Vorsorgevollmacht: Deshalb brauchen Sie eine

Es kann die Situation eintreten, dass Sie selbst nicht mehr in der Lage sind, bestimmte Aufgaben zu übernehmen, Entscheidungen zu treffen. Eine Vorsorgevollmacht stellt dann sicher, dass eine andere Person in so einem Notfall in Ihrem Sinne entscheidet. Für eine derart verantwortungsvolle Aufgabe braucht es natürlich jemanden, der Ihr uneingeschränktes Vertrauen genießt. Warum Sie eine Vorsorgevollmacht erstellen sollten, welche Fälle damit abgedeckt sind und wann Sie eine notarielle Beurkundung benötigen…

Vorsorgevollmacht: Deshalb brauchen Sie eine

Definition: Was ist eine Vorsorgevollmacht?

Bei einer Vorsorgevollmacht (VV) handelt es sich um eine Willenserklärung, mit der Sie einer anderen Person die Befugnis erteilen, an Ihrer Stelle Rechtsgeschäfte durchzuführen. Das Alter kann ein möglicher Faktor sein, aber auch unabhängig davon kann jeder Mensch durch Krankheit oder Unfall in die Lage kommen, dass er keine eigenmächtigen Entscheidungen mehr fällen kann.

Wie geht es dann weiter? Wer entscheidet an Ihrer Stelle? Ein Albtraum für viele Menschen: Es werden von einer fremden Person einfach irgendwelche Entscheidungen getroffen, die die Wünsche des Betroffenen nicht berücksichtigen.

Und diese Befürchtung ist absolut berechtigt: Wer keine Vorsorgevollmacht ausgefüllt hat, kann nicht darauf vertrauen, dass sein Partner oder seine Kinder automatisch handlungsbefugt sind. Vielmehr bekommt der Betroffene vom Amtsgericht gegebenenfalls einen gesetzlichen Vertreter (Betreuer) zugewiesen, wenn die geistigen Fähigkeiten es nicht zulassen, die eigenen Angelegenheiten zu regeln.

Dieser wird in Absprache mit dem Betreuungsgericht und einem Arzt, der ein Sachverständigengutachten ausstellt, bestellt. Das ist übrigens auch der Fall, wenn es keine Angehörigen oder Freunde mehr gibt, die an Ihrer statt entscheiden können. Allerdings wird das Persönlichkeitsrecht und der freie Wille einer jeden Person von Gesetzesseite sehr ernst genommen, weshalb Sie zuvor in jedem Fall vor Gericht persönlich angehört werden.

Im Falle einer eingeschränkten Entscheidungsfähigkeit (beispielsweise infolge psychischer Erkrankung) kann auch eine Betreuungsverfügung greifen. Sie berechtigt allerdings nicht zur Vertretung bei Rechtsgeschäften. Die Betreuungsverfügung tritt in Kraft, wenn keine Vorsorgevollmacht existiert, aber der Erkrankte zuvor eine Person als Betreuer bestimmt hat.

Ob die gewünschte Person tatsächlich für diese Tätigkeit geeignet ist, wird im Falle des Falles gerichtlich geprüft. Der Betreuer – je nachdem die gewünschte oder eine dritte Person – ist dann dem Betreuungsgericht gegenüber verpflichtet zu berichten und wird von diesem in seiner Arbeit überwacht. Hier liegt ein großer Unterschied gegenüber der Vorsorgevollmacht: Der dort Bevollmächtigte unterliegt keiner gerichtlichen Kontrolle.

Welche Inhalte enthält eine Vorsorgevollmacht?

Eine Vorsorgevollmacht kann für eine oder mehrere Personen ausgestellt werden. Das kann sinnvoll sein, wenn Sie je nach Einsatzgebiet eine Person für besonders kompetent erachten. In diesem Fall erteilen Sie mehrere Einzelvollmachten. Entscheidend ist, dass dann die jeweiligen Vertretungsbereiche genau definiert sein sollten.

Eine Doppelvollmacht kann erteilt werden, wenn beide Bevollmächtigten sich gegenseitig kontrollieren sollen. Sie als Vollmachtgeber können auch festlegen, dass der Bevollmächtigte seinerseits sogenannte Untervollmachten erteilen darf.

