Pubertät: Keine Lust mehr auf Oma und Opa

Es war doch so schön, als die kleinen Enkelchen vorbei kamen, ihre strahlenden Augen, das Lachen und die begeisterten Stimmchen. Mit einem Mal ist das vorbei und die Eltern kündigen an: „Wir kommen allein, die Kinder möchten gerne ihre Freunde besuchen.“

Auch wenn das der normale Lauf der Zeit ist, Wehmut macht sich breit, wenn die Enkel offensichtlich kein Interesse mehr daran haben, die Großeltern zu besuchen und sich lieber mit Gleichaltrigen treffen. Es fühlt sich nicht gut an, nur noch Geldgeschenke zu machen und ansonsten den Kontakt zu den Enkelkindern zu verlieren.

Was kann man dagegen tun? Muss man diesen Zustand akzeptieren? Wir geben Ihnen Ideen, wie Sie die Beziehung zu Ihren Enkeln halten können…

Pubertät: Keine Lust mehr auf Oma und Opa

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Wie kann ich den Draht zu den Enkeln bewahren?

Der Prozess ist für die einen schleichend, für die anderen kommt er plötzlich: Mit Beginn der Pubertät haben Teenager weniger Augen für die Familie, stattdessen genießen sie ihre Freiheit und widmen sich exzessiver ihrer Freizeitgestaltung. Der Pflichttermin – Oma und Opa am Sonntagnachmittag besuchen – wird geschwänzt. Das kann kränken, doch gestehen Sie Ihren Enkeln diese Freiheiten zu. Denn die Gemeinschaft mit Gleichaltrigen ist wichtig für sie. Und Sie als Großeltern tun das Beste für Ihr Enkelkind, wenn Sie den veränderten Lebensrhythmus einfach akzeptieren.

Wenn Sie dennoch das Band wieder festigen möchten, können Sie Ihrem Enkel Aktivitäten anbieten, die seinen Interessen entgegenkommen: Laden Sie Ihren Enkel auf eine Shoppingtour in die Stadt ein. Besuchen Sie mit ihm ein Fußballspiel oder gehen Sie zusammen ins Kino. Die gemeinsamen Ausflüge werden Sie zusammen schweißen.

Nehmen Sie die aktuelle Lebenswelt Ihres Enkels ernst und ziehen Sie diese auf keinen Fall ins Lächerliche. Fragen Sie, welche Musik es gerne hört, was gerade angesagt ist und lassen Sie sich seine Lieblingssongs vorspielen. Nehmen Sie Anteil und hören sie einfach zu. Gegenseitige Akzeptanz und Toleranz sind Basis für eine gute Beziehung. Das kann auch bedeuten, dass Sie die gefärbten Haare, das Tattoo zur Kenntnis nehmen, aber nicht darüber urteilen oder gar schlecht machen.

Machen Sie Ihrem Enkel im gemeinsamen Tun Gesprächsangebote. Dabei sollten Sie den Jugendlichen aber nicht bedrängen. Wenn er Ihren Rat wünscht, wird er sich öffnen und von sich erzählen, wenn nicht – ist das auch in Ordnung. Es kann sein, dass Ihr Enkel Ihnen Fragen stellt und Ihren Erfahrungsschatz anzapfen möchte. Das ist ein wunderbarer Augenblick, aber nutzen Sie ihn nicht aus und halten Ihrem Enkel vor Begeisterung einen Vortrag. Das wiederum könnte ihn erschlagen und er sucht Sie nie wieder als Ratgeber. Antworten Sie am besten nur auf die Ihnen gestellte Frage. Das reicht. Wenn er oder sie mehr wissen möchte, wird er sich selber melden.

In dieser Sturm und Drang Phase kann es passieren, dass Sie einmal die Stimmungsschwankungen des Teenagers zu spüren bekommen. Die Aggression muss nicht gegen Sie gerichtet sein, nehmen Sie sie darum nicht persönlich, sondern reagieren Sie gelassen. Das bedeutet allerdings nicht, dass Sie jeden Gefühlsausbruch tolerieren müssen. Teilen Sie Ihrem Enkel im ruhigen Ton mit, dass Sie sein Verhalten unangemessen fanden und halten Sie dennoch die Beziehung zu ihm aufrecht.

Vielleicht vertraut Ihr Enkel ein Geheimnis an, dann sollten Sie auf jeden Fall verschwiegen sein. Oft testen Jugendliche, ob sie jemanden vertrauen können. Wenn Sie feststellen, dass Sie das Geheimnis den Eltern erzählt haben, könnte es sein, dass es auch das Letzte war, was sie gehört haben.

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Was passiert in der Pubertät?

Jeder von uns weiß, um die körperliche Veränderungen, die einen jungen Menschen irritieren, vielleicht sogar aus der Bahn werfen. Die eigene Körperlichkeit entwickelt sich, die Geschlechtsorgane reifen und oft kommt der Kopf nicht hinterher.

