Hörgerät: Wann brauchen Sie eines?

„Wie bitte?“ Kommt Ihnen diese Nachfrage bekannt vor? Müssen Sie diese des Öfteren stellen? Dann kann es sein, dass Sie vielleicht ein Hörgerät benötigen.

Das ist heutzutage keine große Sache mehr. Zum einen nahm die Zahl der Hörschäden durch unsere Umwelt und unseren Lebensstil in den letzten Jahrzehnten stetig zu, zum anderen ist ein Hörgerät inzwischen mittels neuester Digitaltechnik klein, unauffällig und leistungsfähig.

Ob und ab wann Sie ein Hörgerät brauchen, welche Möglichkeiten es gibt und was sie kosten, klären wir hier.

Hörgerät: Wann brauchen Sie eines?

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Ab wann brauche ich ein Hörgerät?

Da jeder Mensch ein wenig anders hört, ist die Frage, ab wann Sie ein Hörgerät benötigen, subjektiv nicht so leicht zu beantworten. Der Hörsinn ist komplex und Verschlechterungen treten meist nicht ad hoc sondern sukzessive auf. Sie es durch regelmäßige Lärmbelastungen oder durch die üblichen Verschleißerscheinungen. Schließlich ist das Gehör rund um die Uhr auf Empfang. Da treten schnell Gewöhnungseffekte ein.

Deshalb ist es sinnvoll, regelmäßig einen Hörtest zu absolvieren. Entweder bei einem Hörakustiker oder besser noch: bei einem HNO-Arzt (also einem Fachmann für Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen). Spätestens wenn eine oder mehrere der folgenden Einschränkungen eintritt, sollten Sie einen solchen Hörtest aber auf jeden Fall durchführen lassen:

  • Sie müssen den Fernseher oder das Radio lauter stellen als früher.
  • Sie können Unterhaltungen nicht mehr folgen (insbesondere, wenn viele Menschen zugegen sind).
  • Sie merken, dass Sie die Geräusche des Straßenverkehrs weniger wahrnehmen und werden häufig von herannahenden Fahrzeugen überrascht.
  • Sie überhören öfter, wenn Sie jemand ruft.
  • Sie leiden an Ohrgeräuschen (Tinnitus).
  • Sie müssen immer wieder nachfragen oder sich den Sinn einer Aussage zusammenreimen.
  • Sie haben den Eindruck, dass Bekannte und Verwandte undeutlicher sprechen als früher.

All das bedeutet Stress für das Gehirn. Dieser Stress lässt sich vielleicht noch einige Zeit mit angenehmer Musik oder Naturgeräuschen zurückdrängen, aber für eine Prävention scheint es in vielen Fällen dennoch zu spät zu sein: Ein gestörtes Gehör lässt sich zwar schonen, aber es wird nie heilen und sich wieder zum Besseren entwickeln. Ist das Gehör einmal geschädigt, bleibt der Hörschaden für das restliche Leben. Sie können höchstens noch darauf achten, dass sich die Schwerhörigkeit nicht weiterentwickelt und mit einem Hörgerät zurück in ein normales Leben finden.

Andernfalls riskieren Sie, dass sich die Schwerhörigkeit auch in anderer Weise auf Ihren Gesundheitszustand negativ auswirkt: Ein Hörschaden kann langfristig dazu führen, dass durch den Stress die geistige Leistungsfähigkeit deutlich abnimmt. Die Folge können drastisch sein: angefangen von sozialer Isolation und Rückzug bis hin zu einer eventuellen Begünstigung von Krankheiten wie Demenz oder Depression.

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Hörgerät: Diese Modelle stehen zur Auswahl

Die Zeiten, in denen Schwerhörige hässliche, hautfarbene und schwere Klötze hinter den Ohren oder gar verkabelte Taschenempfänger mit sich herum tragen mussten und damit dennoch immer noch nicht richtig gehört haben, sind zum Glück vorbei. Durch die Digitaltechnik haben sich auch die Hörgeräte deutlich verbessert.

