Trauerbewältigung: Phasen, Hilfe & Tipps

Die Trauerbewältigung beim Verlust eines geliebten Menschen verläuft ganz individuell. Manchmal dauert es Monate, manchmal Jahre. Dabei durchlaufen sie bestimmte Phasen, bis sie schließlich den Tod akzeptieren und zu sich selbst zurückfinden. Um Sie dabei zu unterstützen, erhalten Sie in diesem Artikel Hilfestellungen, Tipps sowie Informationen zu Ansprechpartnern und Anlaufstellen…

Trauerbewältigung: Phasen, Hilfe & Tipps

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Was ist Trauerbewältigung?

Trauerbewältigung ist ein Vorgang, in dem Menschen den Tod verarbeiten. Die Trauer ist unsere menschliche Reaktion auf den Tod eines geliebten Menschen. Sie ist Verlusterfahrung, Schmerz, Schock und ein Chaos der Gefühle.

Die Konfrontation mit dem Tod ist ein tiefgreifender Einschnitt in das Leben. Für die Hinterbliebenen teilt er das Leben in ein Davor und ein Danach. Sie stehen vor der Herausforderung, zu verarbeiten, was passiert ist und ihre Trauer zu bewältigen.

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Trauerbewältigung Psychologie: Phasen der Trauer

Trauer ist individuell und folgt keinem Schema. Um den Trauerprozess dennoch zu beschreiben, haben Trauerforscher und Psychologen verschiedene Modelle entwickelt. Diese Modelle fassen Verhaltensweisen und Gemeinsamkeiten zusammen, die viele Trauernde zeigen, während sie den Verlust des Verstorbenen verarbeiten. Eines der bekanntesten Modelle stammt von der Schweizer Psychologin Verena Kast. Sie teilt den Trauerprozess in vier Phasen:

Trauerbewaeltigung Phasen Kast Psychologie

1. Phase: Nicht-wahrhaben-Wollen

Anfangs steht der Hinterbliebene unter Schock. Der geliebte Mensch nicht mehr da. Das will der Hinterbliebene nicht wahrhaben. Er versucht der Situation zu entkommen, in dem er verdrängt, was passiert ist.

2. Phase: Aufbrechende Emotionen

In dieser Phase realisiert der Trauernde den Verlust. Diese Erkenntnis löst Gefühlschaos aus, Wut und Trauer wechseln sich ab. Nicht selten mischen sich Schuldgefühle in diese Emotionen. Der Hinterbliebene gibt sich die Schuld für den Tod und fragt sich, ob er diesen hätte verhindern können.

3. Phase: Suchen und sich Trennen

Mit der Zeit findet der Trauernde den Verstorbenen in vielen kleinen Alltagssituationen wieder. Er erinnert sich, durchlebt noch einmal gemeinsame Erlebnisse. Manche führen sogar Zwiegespräche mit dem Verstorbenen. In Phase 3 fällt die Entscheidung, wie der Trauernde fortan mit der Situation umgeht. Ob er bereit ist, loszulassen und sich von dem Verstorbenen zu trennen oder ob er in seiner Trauer verharrt.

4. Phase: Neuer Selbst- und Weltbezug

In dieser Phase akzeptiert der Hinterbliebene den Verlust. Trauer und Schmerz sind nicht mehr dominant. Der Hinterbliebene beginnt, nach vorne zu schauen und seine Zukunft aktiv zu gestalten.

4, 5 oder 7 Phasen?

Die Phasen lassen sich nicht klar voneinander trennen. Es gibt Trauernde, die alle Phasen nacheinander durchlaufen. In anderen Fällen überlappen sich die Phasen oder der Trauernde wechselt zwischen den Phasen hin und her. Wiederum Dritte verhalten sich ganz anders als von Verena Kast beschrieben.

Daher haben verschiedene andere Forscher sich ebenfalls mit dem Trauerprozess auseinandergesetzt. Die schweizerisch-amerikanische Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross machte beispielsweise fünf Trauerphasen aus. Die benannte sie mit Leugnen, Wut, Feilschen & Verhandeln, Depression, Annahme. Der amerikanische Psychologe George A. Bonanno entwickelte das 7-Phasenmodell. Er betont, dass diese Phasen keine starren Zeiträume darstellen. Vielmehr kämpfe sich die Trauer wie in Wellen nach oben und wechsle sich dort mit positiven Gefühlen ab.

