Warum uns das Sitzen schadet
Dass Sitzen schädlich ist, davon ging man lange Zeit nicht aus. Schließlich ist das Sitzen eine entspannte Grundhaltung des Menschen. Schon in der Steinzeit saßen wir um das Lagerfeuer herum.
Doch wie so oft macht die Menge das Gift. Wer nur hin und wieder sitzt, wird dadurch keine Beeinträchtigung haben. Aber in unserer heutigen Gesellschaft sitzen wir fast nur noch. Und das ein Leben lang:
- Auf der Schulbank
- Im Büro
- Im Auto
- Beim Essen
- Vor dem Fernseher oder dem Computer
- Im Nah- und Fernverkehr
Oft bewegen wir uns von einem Ort zum anderen im Sitzen. Und das ist eben genau der Unterschied zu unseren Vorfahren. Wir sitzen im Durchschnitt knapp acht Stunden täglich. Mehr als die Hälfte aller Deutschen sitzt pro Tag sogar wesentlich länger. Dabei ist die Tendenz beängstigend steigend. Je mehr die Digitalisierung zunimmt, umso mehr sitzen wir auch und umso weniger bewegen wir uns.
Darauf ist weder unser Herz-Kreislauf-System, noch unser Bewegungsapparat ausgelegt. Langes Sitzen verbrennt nicht nur kaum Kalorien und sorgt so für Übergewicht, sondern schadet auch Muskeln, Venen und der Körperhaltung.
Was zu langes Sitzen mit uns macht
Wer lange Zeit am Stück sitzt, merkt es meist selbst: Der Rücken tut weh, die Beine schwellen an und fühlen sich schwer an, die Augen brennen und wir fühlen uns müde und schlapp. Zu viel Sitzen verändert unseren Körper:
- Herz-Kreislauf-System
Je länger wir sitzen, umso weniger bewegen wir uns. Diese Bewegung ist allerdings wichtig, um unser Herz-Kreislauf-System in Schwung zu halten und Krankheiten wie Apoplex oder Herzinfarkt vorzubeugen. Denn nur, wenn wir uns bewegen, verbrennen wir ausreichend Kalorien, damit wir kein Übergewicht ansetzen, was diese Erkrankungen begünstigt. Bluthochdruck und die Stoffwechselerkrankung Diabetes sind zudem weitere Folgen von zu viel Sitzen. - Muskulatur
Wenn wir zu lange in einer Haltung verweilen, verkümmern die Muskeln, die dafür nicht benötigt werden. Die Folge sind Fehlhaltungen, beispielsweise in dem die Bauchmuskeln zu wenig trainiert werden. Diese Fehlhaltungen führen zu weiteren Schäden, insbesondere im Rücken. Ein Bandscheibenvorfall beispielsweise kommt gerade bei Menschen, die viel sitzen, häufig vor. Aber auch Schulterschmerzen sind nicht selten. - Gelenke
Nicht nur die Muskulatur wird einseitig durch das Sitzen belastet. Auch unsere Gelenke leiden. Gerade Hüftgelenke sind dabei besonders beansprucht. So kann zu langes und zu häufiges Sitzen einer Arthrose Vorschub leisten und mit der Zeit sogar ein künstliches Hüftgelenk nötig machen. - Psyche
Regelmäßige Bewegung an der frischen Luft gehört für uns Menschen dazu wie das Atmen, damit wir uns gesund und ausgeglichen fühlen. Wenn wir sitzen, tun wir dies aber meist drinnen. Wir sehen kaum Tageslicht. Das verändert auch unsere Psyche. Krankheiten wie eine Depression können daher bei Vielsitzern eher ausbrechen als bei Menschen, die sich häufig draußen bewegen. - Venen
Sitzen lässt das Blut leichter in Beinen versacken. Dadurch werden die Beinvenen stärker strapaziert, was mit der Zeit dazu führen kann, dass sich Thrombosen oder Krampfadern bilden können. Auch die Haut kann sich verändern und das Bindegewebe sich entzünden. - Organe
Langes Sitzen schadet auch unserer Verdauung. Der Darm wird auf Dauer sozusagen unnatürlich eingeklemmt. Auch die Lunge wird gequetscht. Eine flache Atmung ist die Folge. Dies zieht wiederum Müdigkeit und ein nachlassendes Immunsystem nach sich.
So sitzen Sie richtig
Wer es nicht vermeiden kann, viel zu sitzen, der sollte zumindest einige Tipps beherzigen, um die Wahrscheinlichkeit der oben genannten Krankheiten zu reduzieren:
- Nutzen Sie als Ausgangsposition die komplette Sitzfläche Ihres Stuhls sowie die Rückenlehne voll aus. Sie sollten aufrecht sitzen, das Becken leicht nach vorne beugen und die Sitzknochen (die sogenannten „Sitzhöcker“) spüren.
