Wie funktioniert das Hausarztmodell?
Beim Hausarztmodell verpflichten sich die Patienten, bei gesundheitlichen Problemen zunächst den Hausarzt aufzusuchen. Er ist die erste Anlaufstelle und koordiniert alle weiteren Behandlungsschritte.
Erst, wenn die erforderliche Therapie seine medizinischen Möglichkeiten übersteigt, überweist er die Patienten zu einem Facharzt. Dadurch werden unnötige und eventuell kostenintensive Mehrfachuntersuchungen vermieden.
Wer sich für das Hausarztmodell entscheidet, verpflichtet sich für mindestens ein Jahr, bei einer Erkrankung (mit Ausnahme eines Notfalls) immer zuerst den Hausarzt aufzusuchen.
Kernelemente des Hausarztmodells
Das Hausarztmodell besteht aus den folgenden vier Elementen:
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Lotsenfunktion des Hausarztes
Der Hausarzt übernimmt die Rolle eines Lotsen im Gesundheitssystem und begleitet den Patienten durch den gesamten Behandlungsprozess. Das entlastet den Patienten.
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Ganzheitliche Versorgung
In der Regel existiert seit vielen Jahren eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Hausarzt und Patient. Diese wird genutzt und eine umfassende und personalisierte Betreuung gewährleistet.
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Koordination der Behandlung
Der Hausarzt, als Arzt des Vertrauens für den Patienten, entscheidet, ob eine Überweisung zu einem Facharzt notwendig ist und steuert somit den Behandlungsverlauf. Unnötige Arztkosten werden so vermieden.
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Verbesserte Kommunikation
Das Modell verbessert und fördert die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen medizinischen Fachrichtungen.
Bin ich automatisch im Hausarztmodell versichert?
Als Versicherter sind Sie zunächst einmal nicht automatisch im Hausarztmodell integriert. Für die Krankenkassen ist es zwar verpflichtend, ein Hausarztmodell anzubieten – egal ob es sich um die TK, die Barmer oder andere Kassen handelt. Für Sie ist die Teilnahme daran freiwillig.
Beim Hausarztmodell entscheiden Sie sich bewusst für einen bestimmten Allgemeinmediziner oder Internisten, der in den Behandlungen quasi „den Hut auf hat“. Er ist der Experte, der umfangreiche Untersuchungen durchführt soweit es ihm möglich ist und nur im Notfall eine Überweisung vornimmt. Dennoch behält er als zentrale Stelle stets den Überblick über die Behandlung und die Fortschritte der Genesung.
Vorteile des Hausarztmodells
Das Hausarztmodell bietet sowohl für Patienten als auch für das Gesundheitssystem mehrere Vorteile:
Vorteile für Patienten
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Persönliche Betreuung
Wenn der Hausarzt zum Arzt des Vertrauen geworden ist, bietet sich dieser auch als zentrale Anlaufstelle an. Der Hausarzt weiß genau über den Patienten Bescheid und kennt oft die Krankengeschichte seit Jahren. Untersuchungen und Anamnese müssen nicht jedes Mal aufs Neue durchgeführt werden. Der Hausarzt hat jederzeit den Überblick über den Therapieverlauf und die Medikation.
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Verbesserte Versorgungsqualität
Durch die zentrale Koordination aller Behandlungsschritte kann eine ganzheitliche und effiziente Versorgung sichergestellt werden.
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Kürzere Wartezeiten
Viele Hausärzte bieten im Rahmen des Modells Abendsprechstunden oder verkürzte Wartezeiten an.
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Finanzielle Anreize
Krankenkassen belohnen die Teilnahme am Hausarztmodell per „Bonus“. So gewähren Kassen zum Beispiel Befreiungen von Zuzahlungen, vergeben eventuell Sach- und Geldprämien oder gewähren eventuell sogar Beitragssatzsenkungen. Informieren Sie sich hierzu bei Ihrer Krankenkasse.
Vorteile für das Gesundheitssystem
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Kosteneffizienz
Durch die Vermeidung von Doppeluntersuchungen und unnötigen Facharztbesuchen können Kosten eingespart werden. Die Ersparnis kann von den Krankenkassen an die Patienten weitergegeben werden.
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Verbesserung der ländlichen Versorgung
Das Modell trägt dazu bei, Hausarztpraxen in ländlichen Gebieten zu erhalten und somit eine flächendeckende medizinische Versorgung zu gewährleisten.
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Reduzierung von Über-, Unter- und Fehlversorgung
Da die Behandlung koordiniert wird, können Versorgungslücken geschlossen und unnötige Behandlungen vermieden werden.
Nachteile des Hausarztmodells
Trotz der zahlreichen Vorteile gibt es auch einige Nachteile, die Patienten bei der Entscheidung für oder gegen das Hausarztmodell berücksichtigen sollten:
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Eingeschränkte Arztwahl
Teilnehmer des Hausarztmodells binden sich für mindestens ein Jahr an einen bestimmten Hausarzt und können nicht ohne Weiteres die Praxis wechseln. Sie sind also an den Hausarzt gebunden.