Körperliche und psychische Anzeichen für Trauer

Während der Trauerphasen zeigen viele Trauernde typische körperliche und psychische Reaktionen. Auch hier gilt: Nicht jeder Trauernde zeigt diese Reaktionen. Ob und welche Reaktionen auftreten, ist ganz individuell:

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Tipps: 10 Maßnahmen zur Trauerbewältigung

Manche Menschen fallen im Trauerfall in eine Schockstarre, andere stürzen sich in die Arbeit. Wie jemand mit Trauer umgeht, hängt von der Persönlichkeit, der Lebenssituation, dem sozialen Umfeld, der eigenen Resilienz oder dem Bezug zum Tod ab. Weil jeder Mensch anders trauert, gibt es auch kein Patentrezept zur Trauerbewältigung. Wir haben verschiedene Anregungen gesammelt, die viele Trauernde als hilfreich empfinden. So können Sie probieren, was zu Ihnen passt.

1. Annahme

Manch einer empfindet Scham für seine Trauer, möchte sie am liebsten verdrängen. Unangenehme Gefühle anzunehmen, ist jedoch Teil der Trauerbewältigung. Weinen Sie, wenn Ihnen danach zumute ist. Es hilft beim Stressabbau und reinigt die Seele. Aber ebenso sind Zorn oder Dankbarkeit in Ordnung. All das ist ein wichtiger Teil Ihrer Psychohygiene.

2. Abschied

Viele Bestatter bieten die Möglichkeit einer offenen Aufbahrung oder einer Totenwache. Auf diese Weise können Hinterbliebene den Verstorbenen noch einmal sehen, mit ihm sprechen, ihn berühren und sich ganz persönlich verabschieden. Es hilft dabei zu akzeptieren, dass der geliebte Mensch nicht mehr zurückkehrt. Es ist ein wichtiger Schritt des Loslassens.

3. Trauerfeier

Trauerfeiern – ob kirchlich oder von professionellen Trauerrednern gestaltet – erinnern an das Leben des Verstorbenen, feiern die Person und sein Leben. Sie können durch Geschichten von der Familie, Freunden und Bekannten oder durch Musik ergänzt werden. In vielen Ländern ist eine Trauerfeier ein richtiges Fest. Der Anlass ist zwar traurig, doch die Menschen feiern, essen und lachen zusammen.

4. Gespräche

Vielen Menschen hilft es, darüber zu sprechen, was passiert ist. Gespräche mit der Familie, Freunden oder auch Trauerbegleitern und Psychologen können dabei helfen, die eigenen Gefühle zu sortieren. Alles, was einen belastet, kann man sich von der Seele reden.

5. Gebete

In dieser schwierigen Zeit suchen viele Menschen Zuflucht in ihrem Glauben. Durch Beten und Zwiegespräche mit ihrem Gott finden sie Halt und Trost. Damit verbunden ist oft der Glaube, dass der Tod nicht das Ende ist, sondern es ein Leben danach gibt.

6. Trauerrituale

Verschiedene Rituale rund um den Tod helfen Hinterbliebenen dabei, einen Rahmen für ihre Trauer zu finden. Angefangen bei Blütenblättern oder Blumen, die ins Grab geworfen werden, über das Entzünden von Kerzen bis hin zum Gedanken an Allerheiligen oder am Totensonntag. Manche entwickeln mit der Zeit ganz individuelle Rituale: Sie kochen das Lieblingsessen des Verstorbenen am Todestag oder besuchen bestimmte Orte.

7. Trauertagebuch

Eine andere Form der Trauerbewältigung sind Tagebücher. Trauernde können aufschreiben, wie sie sich fühlen, was ihnen durch den Kopf geht. Ebenso lassen sich gemeinsame Erlebnisse und Erinnerungen festhalten. Dafür können Sie ein einfaches Notizbuch nehmen oder ein spezielles Trauertagebuch kaufen. Die grafische Gestaltung bietet oft Platz für Fotos und Erinnerungsstücke. Zusätzliche Fragen erleichtern das Erinnern.

8. Selbstpflege

Verwöhnen Sie sich mit Dingen, die Sie für gewöhnlich mögen. Dafür braucht es nicht unbedingt die Shoppingtour mit viel Geld: Luxusgüter sind im weitesten Sinne Dinge, die Sie sich nicht jeden Tag gönnen – etwa ein Badewannenbad mit Rosenblättern und Teelichtern ringsherum. Eine schöne Massage mit Aromaölen. Ein ausgedehnter Spaziergang bei Sonnenschein. Geht das nicht, buchen Sie einen Termin für die Sonnenbank. Oder tanzen Sie zu Ihrem Lieblingslied.

