Ältere Autofahrer: Risikogruppe oder erfahrene Praktiker?
Wenn es um das Autofahren bis ins hohe Alter geht, gibt es zwei vorherrschende Meinungen:
- Ältere Autofahrer sind ein Risiko.
- Senioren am Steuer sind routinierte Autofahrer.
Für beide Positionen gibt es gute Argumente. Laut statistischem Bundesamt waren 77.927 Senioren im Jahr 2019 an Unfällen mit Personenschaden beteiligt. Das entspricht 13,6 Prozent aller Unfallbeteiligten. Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung – ihr Anteil liegt bei 21 Prozent – ist das sehr wenig. Auch sind Senioren in der Regel vorsichtige Autofahrer mit einem defensiven Fahrverhalten. Sie konsumieren keinen Alkohol oder andere Betäubungsmittel, wenn sie Autofahren und überschreiten nur selten die zulässige Fahrgeschwindigkeit. Außerdem haben ältere Autofahrer über die Jahre viel Fahrpraxis erworben. Erfahrene Verkehrsteilnehmer verursachen weniger Unfälle.
Unfallforscher argumentieren, dass es nicht ausreicht, sich die reinen Unfallzahlen anzuschauen. Man müsse auf die kilometerbezogene Unfallbelastung gucken, also das Verhältnis von Fahrleistung und Anzahl der Unfälle. Bei Senioren im Alter von 75 Jahren und älter liegt dieses bei 5,0. Das ist ein hoher Wert. Im Vergleich dazu bei Fahranfänger bei 3,5. Zu dem sind bei den Unfällen, an denen Senioren beteiligt waren, 68 Prozent der Menschen im Alter von 64 Jahren und älter die Hauptverursacher. Bei den über 75-Jährigen waren es sogar 75 Prozent.
Entscheidende Faktoren für die Fahrtüchtigkeit
Damit man im Straßenverkehr ein Fahrzeug sicher führen kann, braucht es Konzentrationsvermögen, eine aufmerksame Wahrnehmung der Umgebung und Reaktionsgeschwindigkeit.
Dabei sind folgende Faktoren entscheidend:
- Sehvermögen.
Das Sehen ist im Straßenverkehr essentiell. 90 Prozent der Sinnesreize werden vom Auge wahrgenommen. Ist das Sehvermögen beeinträchtigt, steigt das Unfallrisiko enorm an. In jungen Jahren können Beeinträchtigungen des Sehvermögens mithilfe von Brille oder Kontaktlinsen gut ausgeglichen werden. Im Alter treten Augenerkrankungen wie beispielsweise Grüner Star, bei dem blinde Flecken im Sichtfeld entstehen. - Hörvermögen.
Ab dem 30. Lebensjahr hören wir schlechter. Ab etwa 70 Jahren kann es zu einer Schwerhörigkeit kommen. Im Straßenverkehr ist das ein Problem, wenn akustische Reize gar nicht oder zu spät wahrgenommen werden. Gefährlich wird es zum Beispiel wenn ein herannahendes Rettungsfahrzeug mit Martinshorn überhört wird. - Beweglichkeit.
Von der Beweglichkeit und der körperlichen Fitness hängt es ab, wie gut das Reaktionsvermögen im Straßenverkehr ist. Fehlt die Beweglichkeit in den Händen und Armen kann einem Hindernis nicht ausgewichen werden. Fehlt die Beweglichkeit und Kraft in den Füßen und Beinen kann im Ernstfall eine Gefahrenbremsung nicht schnell genug erfolgen. - Geistige Fitness.
Im Alter nimmt auch die Konzentrationsfähigkeit ab. Vielen fällt es dann auch zunehmend schwer, in der Reizflut des Straßenverkehrs konzentriert Auto zu fahren. In sehr hohem Alter erleben einige Senioren, dass es ihnen schwerer fällt, sich zu orientieren.
Wege, um im Alter mobil zu bleiben
Über verpflichtende Fahreignungstests für Senioren wird immer wieder diskutiert. In Deutschland besteht keine Testpflicht. Geplant ist eine solche auch nicht. Hierzulande wird auf die Eigenverantwortung der Autofahrer vertraut. In vielen Länder sieht das anders aus. In der Schweiz, Italien, Tschechien und Finnland müssen Senioren zu regelmäßigen Gesundheitstest, um ihre Fahrtüchtigkeit nachzuweisen.
