Definition Sterbehilfe: Was ist das?
Ist jeder Tag mit Schmerzen und Qual verbunden, kann es sein, dass sich ein Mensch Hilfe beim Sterben wünscht. Sterbehilfe kann sich dann einerseits in der Sterbebegleitung und emotionalen Unterstützung eines Sterbenden zeigen. Häufiger jedoch versteht man darunter eine Form der Tötung beziehungsweise des in Kauf genommenen Todes unter bestimmten Voraussetzungen.
Sterbehilfe unterscheidet sich von Mord oder Totschlag vor allem dadurch, dass sie den ausdrücklichen Wunsch des Sterbenden voraussetzt. So betrachtet lässt sich Sterbehilfe als verlängerter Suizid verstehen. Denn der Sterbende ist meist nicht (mehr) in der Lage, seinem Leben selbst ein Ende zu setzen. In diesem Fall bedeutet Sterbehilfe einen Eingriff in den Sterbeprozess. Ziel ist dabei, diesen Prozess vorzeitig zu beenden und damit dem Willen des Sterbenden nachzukommen.
Sterbehilfe: Arten und Unterscheidungen
Sterbehilfe kann sich völlig unterschiedlich gestalten und wird von verschiedenen Parteien daher auch unterschiedlich bewertet. Meistens unterscheidet man diese vier Formen:
Aktive Sterbehilfe: Verabreichung tödlicher Mittel
Als aktive (oder direkte) Sterbehilfe gilt, wenn der Tod gezielt und absichtlich durch eine andere Person herbeigeführt wird. Dies kann durch die Injektion oder Verabreichung eines tödlich wirkenden Medikaments geschehen. Diese Form ist als „Tötung auf Verlangen“ in Deutschland (§ 216 des Strafgesetzbuches, StGB) und Österreich (§ 77 des Strafgesetzbuches) verboten und wird mit bis zu fünf Jahren bestraft. Gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass der Betroffene sich zuvor (beispielsweise durch eine Patientenverfügung) für die Sterbehilfe ausgesprochen hat, wird die Herbeiführung des Todes als Totschlag oder Mord bewertet.
Passive Sterbehilfe: Sterben lassen
Werden lebensverlängernde Maßnahmen in Abstimmung mit dem Patienten unterlassen, ist von passiver Sterbehilfe die Rede. Darunter fällt beispielsweise die Gabe bestimmter, notwendiger Medikamente, Nahrung und Flüssigkeit, aber auch Beatmung oder Wiederbelebung. Da der Begriff sprachlich ungenau ist, bevorzugen verschiedene Organisationen stattdessen „Sterbenlassen“, denn vom Patienten als nutzlos oder unerwünscht erachtete Behandlungen werden erst gar nicht angewandt.
Indirekte Sterbehilfe: Pallative Sedierung
Bei der indirekten Sterbehilfe wird durch die Gabe bestimmter Schmerz- und Beruhigungsmittel ein verkürzter Sterbeprozess in Kauf genommen. Vor allem für Betroffene, die unter großen Schmerzen, Luftnot und/oder Angst leiden, können so die Beschwerden genommen werden. Diese Form der Sterbehilfe gilt auch als palliative oder terminale Sedierung. Die Patienten befinden sich in der letzten Lebensphase vor dem Tod bedingt durch die Medikamente meist in einem Dämmerzustand.
Beihilfe zum Suizid: Beschaffung tödlicher Mittel
Als Sonderform der Sterbehilfe gilt die Beihilfe zum Suizid. Sie erfolgt, indem den Betroffenen auf deren ausdrücklichen Wunsch ein Mittel zur Verfügung gestellt wird, das den Tod herbeiführt (auch als „assistierter Suizid“ bezeichnet). Da in Deutschland der Suizid nicht unter Strafe gestellt wird, ist auch die Beihilfe dazu grundsätzlich nicht strafbar. Problematisch kann die sogenannte Garantenpflicht werden. Demnach ist ein Suizidbegleiter zur Hilfeleistung verpflichtet, wenn der Sterbewillige infolge des Suizids sein Bewusstsein verliert. Liegt eine Patientenverfügung vor, kann von einer Strafverfolgung des Sterbebegleiters wegen unterlassener Hilfeleistung abgesehen werden.
Sterbehilfe in Deutschland: Das sagt das Gesetz
Direkte Sterbehilfe ist in Deutschland verboten. Auch die anderen Arten der Sterbehilfe sind strengen Auflagen unterworfen. Zu groß ist die Angst vor Missbrauch. Das Erbe aus nationalsozialistischer Zeit führt zu einem sehr sensiblen Umgang mit dem Thema. Daher vermeidet man den vorbelasteten Begriff „Euthanasie“ hierzulande bewusst.
Das im Gesetz verankerte Tötungsverbot und der Hippokratische Eid (eigentlich nur ein Ehrenkodex) stellen Ärzte vor ein Dilemma. Ihr Berufsstand soll Menschen helfen, nicht schaden. Andererseits besteht die ärztliche Verpflichtung nicht unter allen Umständen. Ärzte können unter diesen Bedingungen die Behandlungen unterlassen:
- Ineffektive Behandlungsmethode
- Zweifelhafte Wirksamkeit
- Großes Leid bei Anwendung
Diese Bestimmungen eröffnen Ärzte einen gewissen Spielraum bei der Dosierung von Medikamenten. Erlaubt sind damit passive und indirekte Sterbehilfe.
