Altersteilzeit: Was ist das?
Erfahrungsberichte über Altersteilzeit lesen sich schön: Einfach die Arbeitszeit schrittweise auf die Hälfte vermindern und so einen gleitenden Übergang in die Rente bekommen. Gerade weil der Eintritt ins Rentnerdasein für viele Menschen einen erheblichen Einschnitt bedeutet, ist das reizvoll. Die Rahmenbedingungen zur Altersteilzeit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind im sogenannten Altersteilzeitgesetz (AltTZG) festgehalten.
Für den angehenden Rentner bedeutet die Altersteilzeit konkret, dass die restliche Arbeitszeit bis zur Rente halbiert wird. Um finanzielle Verluste jedoch so gering wie möglich zu halten, wird das reduzierte Gehalt vom Arbeitgeber aufgestockt und so zusätzliche Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt.
Vorteile der Altersteilzeit
Von dieser Regelung profitieren sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer:
- Der Arbeitnehmer gewinnt mehr Zeit, die er gemäß seiner Vorlieben frei gestalten kann.
- Der Arbeitgeber profitiert während der Altersteilzeit vom Know-how des älteren Arbeitnehmers, kann jedoch sicherstellen, dass ein Nachfolger entsprechend eingearbeitet wird.
Auf diese Weise bietet die Regelung zur Altersteilzeit dem Unternehmen eine Möglichkeit, jüngeren Arbeitnehmern einen Arbeitsplatz bereit zu stellen, ohne unbedingt eine zusätzliche Personalstelle schaffen zu müssen. Darüber hinaus sind jüngere Arbeitnehmer meist deutlich günstiger, da sie geringere Gehälter gezahlt bekommen.
Voraussetzungen für die Altersteilzeit
Unter drei bestimmten Voraussetzungen können Sie als Arbeitnehmer die Altersteilzeit für sich in Anspruch nehmen. Dafür müssen Sie…
- älter als 55 Jahre sein
- noch mindestens drei Jahre bis zur Rente haben
- in den letzten fünf Jahren mindestens 1.080 Kalendertage sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein
Ob Sie sich dabei in einer Beschäftigung in Voll- oder in Teilzeit befinden, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Wichtiger ist vielmehr, wie lange Sie eine Altersteilzeit in Anspruch nehmen können beziehungsweise wann Sie in die Altersteilzeit gehen können:
So beträgt die maximale Dauer der Altersteilzeit sechs Jahre und die minimale Dauer drei Jahre. Arbeitslosigkeit während dieser Zeit zählt ebenfalls als versicherungspflichtige Beschäftigung, sofern in dieser Zeit ALG I, ALG II oder eine andere Entgeltersatzleistung bezogen wurde.
Falls Sie die oben genannten Voraussetzungen erfüllen, können Sie mit Ihrem Arbeitgeber eine Vereinbarung zur Altersteilzeit treffen. Dabei ist zu bedenken, dass die Zeitspanne mindestens bis zum frühestmöglichen Zeitpunkt reichen muss, zu dem Sie in Rente gehen können. Also maximal für die angesprochene Dauer von sechs Jahren vor Renteineintritt.
Gibt es einen Rechtsanspruch auf Altersteilzeit?
Gesetzlich besteht kein Anspruch auf Altersteilzeit. Es besteht lediglich die Möglichkeit, auf freiwilliger Basis mit Ihrem Arbeitgeber eine individuelle Vereinbarung zur Altersteilzeit zu vereinbaren. Zudem enthalten viele Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge, wie zum Beispiel der Tarifvertrag im öffentlichen Dienst (TvöD), klare Regelungen zur Altersteilzeit.
So können zum Beispiel Angestellte und Beamte im öffentlichen Dienst in Einvernehmen mit ihrem Arbeitgeber bereits ab der Vollendung des 55. Lebensjahres in Altersteilzeit gehen. Mit der Vollendung des 60. Lebensjahres existiert zudem ein tarifvertraglicher Anspruch auf Altersteilzeit. Auch die IG Metall hat mit dem Arbeitgeberverband Gesamtmetall vergleichbare tarifvertragliche Vereinbarungen getroffen.
