichtig, dass Sie sich die Übungen für zuhause ganz genau zeigen lassen (auch mit den häufigen Fehlern, die es zu vermeiden gilt) und regelmäßig in der Physiotherapie-Stunde vorführen, damit gegebenenfalls eingegriffen und korrigiert werden kann.

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und informiert Sie nur allgemein. Er kann und soll eine medizinisch-ärztliche Beratung nicht ersetzen. Vor der Einnahme eines Medikamentes lesen Sie bitte die Packungsbeilage sorgfältig durch und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.

[Bildnachweis: Ambro Photo by Shutterstock.com]

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