Wann wird ein Rollstuhl gebraucht?
Im Normalfall helfen uns die eigenen Beine dabei, dorthin zu kommen, wohin wir wollen – zumindest, wenn es um das Überbrücken kleinerer Distanzen geht.
Aber nicht immer kann der Körper das leisten. Unfälle, Behinderungen von Geburt an oder Schwäche im Alter können dazu führen, dass die Beine den Dienst versagen. Hilfe kann dann ein Rollstuhl bieten. Dieses technische Hilfsmittel wird von manchen als Eingeständnis von Schwäche gesehen.
Tatsächlich ist es jedoch für viele die Möglichkeit, sich ihr Umfeld wieder zurückzuerobern. Sie sind nicht an den Rollstuhl gefesselt, sondern bedienen sich dieses Mittels, um ihre Freiheit beizubehalten. Dabei ist ein Rollstuhl im Gegensatz zum Rollator keine Gehhilfe, denn Sie gehen nicht damit. Vielmehr handelt es sich um eine sitzende Fortbewegung.
Unterschiedliche Arten von Rollstühlen
1,5 Millionen Menschen in Deutschland sind auf einen Rollstuhl angewiesen. Dementsprechend kennt die Vielfalt von Rollstühlen kaum Grenzen. Unterschieden werden können Rollstühle beispielsweise nach diesen Kriterien:
- Antriebsart
Ist er nur zum Schieben gedacht oder zur selbstständigen Fortbewegung durch den Nutzer? Ist der Rollstuhl elektrisch oder rein mechanisch? - Rahmen
Lässt sich der Rahmen falten? Können einzelne Bestandteile wie Rückenlehne und Räder für den Transport entfernt oder umgeklappt werden? Besteht er aus leichten oder schweren Materialien? - Einsatzmöglichkeit
Handelt es sich um einen Rollstuhl für den Transport oder den Hausgebrauch? Muss er zum Sport oder Duschen geeignet sein?
Welcher Rollstuhl sich für Sie eignet, ist von Ihren persönlichen Vorraussetzungen und Bedürfnissen abhängig. Die Körpergröße und das Gewicht spielen eine entscheidende Rolle bei der Auswahl, aber natürlich auch die Funktionen und das Einsatzgebiet. Oder anders gesagt: Nicht jedes Modell eignet sich für jeden Nutzer.
Rollstuhl kaufen: Wie viel kostet ein Rollstuhl?
Bei der Suche nach dem besten Rollstuhl ist in vielen Fällen nicht zuletzt der Preis entscheidend. Grundsätzlich unterscheiden die Krankenkassen vier unterschiedliche Modelle von Rollstühlen:
- Standardmodell
Bei diesem Rollstuhl handelt es sich um ein Transportmittel, dass selten auf den Dauergebrauch angelegt ist. Häufig ist er in Krankenhäusern, Flughäfen oder Pflegeheimen zu finden. Er dient meist nur dem Transport von A nach B. Die faltbaren Modelle sind relativ schwer und unflexibel, dafür robust. Es gibt sie bereits ab 270 Euro. - Leichtgewichtsrollstuhl
Ein Leichtgewichtsrollstuhl ist faltbar und leicht – wie der Name bereits vermuten lässt. Im Gegensatz zum Standardmodell wird er aus Aluminium gefertigt und wiegt zwischen 14 und 19 Kilogramm. Er kann bei Nichtgebrauch im Haushalt verstaut oder auf Autofahrten zusammengeklappt im Kofferraum transportiert werden. Die Kosten sind nur unwesentlich höher: ab circa 290 Euro sind die ersten Modelle erhältlich. - Multifunktionsrollstuhl
Der Multifunktionsrollstuhl bietet gegenüber dem Standardmodell den Vorzug, dass eine Liegeposition eingenommen werden kann. Er bietet eine Vielzahl an Einstellungsmöglichkeiten und ist daher für Menschen geeignet, die schwerst behindert und kaum zu Bewegungen fähig sind. Dieser Rollstuhl kommt oft in der Pflege zum Einsatz und wird daher auch als Pflegerollstuhl bezeichnet. Nachteil: Er ist schwer und sperrig und zum Transport im Auto eher ungeeignet. Die Kosten belaufen sich ab circa 900 Euro. - Aktivrollstuhl
Dieses oft als Adaptivrollstuhl bezeichnete Exemplar ist der Allrounder unter den Rollstühlen. Er eignet sich zum ständigen Einsatz und ermöglicht sowohl die Eigennutzung als auch das Schieben von Patienten beziehungsweise Angehörigen durch einen Begleiter. Vorsicht ist aufgrund der leichten Machart geboten: Er wiegt je nachdem nur sieben Kilogramm – kippt dadurch allerdings auch leicht um. Er liegt mit einem Preis ab ungefähr 1.000 Euro ungefähr in der Region des Multifunktionsrollstuhls.