9. Trauerreisen

Trauerreisen sind spezielle Angebote, bei denen Trauernde gemeinsam verreisen. Oft bieten Kirchen solche Reisen an. Es gibt sie aber auch von Reiseveranstaltern. Auf einer gemeinsamen Gruppenreise haben Trauernde die Möglichkeit, an den Gesprächskreisen teilzunehmen, sich über ihre Erfahrungen auszutauschen, mit Trauerbegleitern und Psychologen zu sprechen.

10. Hobbys

Nehmen Sie Ihre Hobbys wieder auf und entdecken Sie Neues. Ganz gleich, ob Sie Sport machen, eine neue Sprache erlernen oder anfangen, Gedichte zu schreiben: Verschiedene Aktivitäten stimulieren und geben neue Kraft. Zusätzlich lenken sie von der Trauer ab und erleichtern das Einschlafen.

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Trauerbewältigung bei Kindern

Je nach Alter haben Kinder noch keine exakte Vorstellung vom Tod. Sie wissen nicht, was Endgültigkeit bedeutet. Erst im Alter von neun oder zehn Jahren begreifen sie den Tod. Auch trauern sie anders als Erwachsene: Was im ersten Moment wie Unbeschwertheit wirkt, kann im nächsten Moment schon wieder umschlagen. Das Trauern in Schüben schützt sie vor Überbeanspruchung.

Oft sind sich Eltern unsicher, ob sie ihrem Kind die Beerdigung zumuten können. Experten empfehlen, keine Entscheidungen über den Kopf des Kindes hinwegzutreffen. Vielmehr sollten Eltern die Kinder fragen, ob sie beispielsweise den aufgebahrten Verwandten sehen oder an der Beerdigung teilnehmen wollen. Wichtig ist ein einfühlsamer Umgang mit dem Thema. Beispielsweise durch Erinnern an schöne Momente mit dem oder der Verstorbenen.

Professionelle Hilfe bei der Trauerbewältigung

Das soziale Umfeld – Familie, Freunde, Bekannte, Nachbarn und Arbeitskollegen – sind für die meisten Trauernden die wichtigste Stütze. In einigen Fällen reicht diese Form der Unterstützung jedoch nicht aus. Dann brauchen Trauernde professionelle Hilfe. Die erhalten Sie hier:

1. Telefonseelsorge

Die Telefonseelsorge ist ein größtenteils ehrenamtlich betriebenes Hilfsangebot. Unter der Nummer 0800-1110111 oder 0800-1110222 können sich trauernde und Hilfesuchende Menschen melden und finden jemanden, der ihnen zuhört und weiterhilft. Die Telefonseelsorge ist kostenlos rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr erreichbar.

2. Kirchliche Seelsorge

Priester und Pfarrer bieten Trauernden mit der Seelsorge ein offenes Ohr. Als Seelsorger ist es ihre Aufgabe, in geschütztem Rahmen vertrauliche Gespräche zu ermöglichen. Sie spenden Trost, bieten Rat sowie die Möglichkeit zum gemeinsamen Gebet.

3. Trauerbegleiter

Diese Experten finden gemeinsam mit Hinterbliebenen Wege, um mit ihrer Trauer zu leben. Oft haben sie selbst einschneidende Trauererfahrungen gemacht und helfen im Anschluss daran anderen Trauernden. Es gibt verschiedene Angebote: Gespräche, Coachings, aber auch Kreativworkshops, bei denen man zum Beispiel gemeinsam mit anderen Trauernden individuelle Erinnerungsstücke erstellt. Der Bundesverband Trauerbegleitung e.V. führt ein Verzeichnis von professionellen Trauerbegleitern. Trauernde finden dort Ansprechpartner.

4. Psychologen

Sie helfen weiter, wenn Trauernde sich nicht mehr in der Lage sehen, das eigene Leben zu meistern. Betroffene haben ihren Lebenswillen verloren und erwägen, sich das Leben zu nehmen. In einer Psychotherapie unterstützen Psychologen dabei, die Trauer zuzulassen und mit ihr umzugehen.