Damit einhergehen Stimmungsschwankungen. Es ist ein seelisches Auf und Ab. Dafür verantwortlich sind vermutlich Umbauvorgänge im Gehirn. Totales Glücksgefühl wechselt sich mit tieftraurigen Phasen ab. Im einen Augenblick verhalten sich Jugendliche reif und vernünftig und im nächsten albern und kindlich. Rebellische Phasen wechseln sich mit Gereiztheit und Wutausbrüchen ab. Die Teenager grenzen sich von den Eltern ab. Das ist keine einfache Zeit, sie kann das Zusammenleben in der Familie stark belasten.

Als Großeltern tun Sie das Beste, wenn Sie einfach Verständnis zeigen. Wenn Ihre schon großen Enkel Sie nicht besuchen möchten, brauchen sie einfach Zeit für sich selber, um ihre Seele wieder auszurichten und ihre Gefühle in den Griff zu bekommen. Es ist für sie nicht leicht, dieses emotionale Wirrwarr zu verstehen.

Nachvollziehbar suchen sich Ihre Enkel bei ihren Altersgenossen Unterstützung. Sie durchleben die gleichen Gefühle und sind für Ihre Enkel wertvoll. Der Austausch mit ihnen stärkt sie.

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Welche Bedeutung haben die Großeltern für die Enkel in der Pubertät?

Das ist mit Sicherheit abhängig von der räumlichen Nähe oder Distanz. Teenager, deren Großeltern in der direkten Nachbarschaft leben, haben mit Sicherheit anderes Verhältnis zu Oma und Opa, als die, deren Großeltern hunderte Kilometer entfernt leben und die sie einmal im Jahr besuchen.

Wenn Oma und Opa regelmäßigen Kontakt zu ihren Enkeln haben, können zu einem regelrechten Fels in der Brandung werden. Sie verfügen über viel mehr Lebenserfahrung als die Eltern und haben die ganze Problematik der Pubertät mit ihren Kindern selber vor Jahrzehnten durchgemacht. Sie bringen die Ruhe und Gelassenheit mit, die in angespannten Situationen wichtig sind, weil sie wissen, dass das alles vorüber geht und eine ganz normale Entwicklung ist.

So können Sie der ganzen Familie Halt schenken. Sind die Eltern mit ihrem Latein am und haben sich die Fronten zwischen Eltern und Kind verhärtet, können die Großeltern eine wichtige Rolle einnehmen: Wenn der Teenager über die Stränge geschlagen ist, kann er von seinen Erlebnissen bei Oma und Opa berichten, ohne damit rechnen zu müssen, dass er Ärger bekommt. Im Gegenteil: Die Großeltern reagieren oft viel ruhiger. Sie müssen nicht erziehen und können stattdessen ruhig zwischen ihrem eigenem Kind und dem Enkel vermitteln. Dem Jugendlichen tut es gut, dass er eine erwachsene Bezugsperson hat, mit der er über seine Sorgen reden kann.

Umgekehrt haben Großeltern auch einen Nutzen von ihrem Enkel, auch sie können ihnen etwas zurückgeben. Oft führen die Enkel ihre Großeltern in die digitale Welt ein und helfen beim Umgang mit Handy und Computer weiter. Haben Sie auch schon mal Ihren Enkel um Hilfe gebeten, als Sie Ihr Handy einrichten wollten? Oder haben Sie sich von ihm Prozesse am Computer erklären lassen, weil eine Anwendung nicht so funktionierte, wie sie sich das vorstellten? Die Teenager erklären gerne – und lassen Sie stolz an ihrem Wissen teilhaben.


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Es geht nichts verloren

Die Erlebnisse, die wir mit unseren Großeltern gemacht haben, geraten nicht in Vergessenheit. Jeder von uns hat seine ganz eigenen Erfahrungen mit Oma und Opa gemacht – die oft sehr innig sind.

Das Essen von Oma wird liebevoll in Erinnerung behalten und später noch davon erzählt: „Weißt du noch? Damals als wir bei Omi waren, hat sie uns immer die leckeren Butterkartöffelchen, mit Brokkoli und Putenschnitzelchen gekocht. Und ihr Schokoladenkuchen war definitiv der Beste!“

Das gemeinsame Spielen, Basteln oder Werkeln hat geprägt. Die Enkel werden sich daran erinnern, wie sie mit Oma in der Küche standen, Plätzchen und Brot gebacken oder wie sie mit Opa an der Werkbank gestanden haben, um etwas aus Sperrholz zu sägen. Auch ist nicht in Vergessenheit geraten, wie sie mit Opa im Garten Fußball spielten oder mit Oma verstecken und fangen im ganzen Haus. Das ist alles ganz tief in ihrem Gedächtnis verankert.

Und eines Tages wird dieser ganz besonderer Moment kommen, wenn die fast erwachsenen Enkel ihren Freund oder ihre Freundin den Großeltern vorstellen möchten und sie besuchen. Sie haben sich weiter entwickelt und leben ihr eigenes Leben. Aber sie kommen auch wieder zurück.

Das Beste, was Oma und Opa tun können, ist sie ziehen zu lassen und sie dann wieder mit offenen Armen zu empfangen. Und wer weiß, vielleicht haben sie sogar die Chance ihre kleinen Urenkelchen wieder zu erleben.

[Bildnachweis: Altrendo Images by Shutterstock.com]

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