Rollstuhl elektrisch oder manuell?
Noch gar nicht erwähnt wurde der Elektrorollstuhl. Der Vorteil ist, dass Sie damit unabhängig von anderen Menschen beziehungsweise der eigenen Muskelkraft sind. Mit einem elektrischen Rollstuhl sind Sie somit selbstständiger.
Speziell für den Innenbereich gibt es leichtere und wenigere Modelle. Trotzdem sind sie immer noch deutlich sperriger und schwerer als ein manueller Rollstuhl. Modelltypen für den Außeneinsatz sind noch deutlich schwerer und teurer. Schließlich benötigen Sie leistungsstarke Batterien, Beleuchtung und eine robuste Verarbeitung.
Grundsätzlich erhalten Sie einen Elektrorollstuhl ab circa 2.500 Euro. Nach oben sind preislich dann (fast) keine Grenzen gesetzt. Modelle für an die 10.000 Euro sind keine Seltenheit.
Eine Alternative stellen nachgerüstete Rollstühle dar. Entweder mit einem abnehmbaren batteriebetriebenen Motor oder mit einer dauerhaft montierten, elektrischen Schiebehilfe für schwergängiges Gelände. Ab 2.000 Euro ist dies möglich.
Welches sind die besten Rollstühle?
Welcher Rollstuhl für Sie am besten geeignet ist, müssen selbstverständlich Sie entscheiden. Da kann es keine Pauschalempfehlungen geben.
Damit Sie den für Sie richtigen Rollstuhl finden, sollten Sie darauf achten, wie er geformt und eingestellt ist. Nur dann fühlen Sie sich entsprechend wohl, empfinden den Rollstuhl als Stütze und können sich uneingeschränkt damit bewegen. Ein falsch eingestellter Rollstuhl kann im ungünstigsten Fall dazu führen, dass Sie bei dauerhafter Benutzung bestimmte Körperteile belasten und somit gesundheitliche Probleme hervorrufen.
Als wichtigste Kriterien gelten daher Ihre Größe, Gewicht sowie die Anforderungen. Das sollten Sie beachten:
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Sitzbreite
Der Abstand zwischen den beiden Armlehnen ist als Sitzbreite definiert. Genau richtig ist die Sitzbreite, wenn Sie weder zu großen Spielraum haben und hin- und her rutschen können, sich aber auch nicht wie eine Wurst eingequetscht fühlen.
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Sitztiefe
Für die Sitztiefe wird der Abstand zwischen Rückenlehne und Vorderkante der Sitzfläche gemessen. Entscheidend ist, wie Ihre Oberschenkel auf der Sitzfläche liegen – diese sollte weder bereits in der Mitte enden, noch sollte die Kante in den Kniekehlen einschnüren. Ist die Sitzfläche zu lang, kann es außerdem passieren, dass Sie wegrutschen – ist sie hingegen zu kurz, werden Beine und Oberschenkel belastet.
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Rückenhöhe
Gemessen wird zwischen der Oberkante der hinteren Sitzfläche und der Rückenlehne. Eine optimale Rückenhöhe ist gegeben, wenn die Rückenlehne des Rollstuhls maximal ein bis zwei Zentimeter unter Ihrem Schulterblatt endet. Entscheidend für die richtige Einstellung der Rückenlehne ist, dass Sie einerseits genügend Halt und andererseits ausreichend Bewegungsfreiheit haben, um etwa die Greifreifen an Ihren Rädern bedienen zu können.
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Sitzhöhe
Als Sitzhöhe gilt der Abstand zwischen Boden und Sitzfläche des Rollstuhls. Hierbei ist ein Sitzgefälle zu beachten, dass sich aus der unterschiedlichen vorderen und hinteren Sitzhöhe ergibt. Für die optimale Sitzhöhe gilt, dass unter dem Fußbrett drei Zentimeter Platz sein müssen und Ihre Handinnenflächen auf Höhe der Radnabe liegen, wenn Sie sie die Arme herabfallen lassen.
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Sitzposition
Die richtige Sitzposition nehmen Sie ein, wenn Sie sich mit aufrechtem Rücken und Becken auf der Sitzfläche befinden und an die Rückenlehne angelehnt sind. Bei aufgestützten Füßen sollten Ihre Ober- und Unterschenkel im rechten Winkel zueinander stehen.