Denn inzwischen weiß man, dass das Hörzentrum im Gehirn aus zwei verschiedenen Untersystemen besteht: Die Wahrnehmung der Klangumgebung zur Orientierung und die der Fokussierung, um zum Beispiel einem bestimmten Gesprächspartner zu folgen oder bewusst Musik zu hören. Beide Bereiche sind wichtig für ein einwandfreies Hören und müssen dementsprechend bei der Anpassung eines Hörgeräts berücksichtigt werden. Nachdem früher nur auf ersteres Wert gelegt wurde, macht ein modernes Hörgerät beides möglich.

Dafür kommen je nach Diagnose, persönlicher Vorliebe und finanziellen Mitteln verschiedene Modelle zum Einsatz:

  • Hinter-dem-Ohr-Geräte
    Die Hinter-dem-Ohr-Geräte (kurz: HdO-Geräte) sind die Klassiker. Die Empfangsgeräte werden hinter dem Ohr befestigt und ein Schallkanal leitet die Signale zur Ohrmuschel. Im Empfangsgerät können leistungsfähige Batterien verbaut werden, so dass eine lange und unkomplizierte Nutzungsdauer möglich ist. Das Hörempfinden ist weitgehend natürlich, zuweilen kommt es jedoch zu Echo-Effekten durch eine winzige Zeitverzögerung in der Verarbeitung der Signale, gerade bei hohen Frequenzen.
  • Im-Ohr-Geräte
    Die Im-Ohr-Geräte (kurz: IdO-Geräte) gibt es in vielerlei Ausführungen. Entweder wird das Empfängergehäuse in der Ohrmuschel getragen oder sogar im inneren beziehungsweise äußeren Hörkanal. Letztere sind dementsprechend winzig und von außen kaum oder gar nicht wahrnehmbar. Dadurch bieten sie ein deutlich besseres Hörempfinden als die HdO-Geräte, sind allerdings auch entsprechend pflegeintensiver. Zum einen durch den Kontakt mit Schweiß und Ohrenschmalz, zum anderen um den Gehörgang entsprechend regelmäßig zu belüften. Zudem waren die Geräte lange Zeit ausschließlich nur für mittelgradige oder schwache Hörschäden geeignet, was sich inzwischen jedoch langsam bessert.
  • Receiver-in-the-canal-Geräte
    Die Receiver-in-the-canal-Geräte (kurz: RIC-Geräte) unterscheiden sich auf den ersten Blick kaum von den HdO-Geräten. Allerdings haben sie keinen Schallschlauch, sondern ein nur eine dünne Kabelleitung zur digitalen Übertragung der Signale. Dies verbessert neben der Optik auch den Klang und sorgt für eine kompaktere Bauweise sowie einen niedrigeren Energieverbrauch. Allerdings muss das Endstück im Innenohr platziert werden, ähnlich wie bei einem IdO-Gerät, was ebenfalls zu einem größeren Pflegeaufwand führt. Außerdem sind diese Geräte deutlich empfindlicher und somit reparaturanfälliger.
  • Hörbrillen
    Die gute Nachricht für alle Brillenträger ist, dass sich ein Hörgerät mit einer Sehhilfe kombinieren lässt. Das Empfangsgerät wird einfach in den hinteren Bügel eingearbeitet und die Übertragung der Signale erfolgt digital zum Gegenstück im Ohr. Ist die Brille kaputt, so kann das Empfangsgerät einfach auf die Ersatzbrille umgesteckt werden.
  • Implantate
    Implantate sind ebenfalls wieder in unterschiedliche Arten unterteilt: Entweder vollständige Implantate oder Teilimplantate (sogenannte „Knochenleitungshörsysteme“), bei denen das Empfangsgerät zwar außen am Kopf sitzt, das Endstück jedoch mit dem Knochen verbunden ist. Diese Geräte kommen bei Schädigungen des Mittelohres zum Einsatz, da mit ihnen die Schallwellen über eine Titanschraube quasi im Knochen weitergeleitet werden und so auch bei einer eigentlichen Taubheit des Ohres weiter gehört werden kann.
  • Tinnitusmasker
    Ein Tinnitusmasker kommt bei Ohrgeräuschen zum Einsatz. Er soll bestimmte Frequenzen erzeugen, die den Tinnitus gewissermaßen überdecken sollen. Dies ist insbesondere bei Stille wichtig, um die Wahrnehmung von den Ohrgeräuschen abzulenken.
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Kosten für ein Hörgerät

