Autofahren im Alter: Wirklich ein Risiko?

Viele Verkehrsteilnehmer schimpfen über Senioren am Steuer. Das Autofahren im Alter scheint für sie ein überdurchschnittlich hohes Risiko zu sein. Doch ist das wirklich so? Was sagen die Statistiken? Was spricht für ein Autofahren mit 80 oder 90, was spricht dagegen? Und wie ist die Gesetzeslage für ältere Autofahrer? Wir beleuchten das Thema genauer und geben hilfreiche Tipps fürs Autofahren im Alter, damit Sie auch noch möglichst lange sicher mobil bleiben können.

Autofahren im Alter: Wirklich ein Risiko?

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Autofahren mit 80, 85 oder 90 Jahren in der Diskussion

Es gibt immer wieder Berichte in den Medien, dass ältere Verkehrsteilnehmer in schwere Unfälle verwickelt seien oder diese sogar verursacht hätten.

Reflexartig entbrennt daraufhin häufig eine emotionale Diskussion, die darauf hinaus läuft, ein Höchstalter für Autofahrer einzuführen. Pseudo-Experten zeigen dann Ihre Einschätzungen auf, dass Senioren ab einem gewissen Alter pauschal mit einem Fahrverbot zu belegen sind. Mal wird eine Höchstgrenze mit 70, mal mit 75, dann wieder mit 80 Jahren gefordert.

Ebenso schnell und pauschal kommen dann die Gegenargumente. Da ist davon die Rede, dass man den Senioren mit der Mobilität ihre Perspektiven, ihre Menschenwürde und ihre Selbstständigkeit raube. Denn viele ältere Menschen lebten auf dem Land. Somit seien Ärzte, Einkaufsmöglichkeiten und gesellschaftliche Teilhabe ohne Auto schwerer oder gar nicht mehr erreichbar.

Um dieser emotionalen und oftmals schrillen Diskussion zu entgehen, ist es wichtig, sich auf die Fakten zu konzentrieren. Pauschalauskünfte bringen niemanden weiter. Daher möchten wir einen differenzierten Blick auf das vermeintliche Risiko werfen, das Autofahren im Alter darstellen kann.

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Autofahren im Alter: Was spricht dagegen – was dafür?

Sollten alte Menschen noch Auto fahren dürfen? Diese Frage wird seit vielen Jahren heiß diskutiert. Denn Autofahren im Alter kann zum Risiko werden. Muss es aber nicht.

Die Fakten: Die Unfallursachen liegen bei Senioren hauptsächlich im Missachten der Vorfahrtsregel oder Fehler beim Abbiegen beziehungsweise Rückwärtsfahren oder Wenden. Alkoholeinfluss oder überhöhte Geschwindigkeit, wie bei jungen Autofahrern, ist bei den Älteren hingegen kaum ein Grund für Verkehrsunfälle.

Auch besagt die Statistik nicht automatisch, dass ältere Menschen grundsätzlich schlechtere Autofahrer seien. Denn hier ist es wichtig, auch den Gesamtprozentsatz der jungen und der älteren Verkehrsteilnehmer zu betrachten. Denn je mehr Senioren es in der Gesellschaft gibt, umso häufiger sind diese logischerweise auch an Unfällen beteiligt.

Setzt man dies aber ins Verhältnis, schaut das schon anders aus: Pro 100.000 Einwohner verunglücken im Schnitt ungefähr 1.000 junge Menschen und nur knapp 300 Senioren. Die Erfahrung ist also der Risikobereitschaft deutlich überlegen.

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Bis zu welchem Alter darf man Auto fahren?

Eine pauschale Auskunft, bis zu welchem Alter man noch noch Auto fahren sollte, lässt nicht abgeben. Zunächst ist wichtig, zu beleuchten, ob sich das subjektive Empfinden vieler Kritiker von Senioren am Steuer in der Statistik widerspiegelt.

Laut Statistischem Bundesamt waren im Jahr 2018 insgesamt knapp 80.000 Senioren über 65 Jahre an schweren Unfällen beteiligt. Das sind 13,4 Prozent. Bei Fahranfängern zwischen 18 und 21 Jahren betrug die Quote hingegen 5,9 Prozent.

Von diesen 13,4 Prozent trugen die älteren Autofahrer zu 67 Prozent die Hauptschuld am Unfall, bei den über 75-jährigen waren es sogar drei Viertel. Auch hier liegt der Wert teils deutlich über dem der Fahranfänger.

Dennoch deutet diese Statistik nicht automatisch auf eine bestimmte Altersgrenze hin. Entscheidend sind die persönlichen Voraussetzungen: Ein Autofahrer mit 80, 85 oder gar 90 Jahr kann durchaus noch fit genug sein, um ein Fahrzeug zu lenken.

