Ehrlichkeit: Bedeutung für Vertrauen & Beziehung

Ehrlichkeit ist ein Wert mit zwei Gesichtern: Einerseits erwartet unser Gegenüber, dass wir die Wahrheit sagen. Aufrichtigkeit ist ein hohes gesellschaftliches Gut. Andererseits gibt es Situationen, in denen wir nicht die volle Wahrheit sagen. Ist jemand deshalb schon unehrlich? Wann Ehrlichkeit wichtig ist und wann es sinnvoller ist, zu schweigen…

Ehrlichkeit: Bedeutung für Vertrauen & Beziehung

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Ehrlichkeit Bedeutung: Ist Ehrlichkeit ein Wert?

Der Duden beschreibt Ehrlichkeit mit Synonymen wie Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit. Gemeint ist damit eine Eigenschaft, die ihren Träger als tadellosen Charakter kennzeichnet. Wer ehrlich ist, sagt die Wahrheit. Er oder sie würde nie falsch Zeugnis ablegen – eine Forderung, die so schon in der Bibel steht. Im Sprachgebrauch finden sich auch häufige Formulierungen wie „schonungslos“ oder „erfrischend“ ehrlich. Ehrlichkeit steht dann synonym für Geradlinigkeit und Unverblümtheit.

Im Laufe der Zeit hat Ehrlichkeit eine Bedeutungserweiterung erfahren. Früher stand im Fokus, dass jemand anderen Personen gegenüber ehrlich sein soll. Mittlerweile wird auch Ehrlichkeit sich selbst gegenüber als hoher Wert gesehen. In dem Fall bedeutet es, sich seiner eigenen Fehler und Schwächen bewusst zu sein und dazu stehen zu können. So jemand versucht nicht, jemand anderer zu sein. Er verstellt sich nicht. Daher gilt er als authentisch.

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Warum ist es wichtig, ehrlich zu sein?

„Eine schmerzliche Wahrheit ist besser als eine Lüge.“ Zahlreiche Sprüche und Zitate wie das von Thomas Mann illustrieren die Bedeutung von Ehrlichkeit. Niemand will angelogen werden. Im Notfall schaut man lieber der schmerzlichen Wahrheit ins Gesicht. Ehrlichkeit ist die Basis eines vertrauensvollen Umgangs miteinander. Wer weiß, dass sein Gegenüber ehrlich ist, kann sich selbst auch leichter öffnen. So begegnen sich beide respektvoll auf Augenhöhe.

Umgekehrt: Wer andere bewusst täuscht, hat meist unlautere Motive. Ein gutes Beispiel ist Manipulation von Informationen. Werden Sachverhalte falsch dargestellt oder fehlen wichtige Details, nimmt der so Getäuschte Schaden. Im Bereich der Fake News führt es dazu, dass Menschen auf der Basis unwahrer Behauptungen für sie unvorteilhafte Entscheidungen treffen. Aber auch diverse Betrugsmaschen funktionieren so.

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Ehrlichkeit baut Vertrauen auf

Erweist sich eine Person als „ehrliche Haut“, gewinnt sie das Vertrauen anderer. Wenn jemand zu seinem Arzt geht, erwartet er zurecht, dass dieser ihm nach bestem Gewissen hilft. Die empfohlenen Maßnahmen oder Medikamente sollen die Beschwerden lindern, nicht einfach nur irgendwelche Lifestyle-Präperate sein.

Falsche Versprechungen – auch bei Konsumgütern – schädigen nachhaltig das Vertrauen und behindern zukünftige (Geschäfts-)Beziehungen. Derart enttäuschte Patienten oder Kunden werden sich zukünftig anderweitig Hilfe suchen. Sie tragen ihr Geld dann zu einem anderen Händler. Insofern ist Wahrhaftigkeit immer auch ein Zeichen von Lauterkeit und Seriosität.

Wie wichtig ist Ehrlichkeit in einer Beziehung?

Was allgemein gilt, ist im besonderen Maße für Freundschaften oder eine glückliche Ehe wichtig: Geheimnisse oder gar Lügen sind Gift für die Beziehung. Sie erschüttern das Vertrauen in den Freund oder Partner.

Ist alles vor dem Fehltritt ebenfalls gelogen? Deshalb können viele ihrem Partner auch nur schwer einen Seitensprung verzeihen. Die Unterscheidung fällt schwer, was man noch glauben kann und wo Skepsis angebracht wäre. Und wenn sich jemand auf den anderen nicht mehr verlassen kann, fehlt der Rückhalt für schwierige Zeiten.

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Zu viel Ehrlichkeit kann schaden

Das heißt aber nicht im Umkehrschluss, dass ein Partner dem anderen ungefiltert alles erzählen sollte. Fragt die Frau beispielsweise ihren Mann, ob ihm das Essen geschmeckt hat, ist eine Antwort wie „Du kochst furchtbar“ vermutlich zu viel des Guten. Brutale Ehrlichkeit kann verletzend sein. Manchmal dient Unwahrheit eben dem Schutz des anderen. Überhaupt: Dafür dass Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit als Tugend gelten, wird erstaunlich viel gelogen. Das zeigt sich in vielen kleinen Alltagssituationen:

  • Sie wollen den anderen nicht verletzen
    Fragt der dreijährige Enkel seine Oma, ob er toll malen kann, wird die Oma das bejahen. Fürchten Angehörige, dass ihr schwer kranker Verwandter die Diagnose nicht verkraftet, werden sie den Ernst der Lage herunterspielen.
  • Sie wollen Ihre Intimsphäre wahren
    Die Frage einer Person berührt die Intimsphäre des Gefragten. Der ist beispielsweise homosexuell oder leidet an Inkontinenz, mag das aber aus Angst vor Verurteilung nicht zugeben.
  • Sie wollen sich einen Vorteil sichern
    Ein geschönter Lebenslauf erhöht die Bewerberchancen. Oder Sie bekommen einen Tisch in einem beliebten Restaurant, weil Sie vorgeben, es sei Ihr Geburtstag. Auf der Partnersuche schummeln Sie mit Alter, Kleidergröße und Hobbys.
  • Sie wollen Auseinandersetzungen vermeiden
    Werden Sie erwartungsvoll von Ihrem Gegenüber nach Ihrer Meinung gefragt, äußern Sie wohlwollende Worte. Anderenfalls könnte Ihre Ansicht lange Diskussionen nach sich ziehen.
  • Sie wollen Strafen abwehren
    Bei der Fahrkartenkontrolle im Zug wird kaum ein Schwarzfahrer ehrlich zugeben, dass er mutwillig ohne Fahrschein zugestiegen ist. Die übliche, sehr durchsichtige Antwort zielt immer auf die eigene Vergesslichkeit ab.

Psychologie: Motive für ehrliche Aussagen

Umgekehrt folgt allerdings die Ehrlichkeit auch nicht immer nur noblen Zielen. Wenn jemand seinem Partner beispielsweise den Seitensprung beichtet, könnten ganz andere Beweggründe als Aufrichtigkeit entscheidend sein. Denn mit so einem Geheimnis dauerhaft sein Gewissen zu belasten, ist anstrengend. Nicht selten baut sich über einen längeren Zeitraum ein regelrechtes Lügengebäude auf. Das erfordert nicht nur Fantasie, sondern ein gutes Gedächtnis: Was habe ich nochmal wann gesagt? So etwas ist energiezehrend. Die Wahrheit zu sagen ist hingegen erleichternd. Ob es jedoch der Beziehung förderlich ist, ist von Fall zu Fall unterschiedlich.

In der Psychologie ist auch bekannt, dass Ehrlichkeit manchmal lediglich als Ventil dient. Statt diplomatisch zu sein oder gar konstruktiv die Kritik zu verpacken, bekommt der andere das volle Pfund. Wer eben brutal ehrlich ist, schlägt mit Worten zu. Es dient ebenso dem Abbau von Aggressionen wie wenn er körperliche Gewalt anwenden würde.

Radikale Ehrlichkeit als Befreiung

Das Konzept der radikalen Ehrlichkeit (Radical Honesty) nach W. Brad Blanton geht davon aus, dass Menschen innerlich ständige Grabenkämpfe miteinander austragen. Grund dafür sind die Erwartungen (zum Teil gesellschaftlich, zum Teil von uns) einerseits und die eigenen Wünsche andererseits. Bestes Beispiel: Jemand ist in Trauer, ihm ist zum Weinen zumute. Er unterlässt es jedoch, weil er sich in der Öffentlichkeit schämt. Das alles führt dazu, dass wir permanent unehrlich sind. Dem Partner eher etwas vorschwindeln, dem Kollegen nicht die Meinung geigen.

Radikale Ehrlichkeit bedeutet jedoch nicht, zukünftig jedem ungefragt à la Joschka Fischer („Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch.“) die Meinung zu sagen. So etwas hat weniger mit ehrlich zu tun, sondern fällt unter Beleidigungen und unnötige Gemeinheiten. Vielmehr geht es darum, sich und seine Gefühle besser wahrzunehmen (Stichwort: Achtsamkeit) und sie zu akzeptieren. Denn unehrliche Antworten resultieren häufig aus der Angst vor Ablehnung (siehe Gründe). Allerdings leisten viele Menschen vorauseilenden Gehorsam.

Heißt: Indem sie sich zurückhalten, können Sie gar nicht die wirkliche Reaktion ihres Gegenübers erkennen, also potenzielle Konflikte auch nicht thematisieren. Diese können weiter zu etwas Großem heranwachsen. Verfechter der radikalen Ehrlichkeit gehen außerdem davon aus: Wenn das Gegenüber die Wahrheit nicht verträgt, ist die Beziehung ohnehin bereits beschädigt.

Ehrlichkeit: Sprüche und Zitate

  • „Ehrlichkeit ist das erste Kapitel im Buch der Weisheit.“ (Thomas Jefferson)
  • „Nicht auf das, was geistreich, sondern auf das, was wahr ist, kommt es an.“ (Albert Schweitzer)
  • „Ehrlich währt am längsten.“ (Deutsches Sprichwort)
  • „Wir schätzen die Menschen, die frisch und offen ihre Meinung sagen – vorausgesetzt, sie meinen dasselbe wie wir.“ (Mark Twain)
  • „Sieh zu, dass du ein ehrlicher Mensch wirst, denn damit sorgst du dafür, dass es einen Schurken weniger auf der Welt gibt.“ (Thomas Carlyle)
  • „Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.“ (George Orwell)
  • „Ein Dutzend verlogener Komplimente ist leichter zu ertragen als ein einziger aufrichtiger Tadel.“ (Mark Twain)
  • „Im Leben muss man dauernd zwischen Aufrichtigkeit und Höflichkeit wählen.“ (Sophia Loren)
  • „Das Vergnügen kann auf der Illusion beruhen, doch das Glück beruht allein auf der Wahrheit.“ (Nicolas Chamfort)
  • „Wenn alle Menschen immer die Wahrheit sagten, wäre das die Hölle auf Erden.“ (Jean Gabin)
  • „Wahrheiten, die niemanden verärgern, sind meist nur halbe.“ (Jupp Müller)
  • „Um Feinde zu bekommen, ist es nicht nötig, den Krieg zu erklären. Es reicht, wenn man einfach sagt, was man denkt!“ (Martin Luther King)

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[Bildnachweis: Krakenimages.com by Shutterstock.com]

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