Ein Hörgerät sollte immer von einem Hörgeräteakustiker individuell angepasst und eingestellt werden. Je nachdem, welches Hörgerät Sie wählen und welches Sie benötigen, unterscheidet sich auch die Preisgestaltung:

  • Basis- und Einsteigergeräte kosten bis zu circa 500 Euro.
  • Mittelklassegeräte kosten zwischen 500 und 1.200 Euro.
  • Geräte der Oberklasse kosten zwischen 1.200 und 3.000 Euro.

Grundsätzlich lässt sich sagen: Je höher die Preisklasse, umso ausgereifter die Technik. Ab der Mittelklasse bieten die Geräte eine deutlich höhere Bandbreite und somit einen verbesserten Klang. Oberklassemodelle zeichnen sich dadurch aus, dass sie sehr klein, unauffällig und handlich sind.

Hörgerät auf Rezept

Basisgeräte können Sie mit einem Rezept eines HNO-Arztes als Kassenleistung erhalten. Sie bezahlen dann nur die Rezeptgebühr von 10 Euro und können sich ein Hörgerät bis zu einem Festbetrag von 784,94 Euro aussuchen. Und auch die Anpassungs- und Wartungskosten sind eingeschlossen (lediglich die Kosten für die Batterien müssen Sie selbst tragen). Ist ein Gerät teuerer, muss es medizinisch notwendig sein, um erstattet zu werden. Ansonsten müssen Sie die Mehrkosten selber zahlen. Dies gilt sowohl für die Kosten in Bezug auf den technischen Standard als auch auf die Größe.

Die Auswahl der Modelle, die als Kassenleistung geführt werden, ist zwischen den verschiedenen Hörgeräte-Akustikern unterschiedlich. Vergleichen lohnt sich also. Lassen Sie sich nicht drängen: weder zu einem teureren Kauf, noch zu einem schnellen. Diesen Kauf sollten Sie ohnehin erst dann tätigen, sobald Sie die schriftliche Zusage Ihrer Krankenversicherung haben.

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Umgang mit einem Hörgerät

Wenn Sie ein Hörgerät bekommen haben, ist es wichtig, dass sie dies entsprechend pflegen. Dazu zählt:

  • Reinigen und desinfizieren Sie das Hörgerät regelmäßig von Schweiß, Ohrschmalz und Schmutzpartikeln nach der entsprechenden Anweisung mit einem Tuch, Reinigungsspray, passenden Pflegeprodukten oder einem Reinigungsbad. Ultraschallgeräte oder Trockenboxen säubern besonders gründlich, sind aber auch teuerer. Gewöhnliche Haushaltsreiniger oder Alkohol sind für die Reinigung ungeeignet.
  • Vermeiden Sie den Kontakt des äußeren Hörgeräts mit Wasser oder direkter Sonneneinstrahlung. Dies gilt für alle elektronischen Bauteile. Auch Erschütterungen gilt es zu vermeiden.
  • Lassen Sie das Hörgerät regelmäßig von einem Hörakustiker warten. Dies gilt insbesondere für IdO-Geräte. Zudem sollten Sie Ihr Hörvermögen einmal im Jahr mit einem Hörtest überprüfen lassen. Dies zeigt, ob eine Nachjustierung notwendig ist.
  • Wechseln Sie regelmäßig die Batterien. Sie können in diesem Punkt auch Ressourcen sparen, indem Sie das Hörgerät ausschalten, wenn sie es nicht benötigen (vor allem Nachts).
  • Hunde können die hohen Signaltöne eines Hörgeräts wahrnehmen. Daher sollten Sie sich von den Tieren fern halten, um diese nicht unnötig aggressiv zu machen.

Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und informiert Sie nur allgemein. Er kann und soll eine medizinisch-ärztliche Beratung nicht ersetzen. Vor der Einnahme eines Medikamentes lesen Sie bitte die Packungsbeilage sorgfältig durch und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.

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