Andererseits kann bereits ein 70-jähriger aufgrund von Krankheiten dazu nicht mehr in der Lage sein. Insbesondere folgende Erkrankungen und deren Medikation können das Autofahren im Alter beeinträchtigen:

Die Rechtslage: Wann darf ich kein Auto mehr fahren?

In Deutschland erhält man seine Fahrerlaubnis auf Lebenszeit. Zum Vergleich: In der Europäischen Union ist dies nur noch in Frankreich, Österreich, Belgien, Bulgarien und Belgien der Fall. Die Straßenverkehrsordnung (StVG) besagt lediglich:

„Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. […]“ (§2 Absatz 4)

In allen anderen europäischen Ländern gibt hingegen ab einem gewissen Alter die Vorschrift, seine Fahrtauglichkeit durch einen Test zu belegen. Manchmal ist dies nur ein einfacher Sehtest oder ein Selbsteinschätzungtest. In anderen Ländern wie zum Beispiel in Schweden muss der Führerschein alle fünf Jahre komplett neu beantragt werden.

Auch in Bezug auf die Altersgrenzen unterscheiden sich die Länder. Am frühesten ist dabei Portugal dran, wo man bereits schon mit 50 Jahren regelmäßig getestet wird. In der Schweiz liegt diese Grenze beispielsweise bei 70.

Eine Ausnahme besteht in Deutschland für LKW-Fahrer. Sie müssen ihren Führerschein alle fünf Jahre mittels einer ärztlichen Untersuchung der körperlichen und geistigen Eignung und einem Sehtest verlängern.

Führerscheinentzug bei Senioren

Doch auch PKW-Fahrern kann unter gewissen Umständen das Autofahren im Alter verboten werden. So lässt sich verhindern, dass fahruntaugliche Senioren autofahren. Da es dazu jedoch eines ärztlichen Fahrverbotes bedarf, werden Mängel in der Fahrtauglichkeit häufig erst erkannt, wenn bereits ein Unfall eingetreten ist. Erst dann gibt nämlich die Verkehrsbehörde ein entsprechendes Gutachten in Auftrag.

Fällt dieses Gutachten dann zu Lasten des Verkehrsteilnehmers aus, wird ihm der Führerschein entweder komplett entzogen oder es wird eine eingeschränkte Fahreignung attestiert. In § 23 Absatz 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) ist dies genauer geregelt:

„Ist der Bewerber nur bedingt zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet, kann die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis soweit wie notwendig beschränken oder unter den erforderlichen Auflagen erteilen. Die Beschränkung kann sich insbesondere auf eine bestimmte Fahrzeugart oder ein bestimmtes Fahrzeug mit besonderen Einrichtungen erstrecken.“

Es kann also sein, dass in diesem Fall dem älteren Autofahrer das Führen von bestimmten Fahrzeugen weiterhin gestattet wird. Zum Beispiel ein Kleinfahrzeug, dessen Höchstgeschwindigkeit maximal 25 km/h beträgt.

Autofahren im Alter: Test der Fahrtauglichkeit bei Senioren

Wer sich unsicher ist, ob er noch am Straßenverkehr teilnehmen sollte, kann bei ADAC, TÜV oder Fahrschulen einen Fahrsicherheitstest absolvieren. Dabei werden in einem theoretischen und einem praktischen Teil geprüft verschiedene Fähigkeiten überprüft:

  • Beherrschen Sie aktuellen Verkehrsregeln?
  • Können Sie Gefahrensituation einschätzen?
  • Beherrschen Sie Techniken wie Einparken und richtiges Bremsen?
  • Können Sie das Fahrzeug in schwierigen Situationen stabilisieren?

Das ganze dauert einen halben oder ganzen Tag und kostet zwischen 100 und 150 Euro. Die Test-Ergebnisse sind vertraulich. Sie werden also nicht an die Verkehrsbehörden weitergegeben. Dennoch sollten Sie sich nach einem negativen Test hinterfragen, ob Sie wirklich weiterhin ans Steuer möchten.

Diesen Test sollten Sie regelmäßig im Alter durchführen, am besten jährlich. Spätestens jedoch wenn Sie merken, dass Sie unsicher und langsam fahren, oft bremsen oder sich mit dem Verkehr überfordert fühlen. Auch häufigere, von Ihnen verursachte Kratzer am Auto können ein Hinweis sein.

Welche Probleme haben ältere Fahrer im Straßenverkehr?