Altersteilzeit-Rechner: So berechnet sich die Altersteilzeit
Für viele mag sich nun die eine oder andere konkrete Frage auftun, ob sich eine Altersteilzeit finanziell lohnt. Dabei sollte jeder für sich zwei Fragen abklären:
- Um wieviel reduziert sich mein Gehalt?
- Wie kann ich mein Gehalt während der Altersteilzeit berechnen?
Darauf kann es keine pauschale Antworten geben. Eine erste, individuelle Orientierung zu möglichen finanziellen Auswirkungen kann Ihnen der Teilzeitrechner des Bundesministerium für Arbeit und Soziales liefern. Zudem sollten Sie diese Fragen mit Ihrem Sachbearbeiter bei der Rentenversicherung abklären.
Wer zahlt die Altersteilzeit?
Die Altersteilzeit finanziert sich zu größten Teilen aus Ihrem Gehalt. Dazu kommt eine Aufstockung Ihres Arbeitgebers. Grundsätzlich unterscheidet man zwei verschiedene Modelle, mit denen eine Altersteilzeit finanzierbar und möglich ist:
- Blockmodell
Das Blockmodell funktioniert in zwei Phasen. In der ersten Phase arbeitet der Arbeitnehmer bei reduzierten Bezügen regulär wie bisher weiter. In der zweiten Phase der Altersteilzeit hat er komplett frei, erhält jedoch weiterhin das reduzierte Gehalt bis zum gesetzlichen Renteneintritt. Wenn Sie beispielsweise eine Altersteilzeit über einen Zeitraum von sechs Jahren vereinbaren, dann arbeiten Sie nur in den ersten drei Jahren. - Teilzeitmodell
Beim Teilzeitmodell – auch als Gleichverteilungsmodell bezeichnet – reduziert der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit Schritt für Schritt und arbeitet so beispielsweise nur noch halbe Tage. Wie sich diese Teilzeit gestaltet, müssen Sie mit dem Arbeitgeber individuell klären. Eine Aufteilung in bestimmte Arbeitstage und freie Tage ist ebenso denkbar.
90 Prozent aller Arbeitnehmer entscheiden sich für das Blockmodell, denn so können sie eher in Rente gehen, haben aber diesbezüglich geringere Abzüge, als wenn sie komplett aufhören würden zu arbeiten. Es ist jedoch zu beachten, dass Ausfallzeiten aufgrund von Krankheit im Blockmodell nachzuarbeiten sind (Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf: AZ 7 Ca 515/09).
Wie hoch ist das Gehalt bei Altersteilzeit?
Egal für welches Modell Sie sich entscheiden: Während dieses Zeitraums erhalten Sie nur noch Ihr halbes Gehalt plus einer mindestens 20-prozentigen Aufstockung durch den Arbeitgeber. Diese Aufstockung kann je nach Vereinbarung auch höher ausfallen oder weitere Entgeltbestandteile wie geldwerte Vorteile beinhalten.
Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Ein Arbeitnehmer hat vor der Altersteilzeit einen Bruttoverdienst von 3.000 Euro pro Monat. Netto sind dies circa 1.920 Euro. Bei Eintritt in die Altersteilzeit erhält er die Hälfte seines Gehaltes zuzüglich der Aufstockung von 20 Prozent – also ingesamt 70 Prozent. Dies sind netto ungefähr 1.344 Euro.
Auswirkung der Aufstockung auf Steuer und Sozialabgaben
Die Aufstockung ist grundsätzlich sozialversicherungs- und steuerfrei.
Zusätzlich zahlt der Arbeitgeber die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, deren Höhe sich aus 80 Prozent des Regelarbeitsentgelts berechnet, also des halben Gehaltes, das Ihnen während der Altersteilzeit ausgezahlt wird.
