Altersarmut in Deutschland: Statistik und Definition
Ab wann ist man als Rentner arm? Obwohl Altersarmut in Deutschland medial präsent ist, sind die Definitionen dazu selten einheitlich. Können sie auch gar nicht sein, denn die Löhne und die Lebenshaltungskosten sind in Deutschland regional extrem unterschiedlich. Auf Bundesebene wird für die Definition von Altersarmut oft die Armutsgefährdungsschwelle angeführt.
Diese besagt: Eine Person, die mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens einer Bevölkerung auskommen muss, ist von Armut bedroht. Nach dieser Definition des Statistischen Bundesamtes betrifft das derzeit circa 16 Prozent aller Rentner. Das sind mehr als 800.000 ältere Menschen in Deutschland. In einigen strukturschwachen oder in besonders teuren Regionen liegt der Prozentsatz sogar bei mehr 20 Prozent. Seit 2005 stieg er damit vielerorts um mehr als die Hälfte.
Medial wird in diesem Zusammenhang oft diese Grenze bei ungefähr 900 Euro angelegt. Laut dem Statistischen Bundesamt liegt die Armutsgefährdungsschwelle hingegen bei 14.076 Euro im Jahr beziehungsweise bei durchschnittlich 1.173 Euro monatlich.
Entscheidend sind die Lebenshaltungskosten
Doch beides ist zu allgemein gefasst. Bei der Berechnung durch das Statistische Bundesamt handelt es sich lediglich um die offizielle Auffassung von Altersarmut.
Viel eher trifft die Definition zu, dass man dann arm ist, wenn man seine grundlegenden Lebenshaltungskosten nicht mehr durch sein Alterseinkommen decken kann.
Wer regelmäßig finanzielle Sorgen mit sich herum trägt oder das Gefühl hat, sich kaum etwas leisten zu können, fühlt sich arm. Selbst wenn er laut Statistik oberhalb der Grenze zur Altersarmut liegt. Dabei geht es wohlgemerkt nicht um irgendwelche Luxusartikel, sondern wirklich um das Grundlegendste, um an der Gesellschaft teilhaben zu können.
Altersarmut Ursachen: Frauen besonders betroffen
Seit Jahren wird mit großer Sorge auf die wachsende Armut der Senioren geblickt. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung kam bereits vor einigen Jahren zu dem Schluss, dass die Altersarmut weiter ansteigen wird. Die Gründe dafür wurden dort ebenfalls untersucht. Sie zeigen, dass es in erster Linie bestimmte Risikogruppen gibt, die häufiger als andere von Altersarmut betroffen sind:
- Frauen
Statistisch gesehen trifft die Altersarmut Frauen deutlich häufiger als Männer. Die Studie erklärt dies durch mehrere Ursachen: So ist die Lebenserwartung bei Frauen höher und eine mögliche Witwenrente entspricht nicht der Höhe, die der Mann bekommen hätte. Zudem ist die eigene Rente von Frauen aufgrund Erziehungspausen oder Teilzeitbeschäftigungen deutlich geringer. - Geringverdiener
Wer sein ganzes Leben arbeitet, braucht sich keine Sorgen um die Altersarmut zu machen? Leider stimmt das nicht. Es reicht nicht aus, das gesamte Arbeitsleben beschäftigt zu sein. Sie müssen auch genug verdienen, um vor Altersarmut geschützt zu sein. Zeitarbeiter, Minijobber und Geringverdiener, die über viele Jahre nur den Mindestlohn bekommen oder knapp darüber verdienen, rutschen später häufiger in die Altersarmut. - Arbeitslose
Eine lange Arbeitslosigkeit macht sich bei der Rente bemerkbar. Während Sie nicht arbeiten, zahlen Sie auch keine Beiträge in die Rentenversicherung und erhalten als Konsequenz daher nur weniger im Alter zurück. Entsprechend wirkt sich jedes Arbeitsjahr positiv auf die Rente aus. Für eine abschlagsfreie Rente werden insgesamt 45 Beitragsjahre benötigt. - Solo-Selbstständige
Die wenigsten Solo-Selbstständigen können es sich leisten, eine wirksame Altersvorsorge aufzubauen. Da sie nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen müssen, stehen Sie dann häufig im Alter ohne finanzielle Sicherheit da.
Dazu kommen aktuell noch die Auswirkungen der Corona-Krise und die hohe Inflation. Dadurch haben sich viele knappe Vorsorge-Modelle als inzwischen zu schwach erwiesen.
Altersarmut vorbeugen: Lösungen liegen nicht allein in der Rente
Wenn es darum geht, Altersarmut zu verhindern und zu bekämpfen, richten sich die Blicke zunächst auf die Politik. Hier müssen sicher Lösungen und Möglichkeiten gefunden werden, um die Altersarmut einzugrenzen und für bessere finanzielle Situationen im Alter zu sorgen. Denn die Rente alleine reicht oft nicht.