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Reifen
Zur Auswahl stehen Vollgummireifen oder luftgefüllte Reifen. Vollgummireifen sind naturgemäß pannensicher. Der Rollwiderstand ist jedoch höher. Das macht die günstigen Reifen äußerst unkomfortabel und schwergängig. Im Gegensatz dazu halten luftgefüllte Reifen länger, da sie abriebfester sind. Zudem sind sie leichter und flexibler handhabbar.
Rollstuhl für die Wohnung: Breite entscheidend
Wer seinen Rollstuhl nur für die Wohnung braucht, braucht nicht zwingend ein Modell, das faltbar und leicht ist. Viel entscheidender ist die Gesamtbreite des Stuhls, um damit überall hin zu kommen.
Die schmalsten Modelle beginnen bei etwa 50 Zentimetern Sitzbreite. Mit Armlehnen und Rädern müssen Sie mit einer gesamten Breite von 67 bis 75 Zentimetern rechnen.
Schwerere Menschen greifen im eigenen Heim gerne zu sogenannten XXL-Rollstühlen. Diese bieten eine Sitzbreite von 70 oder sogar mehr Zentimetern. Die Gesamtbreite kann dementsprechend bis zu einem Meter reichen.
Rollstuhl gebraucht = Rollstuhl auf Rezept?
Ein guter Rollstuhl kann schnell ins Geld laufen. Stellt sich die Frage: Wie bekomme ich einen Rollstuhl von der Krankenkasse? Ihr Arzt muss zunächst feststellen, dass Sie ohne einen Rollstuhl weitestgehend in Ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind, bevor ein Rezept ausgestellt wird.
Liegt ein solches Rezept vor, wird das beim Sanitätshaus eingereicht. Das setzt sich mit Ihrer Krankenkasse in Verbindung und klärt die Kostenübernahme. Für Sie ist die gesetzliche Zuzahlung von zehn Euro zu zahlen – sofern Sie sich für ein angemessenes Modell entscheiden.
Das bedeutet, dass Sie von der Krankenkasse meist ein bereits gebrauchtes Standardmodell erhalten werden. Dieses ist gereinigt und gewartet und erfüllt alle Bedingungen der Grundversorgung. Es handelt sich dabei um eine Leihgabe. Das heißt, der Rollstuhl bleibt im Besitz der Krankenkasse. Sie kommt daher für mögliche Ersatzteile und Reparaturen auf.
In dem Moment, wo Sie den Porsche unter den Rollstühlen oder einfach nur ein abweichendes Modell wollen, wird Ihnen auf Grundlage des Rezepts ein Zuschuss durch die Krankenkasse gezahlt. Die Differenz zum Rechnungsbetrag müssen Sie aus eigener Tasche zahlen.
Dadurch, dass Sie eine Eigenbeteiligung haben, erwerben Sie den Rollstuhl – es handelt sich folglich nicht mehr um eine Leihgabe. Inwieweit Ihre Krankenkasse hier für Wartungs- und Reparaturkosten aufkommt, sollten Sie vorab klären.
Rollstuhl leihen und mieten
Wer seinen Rollstuhl nur vorübergehend braucht, etwa weil er oder sie kurzfristig durch einen Sturz außer Gefecht gesetzt ist, kann ihn sogar leihen beziehungsweise mieten. Gerade in Großstädten bieten Sanitätshäuser oft einen Rollstuhlverleih an.
Die Kosten belaufen sich auf fünf Euro pro Tag für einen einfachen Faltrollstuhl über 15 Euro für einen Elektrorollstuhl bis hin zu 50 Euro für ein Elektromobil.
Manche Sanitätshäuser bieten Pauschalpreise für eine bestimmte Dauer an, beispielsweise 7,50 Euro für einen normalen Rollstuhl am Tag, aber 20 Euro am Wochenende und 25 Euro pro Woche.
Nutzung von Rollstühlen: Treppen und Rollstuhlrampe
An die Nutzung von einem Rollstuhl muss man sich erst gewöhnen. Dies gilt vor allem dann, wenn es bergauf geht. Eine Rollstuhlrampe hinauf zu rollen, erfordert schon etwas Übung und Kraft.
Am besten ist es, eine Begleitperson dabei zu haben. Sprechen Sie mit dieser Ihre Bedürfnisse genau ab und sagen Sie, wo, wie und wann Sie Hilfestellungen benötigen.
Dies gilt erst recht für Treppen. Hier müssen Rollstuhlfahrer rückwärts hinauf gezogen werden. Spezielle Treppensteiger können dabei eine Hilfe sein. Gleiches gilt für Treppenraupen. Für beides benötigen Sie jedoch ebenfalls Hilfe. Ganz ohne Hilfestellung geht es nur mit einem Treppenlift.
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