Je älter ein Mensch wird, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass seine kognitiven Fähigkeiten mehr und mehr eingeschränkt sind. Durch Krankheiten beziehungsweise die Einnahme gewisser Medikamente kann dies noch beschleunigt werden. Schwindelgefühle, Müdigkeit oder Verzögerte Wahrnehmung können die Folge sein.

Aber auch die nachlassende körperliche Leistungsfähigkeit macht älteren Autofahrern häufig zu schaffen. Oftmals sind sie nicht mehr so beweglich wie noch in jungen Jahren. So kann der Radius der Kopf- und Nackenbewegungen eingeschränkt sein oder Arme und Beine lassen sich nicht mehr so schnell steuern wie früher.

Die wichtigsten Einschränkungen betreffen dabei:

  • Wahrnehmung
    Das Sehvermögen verringert sich mit zunehmendem Alter. Aber auch das Gehöhr kann nachlassen. Dies führt dazu, das Gefahrensituationen mitunter zu spät erfasst werden. Oder aber dass durch eine veränderte Lichtempfindlichkeit gerade nachts überhaupt nichts mehr gesehen wird.
  • Reaktion
    Auch die psychologische Leistungsfähigkeit nimmt im Alter ab. Reize werden nicht im Gehirn nicht mehr so schnell verarbeitet. Eine multiple Aufmerksamkeit, wie sie der Straßenverkehr erfordert, fällt von Jahr zu Jahr schwerer.
  • Stressresistenz
    Auch der Straßenverkehr verändert sich und ist nicht mehr mit dem geringen Verkehrsaufkommen früherer Jahrzehnte vergleichbar. Doch nicht nur die Menge an Autofahrern nimmt zu. Auch die Aggressivität im Straßenverkehr überfordert viele Senioren und setzt sie zusätzlich unter Stress.

Tipps für das Autofahren im Alter

Wer weiter im Alter mobil sein möchte, sollte sich ehrlich hinterfragen, ob und in welcher Weise dies möglich ist. Vielleicht ist es möglich, auf bestimmte Verkehrszeiten auszuweichen, die weniger stark frequentiert sind oder man beschränkt sich auf das Fahren gewohnter Strecken.

Der oben erwähnte Fahrsicherheitstest ist daher eine gute Kontrollinstanz für Sie selbst. Weitere Tipps für das Autofahren im Alter:

  • Sehtest
    Da sich die Sehfähigkeit im Alter verschlechtert, sollten Sie freiwillig alle ein bis zwei Jahre einen Sehtest absolvieren. Auch hier gilt das gleiche wie beim Fahrsicherheitscheck: Ermöglicht es Ihr Sehvermögen nicht mehr, am Straßenverkehr teilzunehmen, sollten Sie aus freien Stücken aufs Autofahren im Alter verzichten. Das gleiche gilt übrigens auch für das Gehör.
  • Gehhilfen
    Unter bestimmten Voraussetzungen können Sie auch mit Gehbehinderung oder -einschränkung noch weiterhin Autofahren. Wer einen Rollator benutzt, muss also nicht automatisch aufs Auto verzichten. Dennoch gibt es einiges zu beachten, insbesondere bezüglich der Mobilität ihrer Beine. Denn Sie müssen fähig sein, in einer Gefahrensituation die Bremse schnell betätigen zu können.

Wer sich nicht mehr fähig oder in der Lage fühlt, am Straßenverkehr teilzunehmen, kann bei der Führerscheinstelle freiwillig eine Verzichtserklärung unterschreiben. Viele Gemeinden bieten im Gegenzug dafür eine kostenfreie Jahreskarte für den öffentlichen Nahverkehr an.

Dies ist immer dann geraten, wenn Sie zum Beispiel an einer schweren Krankheit oder an anderweitigen Defizite leiden. Diese kann Ihre Tauglichkeit am Steuer beeinflussen und Überforderungen hervorrufen.

Sie zeigen selbst bei bekannten Strecken und geringem Verkehrsaufkommen deutliche Unsicherheiten? Sie übersehen oft Verkehrsteilnehmer? Sie können den Schulterblick nicht mehr anwenden oder gar das Auto nicht mehr in der Spur halten? Dann sollten Sie hier ehrlich zu sich selbst sein – im eigenen Sinne und im Sinne der anderen.

Wer jedoch nach wie vor dem Verkehr gewachsen ist, bei dem spricht nichts dagegen, bis 80, 85 oder 90 ein Auto zu steuern. Eventuelle Veränderungen in ihrem Fahrverhalten sollten Sie aber dennoch im Auge behalten und auch ihre Mitfahrer diesbezüglich nach deren Wahrnehmung befragen.

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