Auch wenn in Deutschland nicht verpflichtend getestet wird, stellen sich viele Autofahrer im Alter die Frage: Fahre ich noch genauso sicher wie früher? Wir haben Tipps, wie Sie Ihre Fahrtüchtigkeit überprüfen und Ihre Fahrkompetenz verbessern können:
Ganz wichtig: Jede der vorgeschlagenen Maßnahmen ist freiwillig. Sie brauchen nicht zu befürchten, dass Ergebnisse an Behörden gemeldet werden oder Ihnen die Fahrerlaubnis entzogen wird.
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Rückmeldefahrt beim Fahrlehrer
Eine einfache Möglichkeit, um zu überprüfen, wie sicher man ein Auto fährt ist eine Rückmeldefahrt mit einem Fahrlehrer. Die Feedbackfahrt läuft ähnlich ab wie eine Fahrstunde. Der Fahrlehrer begleitet Sie beim Autofahren. Anschließend wird das Fahrverhalten gemeinsam besprochen. Der Fahrlehrer meldet Ihnen zurück, wo nicht alles ganz rund lief und gibt Ihnen Tipps, um Ihre Verkehrssicherheit zu erhöhen.
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Fahrsicherheitstraining
Fahren bei schwierigen Witterungsverhältnissen, richtig reagieren bei einem Hindernis auf der Fahrbahn, eine Gefahrenbremsung vornehmen – das alles wird bei einem Fahrsicherheitstraining gezielt geübt. In einem kleinen Theorieblock bekommen Sie Informationen verschiedenen sicherheitsrelevanten Aspekten beim Autofahren und üben diverse schwierige Situationen mit dem eigenen Auto. Dabei befinden Sie sich auf einem Verkehrsübungsplatz, sodass nichts passieren kann. Im Anschluss an ein solches Training gehen Sie mit viel Wissen und einer höheren Verkehrssicherheit nach Hause.
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Spezielle Trainings für Senioren
Die DEKRA oder der ADAC bietet spezielle Trainings und sogenannte Mobilitäts-Checks für Senioren an. Mithilfe von Experten können Sie überprüfen, wie gut Ihre Reaktionsgeschwindigkeit ist und wie sicher Sie noch Auto fahren.
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Ärztliche Untersuchungen
Eine gute Basis, um Ihre Fahrtüchtigkeit so lange wie möglich zu erhalten und mobil zu bleiben, sind regelmäßige ärztliche Untersuchung. Vor allem ab dem 50. Lebensjahr sollten Sie alle zwei Jahre und ab dem 60. Lebensjahr einmal jährlich einen Sehtest sowie einen Hörtest machen. Viele altersbedingte Augenerkrankungen treten allmählich auf. Je früher Sie reagieren, desto eher stellen Sie eine Einschränkung fest, die Sie beim Autofahren beeinträchtig. Auch Medikamente können Einfluss auf Ihr Fahrverhalten haben. Eine gute Anlaufstelle für ein solches Gespräch ist der Hausarzt.
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Online-Test
Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat hat ein Programm für Senioren aufgelegt, die aktiv am Straßenverkehr teilnehmen. Teil dieses Programms ist auch ein Online-Selbsttest, mit dem Sie die Fähigkeiten, die besonders wichtig für das Autofahren sind, überprüfen können. Der Test ist anonym und die Ergebnisse dienen lediglich Ihrer eigenen Orientierung. Anhand der Ergebnisse können Sie für sich persönlich weitere Schritte ergreifen, falls das nötig sein sollte. Den Test finden Sie HIER.
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Fahrassistenzsysteme
Moderne Fahrzeuge sind mit allerlei Technik ausgestattet, die Ihre Verkehrssicherheit erhöhen und Sie als Fahrer unterstützen können. Ein Bremsassistent, BAS, unterstützt den Bremsdruck und kann so auch bei einer Gefahrenbremsung helfen. Es gibt auch das sogenannte automatische Notbremssystem, AEBS. Dieses Assistenzsystem erkennt einen möglichen Zusammenstoß und veranlasst das Abbremsen. Auch hilfreich kann ein Spurhalteassistent sein, der Sie dabei unterstützt, eine sichere Fahrzeugposition zu halten. Sollten Sie darüber nachdenken, sich ein neues Fahrzeug zu kaufen, kann es sinnvoll sein, solche Systeme in Anspruch zu nehmen.