Assistierter Suizid in Deutschland rechtlich schwierig
Das Karlsruher Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2020 der Beschwerde diverser Patientenorganisationen, Privatleuten und Ärzten stattgegeben. Die hatten gegen eine gesetzliche Verschärfung geklagt, die vor wenigen Jahren eingeführt wurde. Danach war die „geschäftsmäßige“ Förderung zur Selbsttötung nach § 217 StGB verboten worden. Als geschäftsmäßig galt, wenn jemand regelmäßig und planmäßig diese Suizidhilfe anbot – auch ohne Erwerbs- oder Gewinnabsichten.
Gedacht als Patientenschutz, brachte diese Verschärfung Ärzte und ehrenamtliche Helfer von Sterbevereinen gleichermaßen in die Bredouille. Diese Verschärfung gilt zwar nicht mehr. Gleichzeitig ist die Politik gefragt, die Sterbehilfe gesetzlich neu zu regeln. Denn die Beihilfe zum Suizid ist nach wie vor eine rechtliche Grauzone.
Sterbehilfe Schweiz: Was ist erlaubt?
Andere Länder handhaben Gesetze zur Sterbehilfe unterschiedlich. Zwar ist die aktive Sterbehilfe in der Schweiz ebenfalls verboten und strafbar (Art. 114 des Strafgesetzbuches), Schwerkranke können sich jedoch an Freitodbegleitungen wenden, wie beispielsweise „Exit“.
Allerdings ist die Beihilfe zum Suizid möglich. Voraussetzung dafür ist zuvor eine eingehende körperliche und psychologische Prüfung. Dem Sterbewilligen wird in einem würdevollen Umfeld ein Giftcocktail zur Verfügung gestellt, der ihn sanft einschlafen lässt. In Schweden ist außerdem die Beihilfe zum Suizid legal, wenn sie durch eine Privatperson erfolgt.
Sterbehilfe: Niederlande und Belgien mit Sonderweg
Die Beneluxstaaten – insbesondere die Niederlande und Belgien – sind deutlich liberaler bei aktiver Sterbehilfe: Tötung auf Verlangen bleibt dort straffrei. Gleiches gilt für Spanien, auch hier ist der assistierte Suizid für Patienten möglich. Die Niederlande räumen je nach Alter bereits Minderjährigen zwischen zwölf und 18 Jahren das Recht auf selbstbestimmtes Sterben ein. Seit wenigen Jahren erlaubt Belgien sogar die aktive Sterbehilfe für unheilbar kranke Minderjährige jeden Alters.
Sofern Eltern und Arzt dem Wunsch zustimmen und ein Psychologe miteinbezogen wird, dürfen Kinder somit selbst über ihr Leben entscheiden. Und auch in Portugal ist derzeit ein Gesetz in der Prüfung, das die aktive Sterbehilfe gestattet. In Spanien dürfen bereits Ärzte diese unter bestimmten Voraussetzungen vornehmen.
Fragen der Ethik bei Sterbehilfe
Die Frage nach dem tatsächlichen Willen des Sterbenden ist nicht immer zweifelsfrei geklärt. Gegner der Sterbehilfe führen an, dass selbst bei nachweislichem Sterbewunsch diese Äußerung Zeichen einer Depression sein kann. Das Leben und so auch der Tod sind eine höchstpersönliche Angelegenheit. Befürworter der Sterbehilfe halten daher das Recht auf Selbstbestimmung hoch.
Aus kirchlicher Sicht wird die aktive Sterbehilfe klar abgelehnt. Darin sind sich sowohl katholische als auch evangelische Kirche einig. Anders sieht es mit der indirekten Sterbehilfe aus. Gibt es die Möglichkeit, einem Menschen in seiner letzten Lebensphase die Schmerzen zu erleichtern, kann dies aus ethischer Sicht gerechtfertigt sein. Entsprechende Äußerungen liegen sowohl von Papst Pius XII. als auch von Papst Johannes Paul II. vor.
Recht auf selbstbestimmtes Sterben
Für Sterbewillige geht es vor allem um die Frage, inwieweit ein Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben existiert und welche Möglichkeiten damit einhergehen. Denn gerade wenn Patienten in ihren Handlungen körperlich eingeschränkt sind, sind sie auf die Hilfe Dritter – in dem Fall Ärzte und Sterbebegleiter angewiesen. Nicht jeder hat noch Angehörige beziehungsweise nicht jeder nahe Angehörige kann den Wunsch nach Sterbehilfe erfüllen.
Für Ärzte hingegen kommt es vor allem auf Rechtssicherheit an. Würde die wiederholte Beihilfe zum Suizid als „geschäftsmäßig“ eingeschätzt, würde es bedeuten, dass sie sich strafbar machen. Selbst wenn sie moralisch einwandfrei und auf Wunsch des Patienten handeln.
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Wichtiger Hinweis
Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und informiert Sie nur allgemein. Er kann und soll eine medizinisch-ärztliche Beratung nicht ersetzen. Vor der Einnahme eines Medikamentes lesen Sie bitte die Packungsbeilage sorgfältig durch und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.