5. Selbsthilfegruppen

Beim Besuch einer Selbsthilfegruppe merken die Teilnehmenden, dass sie mit ihren Gefühlen, Sorgen und Ängsten nicht alleine sind. Das Wir-Gefühl ist in solchen Momenten Balsam für die Seele. Es gibt auch spezialisierte Angebote: Zum Beispiel Trauergruppen für Eltern, Geschwister oder Ehe- beziehungsweise Lebenspartner. Ein passendes Angebot in Ihrer Stadt finden Sie auf der Seite trauergruppe.de

6. Trauercafés/Trauerzentren

Trauercafés und Trauerzentren sind ein unverbindliches Angebot von Trauerbegleitern, Kirchen und anderen Trägern (zum Beispiel Arbeiterwohlfahrt). Wer nach Austausch oder einem Gesprächsangebot sucht, findet dort eine Anlaufstelle. Man trifft andere Menschen, die ähnliches erlebt haben und die eigene Situation gut nachvollziehen können. Mithilfe von Experten werden Sie dabei unterstützt, ihren Verlust zu verarbeiten.

Was können nahestehende Personen tun?

Angesichts der Trauer eines Verwandten oder Freundes fühlen sich viele hilflos und wissen nicht, was sie tun können. Auch hier gibt es kein Patentrezept. Jedoch gibt es drei Dinge, die Ihnen dabei helfen werden, individuelle Unterstützung zu leisten:

  • Einfach da sein

    Die einen brauchen eine Schulter, an der sie sich ausweinen können. Die anderen brauchen jemanden, der bei der Bestattung unterstützt. Die Bedürfnisse sind ganz individuell. Die Gemeinsamkeit ist jedoch: Den meisten Trauernden hilft es, nicht allein zu sein.

  • Mitgefühl zeigen

    Eine Umarmung, eine Trauerkarte, ein Besuch – es gibt viele Möglichkeiten, Mitgefühl auszudrücken. Kleine Gesten können viel bewirken und Trost spenden. Auf diese Weise spüren Trauernde die Liebe und Wärme ihres sozialen Umfelds.

  • Zeit lassen

    Während der Trauerbewältigung ist der Trauernde im Ausnahmezustand. Für Familie und Freunde eines Trauernden ist es wichtig, sich das bewusst zu machen. Der Betroffene kann keinen Schalter umlegen und einfach wieder funktionieren. Geben Sie ihm die Zeit, die er braucht.

Trauerbewältigung: Bücher und Lesetipps

Zum Thema Trauer und Tod gibt es zahlreiche Bücher. Es gibt sowohl Sachbücher, die den Trauerprozess beschreiben, sodass Trauernde besser verstehen und einordnen können, was mit ihnen passiert. Ebenso gibt es Erfahrungsberichte, in denen Menschen beschreiben, wie sie mit dem Tod umgehen und ihre Trauer bewältigt haben. Wir haben fünf Literaturempfehlungen für Sie gesammelt:

  • Wenn die alten Eltern sterben. Das endgültige Ende der Kindheit

    Darin beschreibt Barbara Dobrik, welche Gefühle und Erlebnisse mit dem Tod der Eltern verbunden sein können. Dieses Buch hilft dabei, zu verstehen, was in der Familie passiert und sich verändert, wenn die Eltern sterben.

  • Weiter leben! Neuorientierung nach dem Tod des Partners

    In diesem Buch von Christine Leukart lesen Sie 15 Erfahrungsberichte von Menschen, die ihren Partner verloren haben und erfahren, wie die Betroffenen einen Weg gefunden haben, damit zu leben.

  • Ich lebe mit meiner Trauer

    Trauerbegleiterin Christ Paul hat ein Buch über Trauerbewältigung geschrieben und bietet darin Hilfestellung, den eigenen Trauerweg zu gestalten.

  • Sucht mich in eurem Herzen – Trostbuch für Trauernde

    Diplom-Psychologe und Therapeut Roland Kachler beschreibt in diesem Buch, warum das Loslassen von einem geliebten verstorbenen Menschen so schwer ist. Er beschreibt, wie sich die Beziehung zu diesem Menschen über den Tod hinaus verändert.

  • Du fehlst. Geschichten von Leben und Tod.

    In diesem Sammelwerk beschreiben 50 Autoren ihre Erfahrungen, Erlebnisse und Ansichten über die Themen Leben und Tod, Verlust, Schmerz und Trauer.

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[Bildnachweis: danielemperador by Shutterstock.com]

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