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Übungen für geistige und körperliche Fitness
Mit Sport, regelmäßiger Bewegung und Übungen für die Konzentrationsfähigkeit und Gedächtnisleistung tragen Sie aktiv dazu bei, Ihre Fahrtüchtigkeit zu erhalten. Besonders Übungen, die dazu dienen die Muskel aufzubauen und zu stärken haben einen positiven Effekt. Auch Sportarten, wie Yoga oder Pilates, die Ihre Beweglichkeit trainieren, sind sinnvoll. Lesen, Gehirnjogging, Rätsel – all diese Hobbys fördern spielerisch Ihre geistige Fitness und erhöhen so Ihre Aufmerksamkeit im Straßenverkehr.
Mobil bleiben auch ohne Führerschein und Auto
Sollten Sie für sich selbst zu dem Schluss gekommen sein, dass Sie sich beim Autofahren nicht mehr wohl fühlen und das Gefühl haben, den Anforderungen nicht mehr gewachsen zu sein, können Sie dennoch mobil sein. Viele Menschen, die sich dazu entscheiden, den Führerschein abzugeben, fühlen sich im ersten Moment Ihrer Unabhängigkeit beraubt. Doch schaut man genauer hin, gibt es einige Angebote, mit denen man auch ohne Auto weiterhin mobil ist.
- Jahresticket für Bus und Bahn.
Mit einem Jahresticket für öffentliche Verkehrsmittel können Sie alle Busse und Bahnen in der Umgebung nutzen. Für Senioren gibt es oft spezielle, kostengünstige Tarife. Das schöne: Sie brauchen sich nicht mehr um die Parkplatzsuche zu kümmern. Gerade in vollen Innenstädten, in denen Parkmöglichkeiten rar oder sehr teuer sind, ist das von Vorteil. Einige Verkehrsverbunde bieten sogar an, dass Senioren, die Ihre freiwillig vom Auto auf Bus und Bahn umsteigen, ein kostenlosen Jahresticket erhalten. Für weite Strecken bieten sich neben den Fernzügen auch Fernbusse an. - Fahrrad oder E-Bike.
Ein Fahrrad sorgt dafür, dass Sie weiterhin unabhängig von etwaigen Fahrplänen sind. Zudem nutzen Sie ein umweltfreundliches Verkehrsmittel. Vor allem ein E-Bike kann eine gute Alternative zum Alter sein. Das E-Bike ermöglicht es Ihnen ohne Probleme auch weitere Strecken zurückzulegen. In vielen Städten werden auch Kombinationen aus öffentlichen Verkehrsmitteln und Fahrrädern angeboten. So können Sie die zurückzulegende Strecke optimal aufteilen. - Zu Fuß unterwegs.
Zu Fuß zu gehen ist die einfachste Form der Fortbewegung. Weite Strecken vollbepackt mit Einkäufen sind auf diese Weise sicher nicht zurückzulegen. Viele Senioren überlegen mit zunehmendem Alter ohnehin innenstädtisch zu wohnen und achten auf einen Wohnort, von dem aus alles gut zu erreichen ist. Auch lässt sich durch ein leicht angepasstes Einkaufsverhalten viel zu Fuß erledigen. Statt einen großen Wocheneinkauf zu machen, können der Einkauf auch nur für ein oder zwei Tage besorgt werden. Schwere Sachen wie Getränke können Sie sich mittlerweile in vielen Städten bequem nach Hause liefern lassen. - Kabinenroller oder Elektroroller.
Immer mehr Senioren entdecken sogenannte Kabinenroller für sich. Dabei handelt es sich um Roller oder Scooter, die vollverkleidet sind und damit vor Wind und Wetter schützen. Die meisten der Kabinenroller haben einen elektronischen Antrieb und werden über die Haushaltssteckdose geladen. Sie haben eine Reichweite von ca. 60 Kilometern und sind optimal für kurze Strecken geeignet. Es gibt die Kabinenroller als Ein- oder auch als Zweisitzer. Fahren die Roller nur maximal 25 Kilometer pro Stunde brauchen Sie für die Nutzung auch keinen Führerschein.
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