Altersteilzeit: Nachteile für Arbeitnehmer im Blick haben
Der Vorteil der Altersteilzeit ist für viele Arbeitnehmer offensichtlich: Sie können quasi sanft und fließend in die Rente gleiten und beenden ein langes Arbeitsleben nicht abrupt. Doch auch die Altersteilzeit-Nachteile für Arbeitnehmer sollen dabei nicht unter den Tisch fallen.
Diese sind insbesondere finanzieller Natur. Gegenüber einer regulären Weiterbeschäftigung vermindert die Alterszeit nicht nur das Gehalt, sondern auch die späteren Rentenansprüche. Zwar ist dies nicht so viel, wie wenn Sie Ihren Beschäftigungsumfang regulär reduzieren würden, aber dennoch kann er im Einzelfall erheblich sein.
Fallen bei Altersteilzeit vermeiden
Wer in Altersteilzeit gehen möchte, sollte daher im Vorfeld einiges beachten. Zunächst ist es wichtig, sich einen Überblick über die persönlichen Möglichkeiten zu verschaffen. Um sich bestmöglich absichern zu können und keine wichtige Information zu übersehen, sollten Sie mit unterschiedlichen Stellen Rücksprache halten.
Wir empfehlen daher folgende Vorgehensweise:
- Klären Sie Ihre Finanzen
Wenn Sie in der Vergangenheit keine großen finanziellen Rücklagen bilden konnten, könnte es mit einer Altersteilzeit eng werden. Um einen genauen Überblick zu erhalten, sollten Sie nicht nur Ihre Ersparnisse berücksichtigen, sondern auch Ihre Ausgaben prüfen. Ein Haushaltsbuch kann in diesem Zusammenhang helfen. - Sprechen Sie mit der Rentenversicherung
Bevor Sie eine Altersteilzeitregelung unterschreiben, sollten Sie das Gespräch mit der Deutschen Rentenversicherung (Servicetelefon: 0800 1000 4800) suchen. Wenn im Vertrag das Ende der Altersteilzeit nicht an den tatsächlichen Rentenbeginn angepasst wurde, bekommen Sie Schwierigkeiten, da die Rente noch nicht ausbezahlt wird und eine Lücke droht. Mit Probeberechnungen können Sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und die zu erwartende Rentenhöhe prüfen. - Sprechen Sie mit Ihrem Arbeitgeber
Nachdem Sie Ihre persönlichen Rahmenbedingungen abgeklärt haben, sollten Sie in Erfahrung bringen, ob eine Altersteilzeit in Ihrem Unternehmen grundsätzlich möglich ist. Vielleicht ist diese sogar in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung festgehalten. Zudem sollten Sie den Aufstockungsbetrag abklären sowie die Frage, welches der beiden Altersteilzeitmodelle umsetzbar ist: Blockmodell oder Teilzeitmodell?
Was ist besser: Altersteilzeit oder Rente mit 63?
Viele stehen vor der grundsätzlichen Frage, ob Sie besser in Altersteilzeit gehen oder die vorgezogene Rente mit 63 in Anspruch nehmen sollen.
Doch darin liegt kein Widerspruch: Sie können bis 63 in Altersteilzeit arbeiten und dann Ihre Altersrente genießen. Denn die Jahre in der Altersteilzeit zählen auch zu den 45 Versicherungsjahren, die sie für eine Rente mit 63 benötigten.
Allerdings gilt auch hier: Rechnen Sie das vorher genau durch! Die Kombination der Rente mit 63 mit der Altersteilzeit kann Abzüge in Ihrem Rentenanspruch zur Folge haben.
Wenn Sie dies nicht möchten, achten Sie bei der Altersteilzeitregelung darauf, dass dort der reguläre Rentenbeginn und nicht der vorgezogene vermerkt ist. Im Anpassungstarifvertrag zwischen IG Metall und dem Arbeitgeberverband Gesamtmetall ist dies sogar tariflich geregelt.
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