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Zusätzlicher Zeitaufwand
In manchen Fällen müssen Patienten zuerst den Hausarzt aufsuchen, bevor sie einen Facharzt konsultieren können, was zu einem erhöhten Zeitaufwand führen kann.
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Begrenzte Verfügbarkeit
Bei Abwesenheit des gewählten Hausarztes (z.B. Urlaub oder Krankheit) dürfen Patienten nur andere am Hausarztmodell teilnehmende Ärzte aufsuchen, was insbesondere in ländlichen Regionen problematisch sein kann.
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Mangelnde Flexibilität
Wer viel auf Reisen ist, hat ein Problem mit dem Hausarztmodell. Was passiert, wenn unterwegs eine Untersuchung notwendig ist, die nicht als Notfall gilt? Sie sollten sich als Vielreisender unbedingt bei Ihrer Krankenkasse informieren.
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Eingeschränkte Zweitmeinungen
Das Einholen verschiedener Behandlungsempfehlungen bei unterschiedlichen Ärzten ist im Rahmen des Modells oft nur eingeschränkt möglich.
Ohne Überweisung zum Facharzt trotz Hausarztmodell: Ist das möglich?
Grundsätzlich verpflichten sich Teilnehmer des Hausarztmodells dazu, vor einem Facharztbesuch zunächst ihren Hausarzt zu konsultieren. Es gibt jedoch einige Ausnahmen, bei denen ein direkter Facharztbesuch ohne Überweisung möglich ist:
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Gynäkologie
Frauen können ohne Überweisung einen Gynäkologen aufsuchen.
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Zahnmedizin
Zahnärztliche Behandlungen können ohne Überweisung in Anspruch genommen werden.
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Augenheilkunde
Besuche beim Augenarzt sind in der Regel ohne Überweisung möglich.
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Kinder- und Jugendmedizin
Für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen ist keine Überweisung erforderlich.
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Notfallbehandlungen
In Notfällen ist eine direkte Behandlung durch einen Facharzt oder in einer Notaufnahme ohne vorherige Konsultation des Hausarztes möglich.
Nicht so einfach ist es, wenn Sie einfach ohne Überweisung einen anderen Facharzt aufsuchen. In diesem Fall können Ihnen je nach Kasse und Teilnahmeerklärung Sanktionen drohen. Mit großer Wahrscheinlichkeit verlieren Sie Ihre finanziellen Vorteile, sofern es sich nicht um einen Notfall handelt. Schlimmstenfalls kann es Ihnen jedoch auch blühen, dass Sie die Facharztbehandlung komplett selbst zahlen müssen.
Informieren Sie sich darum vorher bei Ihrer Krankenkasse, welche Folgen dieser Besuch beim Facharzt für Sie hat.
Wie kann ich das Hausarztmodell kündigen?
Die Teilnahme am Hausarztmodell ist in der Regel für mindestens ein Jahr bindend. Wenn Sie das Modell kündigen möchten, sollten Sie folgende Schritte beachten:
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Kündigungsfrist prüfen
Informieren Sie sich bei Ihrer Krankenkasse über die geltenden Kündigungsfristen und -bedingungen.
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Schriftliche Kündigung
Reichen Sie eine schriftliche Kündigung bei Ihrer Krankenkasse ein. Achten Sie darauf, die Kündigung rechtzeitig vor Ablauf der Kündigungsfrist einzureichen.
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Begründung
In bestimmten Fällen, wie z.B. bei einem Umzug oder wenn das Vertrauensverhältnis zum Hausarzt zerstört ist, kann eine vorzeitige Kündigung möglich sein. Legen Sie in solchen Fällen eine entsprechende Begründung bei.
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Bestätigung abwarten
Warten Sie auf eine schriftliche Bestätigung Ihrer Krankenkasse, um sicherzustellen, dass die Kündigung wirksam ist.
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Neue Versorgungsform wählen
Entscheiden Sie sich nach der Kündigung für eine alternative Versorgungsform oder bleiben Sie im Standardtarif Ihrer Krankenkasse.
Fazit
Das Hausarztmodell bietet viele Vorteile für Patienten und das Gesundheitssystem, wie eine verbesserte Versorgungsqualität, persönliche Betreuung und potenzielle Kosteneinsparungen. Allerdings gibt es auch Einschränkungen, wie die begrenzte Arztwahl und mögliche Verzögerungen bei Facharztbesuchen.
Die Entscheidung für oder gegen das Hausarztmodell müssen Sie persönlich treffen, basierend auf Ihren Bedürfnissen und Präferenzen. Es ist ratsam, sich ausführlich bei der eigenen Krankenkasse über die spezifischen Bedingungen und Möglichkeiten zu informieren, um mit gesicherte Argumenten eine fundierte Entscheidung zu treffen.
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