Doch bei aller Verantwortung der Politik gilt trotzdem: Um wirklich etwas gegen eine drohende Altersarmut zu tun, müssen Sie selbst aktiv werden. Hier gibt es drei Hebel, an denen Sie ansetzen können:
- Einkommen
Der wirkungsvollste aber oft schwierigste Hebel ist es, das Einkommen zu steigern. Das können Gehaltsverhandlungen mit Ihrem derzeitigen Arbeitgeber, ein Nebenjob oder die Generierung eines passiven Einkommens sein. Das erfordert zwar meist bei Zeiten etwas Engagement neben dem Beruf, wird aber wirkungsvoll sein. - Lebenshaltungskosten
Die zweite Möglichkeit ist es, die Lebenshaltungskosten zu reduzieren, um zu sparen. Die 50-30-20-Regel kann hierbei eine wertvolle Unterstützung sein, bei der Sie maximal 50 Prozent für Grundausgaben und 30 Prozent für persönliche Bedürfnisse ausgeben. Der Rest wird angespart. - Vorsorge
Die Altersvorsorge beruht neben der gesetzlichen Rente noch auf zwei weiteren wichtigen Bausteinen: der betrieblichen Altersvorsorge und der privaten Altersvorsorge. Bei der ersten dieser Säulen wandeln Sie einen Teil Ihres Gehaltes mit Arbeitgeberzuschuss in die Altersvorsorge um. Bei der zweiten können Sie frei bestimmen: Es muss daher nicht immer die klassische Lebensversicherung sein. Eine Möglichkeit ist die sogenannte Riester-Rente. Hier werden Ihre eigenen Ersparnisse durch staatliche Zuschüsse aufgestockt, wodurch der Gesamtbetrag erhöht wird.
Selbstverständlich können Sie auch mit Eigentum (Haus oder eine Eigentumswohnung) vorsorgen. Denn Mietkosten sind meist mit Abstand die größten Ausgaben. Leider ist dies selten für die besonders von Altersarmut gefährdeten Risikogruppen der Arbeitslosen und Geringverdiener umsetzbar.
Dann sollten Sie jedoch mit den anderen Mitteln Altersarmut verhindern, bevor sie überhaupt entstehen kann. Schieben Sie das Thema nicht auf, bis es zu spät ist. Kümmern Sie sich besser frühzeitig um die Vorbeugung.
Was zahlt das Sozialamt, wenn die Rente nicht reicht?
Wenn all dies nicht möglich ist, bleibt für viele meist nur die Grundsicherung im Alter. Dies ist eine staatliche Sozialleistung, die als finanzieller Zuschuss die Sicherung des Lebensunterhalts bedürftiger Menschen garantieren soll.
Wie hoch die monatliche Grundsicherung ist, wird dabei individuell und regional passend berechnet. Laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales umfasst die Grundsicherung die folgenden Leistungen:
- Der maßgebende Regelbedarf für den Leistungsberechtigten.
- Die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung.
- Mögliche Mehrbedarfe nach individueller Situation (beispielsweise bei Behinderungen).
- Die Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherungen, ebenso Zusatzbeiträge und Vorsorgebeiträge.
Zudem wurde mit Beginn des Jahres 2021 die Grundrente eingeführt. Wer mindestens 33 Beitragsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung vorweisen kann und dabei maximal 80 Prozent des deutschen Durchschnittsgehalts verdient hat, ist anspruchsberechtigt. In unserem entsprechenden Artikel über die Grundrente haben wir alle wichtigen Informationen für Sie über Voraussetzungen sowie Beantragung zusammengefasst.
Diese reicht aber in den meisten Fällen noch nicht aus, um aus der Altersarmut zu entkommen. So müssen Rentner oft zu weiteren Mitteln greifen: Eine mögliche Lösung ist natürlich, im Alter weiterhin beruflich aktiv zu bleiben und zu arbeiten. Mit dem Verdienst kann die Altersarmut abgewendet werden. Allerdings entspricht diese Variante nicht der wohlverdienten Rente, die sich viele vorstellen.
Spartipps für Rentner
Trotz Nebenjob und/oder staatlichen Leistungen bleibt es vielen Rentnern nicht erspart, den Gürtel enger zu schnallen. Sie müssen sparen, wo es nur geht. Viele haben darum Angst davor, sich gar nichts mehr leisten zu können und in der Gesellschaft „außen vor“ zu sein. Das kann in die Einsamkeit führen.
Dies muss jedoch nicht automatisch der Fall sein. Es gibt Mittel und Wege, im Alter einigermaßen günstig über die Runden zu kommen, ohne auf Wichtiges verzichten zu müssen. Das erfordert nur ein wenig Mühe und Kenntnis über die Spar-Möglichkeiten, die über das Nutzen der örtlichen Tafel hinaus gehen.
Einige Beispiele:
- Machen Sie einen Check Ihrer regelmäßigen Ausgaben: Was ist nötig? Was kann entfallen?
- Ein Versicherungsvergleich oder ein kostenloses Girokonto kann diese Ausgaben zusätzlich drücken.
- Führen Sie ein Haushaltsbuch.
- Beschäftigen Sie sich damit, wie Sie richtig heizen können.
- Nutzen Sie spezielle Rabatte für Senioren.
- Suchen Sie sich einen speziellen Handytarif für Senioren heraus, der für Sie passt.
Weitere wichtige Tipps, wie Sie Geld sparen können, finden Sie in unserem entsprechenden Artikel. Auf diese Weise lässt sich trotz Altersarmut weiterhin am gesellschaftlichen Leben teilhaben – selbst wenn keine ganz großen Sprünge möglich sind.
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