- Wenn Sie am Schreibtisch sitzen, achten Sie darauf, dass Ihre Unterarme auf dem Tisch bequem aufliegen können und dabei mindestens einen 90-Grad-Winkel bilden. Der selbe Winkel gilt übrigens auch für die Beine, die stabil auf dem Boden sein sollten.
- Innerhalb dieser Grundhaltung sollten Sie dynamisch variieren. Bewegen Sie sich auf dem Stuhl rück- aber auch seitwärts, achten Sie jedoch dabei immer darauf, die natürliche Doppel-S-Haltung der Wirbelsäule nicht zu vernachlässigen.
- Unterbrechen Sie das Sitzen regelmäßig. Orthopäden empfehlen pro Stunde maximal 40 Minuten zu sitzen, 15 Minuten zu stehen und fünf Minuten zu gehen. Dies ist weitaus effektiver für den Organismus als eine Stunde Sport nach Feierabend.
Im Übrigen haben Untersuchungen ergeben, dass angeblich gesunde Sitzgelegenheiten wie Gymnastikball oder Kniestuhl bei weitem überschätzt werden. Ein guter Büro- und Arbeitsstuhl ist immer noch die beste Sitzalternative, auch und vor allem im Vergleich zu einer Couch oder einem weichen Sessel, in dem Sie versinken.
Tipps: Das können Sie bei langem Sitzen tun
Das Beste ist natürlich, langes Sitzen zu vermeiden. Für viele gibt es dazu aber nur wenig Alternativen. Doch es gibt schon kleine Tipps, die Sie in den Alltag einbauen können und die schon viel bringen:
- Nutzen Sie öfters mal das Rad oder gehen Sie zu Fuß anstatt das Auto zu nehmen.
- Nutzen Sie die Treppe anstatt Fahrstuhl oder Rolltreppe.
- Machen Sie öfters einen kleinen Spaziergang.
- Bewegen Sie sich auch zuhause öfters, zum Beispiel in Sie sich um Garten- oder Hausarbeit kümmern.
- Machen Sie regelmäßig Gymnastik, Krafttraining und Dehnübungen.
- Lernen Sie Entspannungstechniken wie beispielsweise Yoga oder Meditation.
- Lassen Sie regelmäßig einen Arzt ihre Körperhaltung, sowie Ihre Blutwerte überprüfen.
- Wenn Sie sitzen, dann achten Sie darauf, sich dabei nicht vorne gebeugt zu halten.
- Nutzen Sie spezielle Rückenstreckhilfen. Diese Gurte werden meist wie ein Rucksack angezogen, ziehen Sie in eine aufrechte Haltung und trainieren so die Muskulatur.
- Achten Sie auf Ihre Schlafposition. Diese sollte nicht mit angezogenen Beinen erfolgen, wenn Sie diese Haltung tagsüber beim Sitzen ohnehin schon einnehmen.
Bedeutung des Sitzens
Sitzen ist nicht nur negativ. Über Jahrhunderte hat sich das Sitzen auch zu einem gesellschaftlichen Bedeutungsfaktor entwickelt. Lange galt: Wer viel sitzen konnte, war privilegiert. Vieles davon hat sich bis heute gehalten:
- Das Sitzen auf dem Thron war ein Herrschaftssymbol, während die Untertanen gezwungen waren, zu stehen oder zu knien. Gleiches gilt heute vor Gericht, wenn sich alle Anwesenden erheben, wenn der Richter eintritt.
- Bei kulturellen Veranstaltungen ist heute noch ein Sitzplatz erheblich teuerer als ein Stehplatz.
- Entscheidungsträger oder Persönlichkeiten in leitenden Positionen werden immer noch als VorSITZENde bezeichnet. Gleiches gilt für den Sitz eines Unternehmens oder den Sitz, den die Abgeordneten im Parlament erhalten.
- Bis heute gilt das Sitzen im persönlichen Umgang noch als eine Art Höflichkeitsgeste. Sitzen bedeutet: „Ich nehme mir Zeit für dich.“ Gleiches gilt für das Anbieten eines Sitzplatzes.
- Wer sich in einer Gaststätte hinsetzt, signalisiert damit die verbindliche Absicht, etwas zu bestellen.
Was andere Leser noch gelesen haben
- Seniorenmöbel: Alltagsunterstützung mit Stil
- Physiotherapie: Vielseitiger als gedacht
- Gesundheitsapps: Anwendungen für Ihr Smartphone
- Beckenbodentraining: Wichtig für Frau UND Mann
- Nordic Walking: So halten Sie Ihren Körper fit
- Wandern: Raus in die Natur
- Schwimmen: So steigert es Ihre Fitness