Mit einer Vorsorgevollmacht ermächtigen Sie den Bevollmächtigten, über folgende Inhalte zu entscheiden:

Vermögensangelegenheiten

  • Abschluss von Verträgen
  • Vor- und Entgegennahme von Kündigungen (beispielsweise Mietvertrag für Wohnung)
  • Beantragung und Entgegennahme von Sozialleistungen
  • Vertretung gegenüber Personen, Behörden und Gerichten (inklusive Banken und Kreditinstituten)
  • Vertretung in erbrechtlichen Angelegenheiten

Persönliche Angelegenheiten

  • Personensorge
  • Gesundheitsfürsorge (der Bevollmächtigte kann in ärztliche Maßnahmen einwilligen oder sie untersagen)
  • Aufenthaltsbestimmung (Pflege zuhause, Unterbringung in einem Wohnheim oder einer geschlossenen Anstalt)

Allerdings wird die Gesundheitsfürsorge in einer Vorsorgevollmacht recht allgemein verstanden. Beispielsweise darf der Bevollmächtigte Krankenunterlagen einsehen und Informationen durch die behandelnden Ärzte einholen. Entscheidungen von großer Tragweite hingegen dürfen nicht gefällt werden.

So darf der Bevollmächtigte nicht über Transplantationen oder Amputationen entscheiden, ebenso wenig darf er nicht lebenserhaltende/lebensverlängernde Maßnahmen unterbinden oder für Sie in eine Organspende einwilligen.

Keine Vorsorgevollmacht kann für den Fall der Eheschließung, der Ausübung des Wahlrechts und der Testamentserrichtung erteilt werden. Auch zeigt die Praxis, dass Banken die einfache Vorsorgevollmacht oft nicht akzeptieren. Stattdessen wird eine spezielle Bankenvollmacht erwartet.

Unterschied zwischen Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung

Obwohl eine Vorsorgevollmacht auch medizinische Sachverhalte klären kann, ist es ist nicht dasselbe wie eine Patientenverfügung. Die Vorsorgevollmacht klärt vor allem das Wer, während die Patientenverfügung das Wie klärt.

Außerdem geht es bei einer Patientenverfügung ausschließlich um die Frage, wie jemand ärztlich behandelt werden möchte, wenn er sich selbst nicht mehr dazu artikulieren kann.

Viele Menschen lehnen für sich lebenserhaltende Maßnahmen ab. Die Vorstellung, nur noch durch Maschinen am Leben erhalten zu werden, wenn keinerlei Interaktion mit der Umwelt mehr möglich ist, schreckt viele ab. Existiert eine Patientenverfügung, haben der Arzt und der Bevollmächtigte oder Betreuer danach zu handeln.

Was aber, wenn Sie gar nicht im Koma sind, sondern bereits Jahre zuvor an Demenz leiden? Dann kommt nämlich die Vorsorgevollmacht ins Spiel. Idealerweise ergänzen sich Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung. Letztere sollte am besten mit einem Arzt erstellt werden.

Sowohl für die Vorsorgevollmacht als auch für die Patientenverfügung sollten Sie volljährig und im Vollbesitz Ihrer geistigen Kräfte, also einwilligungsfähig sein.

Wann brauchen Sie einen Notar?

Für eine Vorsorgevollmacht ist keine bestimmte Form zwingend vorgeschrieben. Aber angesichts der Fülle von möglichen Inhalten und zur besseren Nachweisbarkeit ist es sinnvoll, sie schriftlich abzufassen. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gibt zu bedenken, dass eine handschriftliche Ausfertigung eine gewissen Fälschungssicherheit darstellt.

Auf der anderen Seite dürften eine mit Textverarbeitungsprogramm geschriebene Fassung oder Vordruckformulare leichter zu lesen sein. Wichtig ist in jedem Fall Ihre Unterschrift nebst Angabe des Ortes und des Datums.

Um diese Vorsorgevollmacht rechtskräftig zu machen, bedarf es mindestens einer öffentlichen Beglaubigung. Diese ist je nach Bundesland kostengünstig bei verschiedenen Behörden, beispielsweise einer Betreuungsbehörde erhältlich. Für diese Beglaubigung können Sie natürlich auch einen Notar einsetzen.

Eine notarielle Beurkundung hat allerdings noch stärkeres Gewicht und kann je nach Inhalt sogar notwendig sein: Immer dann, wenn Immobiliengeschäfte getätigt werden – also beispielsweise ein Haus verkauft werden muss – ist dies zwingend. Neben der reinen Bestätigung, dass es sich bei Ihnen um den Vollmachtgeber der Vorsorgevollmacht handelt, bestätigt er nicht nur Ihre Unterschrift, sondern sorgt für rechtlich wasserdichte Formulierungen auf der Inhaltsebene.

Mögliche Zweifel an einzelnen Formulierungen in der Vorsorgevollmacht können zu einem späteren Zeitpunkt ausgeräumt werden, da die notarielle Beurkundung belegt, dass sämtliche Bestimmungen in Ihrer Gegenwart und mit Ihrem Einverständnis getätigt wurden. Nachträgliche Manipulationen oder unklare Formulierungen werden so ausgeschlossen.

Wo wird die Willenserklärung aufbewahrt?

Hinterlegen Sie Ihre Vorsorgevollmacht immer bei einem Arzt und/oder tragen Sie sie im Portemonnaie. Ebenfalls besteht die Möglichkeit, sie kostenpflichtig bei der Bundesnotarztkammer notieren zu lassen. Falls Sie die Vorsorgevollmacht nämlich nicht beim Arzt oder an schnell zugänglicher Stelle deponiert haben, hat das den Vorteil, dass dort zuerst geguckt wird, bevor ein Betreuungsverfahren eingeleitet wird.

Denn ein Bevollmächtigter kann zu dem Zeitpunkt, an dem er beispielsweise in dieser Funktion in Erscheinung treten müsste, gerade im Urlaub sein.

Vor- und Nachteile einer Vorsorgevollmacht

Manch einer schiebt die Entscheidung für oder gegen eine Vorsorgevollmacht auf die lange Bank. Damit Sie später nicht bereuen, sich rechtzeitig darum gekümmert zu haben, erläutern wir kurz die Vor- und Nachteile:

Vorteile

  • Selbstbestimmung

    Wer sich im Vorfeld in aller Ruhe Gedanken zu diesem Thema macht, behält die Kontrolle. Sie selbst bestimmen zu einem Zeitpunkt, an dem Sie noch im Vollbesitz Ihrer geistigen Fähigkeiten sind, wer im Notfall in Ihrem Sinne entscheiden soll.

  • Klarheit

    Wer sich im Vorfeld mit den Inhalten auseinandersetzt, die er von einer Vertrauensperson geregelt haben möchte, erleichtert im Falle des Falles den Angehörigen und den Behörden die Entscheidung. Es ist eine Entlastung für alle Beteiligten zu wissen, wie der Vollmachtgeber bestimmte Dinge behandelt haben möchte. Das beugt Mutmaßungen und Konflikte vor.

  • Widerruf

    Eine Vorsorgevollmacht ist nichts, das endgültig wäre. Sie können sie jederzeit widerrufen.

Nachteile

  • Vorstellungsvermögen

    Das größte Problem bei einer Vorsorgevollmacht ist, dass Sie sie unter Umständen zu einem Zeitpunkt weit vor einem möglichen Notfall erstellen. Niemand kann mit absoluter Sicherheit wissen, wie er in zehn, zwanzig oder sogar dreißig Jahren zu bestimmten Dingen stehen wird. Freundschaften brechen auseinander oder Freunde ziehen weg, versterben. Technischer Fortschritt kann die Gelegenheit zu Behandlungsmöglichkeiten geben, die jetzt noch gar nicht absehbar sind.

    Unser Tipp dazu: Wer jetzt schon eine Vorsorgevollmacht anfertigt, kann sie sich jederzeit (in geplanten Abständen) zur Wiedervorlage anlegen und überprüfen, inwieweit die einstmals festgelegten Inhalte noch stimmig sind oder nicht.

  • Naivität

    Leider sind selbst Angehörige nicht nur wohlwollend, Geld und Vermögen bringt schlechte Wesenszüge hervor. So kann es sein, dass ein Betroffener im eigenen Haus gepflegt wird, obwohl eine Pflege im Heim unter gesundheitlichen Gesichtspunkten besser wäre, so aber das Haus gehalten werden kann. Auch gibt es immer wieder Fälle, in denen sich Bekannte oder Pfleger das Vertrauen älterer Personen erschleichen und so eine Vorsorgevollmacht zu ihren Gunsten ausnutzen könnten.

    Unser Tipp dazu: Achten Sie unbedingt darauf, dass die bevollmächtigte Person Ihr uneingeschränktes Vertrauen genießt. Anderenfalls sollten Sie überlegen, ob Sie statt einer Vorsorgevollmacht eine Betreuungsverfügung ausstellen – in dem Fall muss der Betreuer in regelmäßigen Abständen einen Rechenschaftsbericht beim Betreuungsgericht vorlegen. Missbrauch kann so eher verhindert beziehungsweise aufgedeckt werden.

Vorsorgevollmacht-Formular zum Download

Nachfolgend stellen wir Ihnen die Links des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zur Verfügung. Hier können Sie zum einen in einem ausführlichen PDF-Dokument die Informationen zum Betreuungsrecht (inklusive Vorsorgevollmacht) selbst nachlesen als auch ein Vorsorgevollmacht-Formular zum Ausfüllen herunterladen:

[Bildnachweis: goodluz by Shutterstock.com]
21. Januar 2020 Redaktion Icon Autor: Herbstlust Redaktion

Die Herbstlust-Redaktion besteht aus erfahrenen Autoren mit langjähriger Berufserfahrung. Trotz sorgfältiger Recherche erheben die Artikel keinen Anspruch auf Vollständigkeit und informieren lediglich allgemein. Der vorliegende Artikel kann eine fachliche oder ärztliche Beratung nicht ersetzen.

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