Wenn Eltern alt werden – ein erster Ratgeber

Natürlich wissen wir es – vom Kopf her: Unsere Eltern werden alt. Das ist ein natürlicher Prozess. Und doch trifft diese Erkenntnisse uns hart und unerwartet. Plötzlich treten Fragen auf, die Herausforderungen wirken teils überfordernd.
In diesem Artikel beleuchten wir, wie man die ersten Anzeichen des Alterns der eigenen Eltern erkennt, welche emotionalen Reaktionen dies hervorrufen kann, wie man angemessen damit umgeht und welche rechtlichen Verpflichtungen bestehen.

Wenn Eltern alt werden - ein erster Ratgeber

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Erste Anzeichen des Alterns erkennen

Das Altern ist ein schleichender Prozess, der sich in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens bemerkbar machen kann. Dass die eigenen Eltern ein reifes Alter erreicht haben, trifft uns oft überraschend, obwohl wir es eigentlich die ganze Zeit beobachten können. Vielleicht sehen Sie bei Ihren Eltern die folgenden Signale:

  • Körperliche Veränderungen

    Die Mobilität der Eltern lässt nach. Sie stürzen häufiger und haben Schwierigkeiten bei alltäglichen Aufgaben wie Getränkekisten tragen oder Treppensteigen.

  • Kognitive Veränderungen

    Mutter oder Vater vergessen Gesprächsinhalte. Sie können Sich nur schwer an Namen und Termine erinnern. Auch Probleme bei der Orientierung im Raum nehmen zu.

  • Emotionale Veränderungen

    Oft ist ein gewisser Rückzug aus sozialen Aktivitäten zu beobachten. Familienfeiern und auch kleine Treffen fallen ihnen zunehmend schwer, manchmal können auch erste Anzeichen für eine Depression beobachtet werden. Oder aber die eigenen Eltern sind reizbarer. Spontane Veränderungen strengen sie zunehmend an.

  • Haushaltsführung

    Zunehmend ist eine Unordnung im Haushalt zu beobachten. Es häufen sich die Vorräte im Vorratsschrank und abgelaufene Lebensmittel im Kühlschrank. Auch eine vernachlässigte Körperhygiene kann darauf hindeuten, dass eigentlich Unterstützung benötigt wird.

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Emotionale Reaktionen auf das Altern der Eltern

Es tut weh zu beobachten, wie Vater und Mutter älter werden. Als Eltern waren sie immer für einen selbst da, wirkten „über den Dingen stehend“, wie ein Fels in der Brandung – und mit einem Mal sehen wir ihre eigene Hilfsbedürftigkeit. Diese Erkenntnis kann uns unerwartet heftig erwischen:

  • Traurigkeit

    Wie bereits geschrieben: Das Bewusstsein, dass die Eltern nicht mehr die gleichen sind wie früher, kann schmerzhaft sein und macht einfach traurig.

  • Angst

    Zu der Traurigkeit kommen Sorgen um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Eltern. Manch einem pocht das Herz heftiger, wenn er das Handy unerwartet klingelt und die Nummer der Eltern auf dem Display erscheint.

  • Überforderung

    Man weiß nicht, welche Aufgaben einen in der nahen Zukunft treffen. Die Vorstellung, Verantwortung übernehmen zu müssen, wirkt selbstverständlich und zugleich belastend.

  • Schuldgefühle

    Eine neue Lebenssituation tritt ein. Die eigenen Eltern werden hilfsbedürftig. Die Rollen und Aufgaben sind noch nicht klar definiert beziehungsweise abgegrenzt und ein Gefühl, nicht genug zu tun oder nicht ausreichend präsent zu sein, kommt auf.

Nehmen Sie diese Gefühle an. Sie müssen sich deshalb nicht schlecht fühlen. Es ist ein ganz normaler Prozess. Wichtig ist, dass Sie sich gegebenenfalls Unterstützung suchen, sei es durch Gespräche mit Freunden, Familie oder professionellen Beratern.

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Anzeichen für Hilfebedarf erkennen

Vater und Mutter möchten eins nicht wirken: Hilfebedürftig! Gerne verkaufen sie den eigenen Gesundheitszustand als „nicht so schlimm“ oder „wir schaffen das“. Neben den bereits genannten Veränderungen gibt es spezifische Hinweise darauf, dass Ihre Eltern Unterstützung benötigen, welche Sie besser ernst nehmen!

  • Medikamenteneinnahme

    Vater oder Mutter nehmen die falsche Dosierung von ihren Medikamenten ein oder vergessen sie ganz.

  • Finanzielle Angelegenheiten

    Sie beobachten, dass Rechnungen über längere Zeit nicht geöffnet wurden und bemerken Schwierigkeiten beim Umgang mit dem Geld.

  • Soziale Isolation

    Die Eltern ziehen sich aus dem sozialen Leben zurück. Sie haben weniger Kontakt zu Freunden. Auch von Familienfeiern würden Sie sich am liebsten fern halten.

  • Verändertes Essverhalten

    Sie beobachten, dass Ihre Eltern eine mangelndes Interesse am Essen haben. Sie stellen auch einen markanten Gewichtsverlust fest.

Sie wünschen sich mehr Klarheit in einer solchen Situation? Das ist verständlich. Wenn es Ihnen möglich ist, sollten Sie Ihre Eltern regelmäßig besuchen. Offene Gespräche helfen, diese Anzeichen frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu handeln.

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Tipps für den Umgang mit alternden Eltern

Keiner möchte als unfähig dargestellt werden. Auch Eltern möchten selbstbestimmt ihr Leben führen. Deshalb erfordert der Umgang mit alternden Eltern Sensibilität und Verständnis. Wir möchten Ihnen einige Empfehlungen mit auf dem Weg geben:

  • Kommunizieren Sie offen.

    Sprechen Sie ehrlich über Ihre Beobachtungen und Sorgen. Das kostet Überwindung – keine Frage. Aber es hilft auch den Eltern, wenn das Unausgesprochene endlich einmal ausgesprochen wird. Wichtig ist, dass Sie dabei keine Vorwürfe machen. Begegnen Sie sich offen und auf Augenhöhe.

  • Respektieren Sie die Autonomie Ihrer Eltern.

    Es ist nicht der Zeitpunkt, Ihren eigenen Eltern die Autonomie abzusprechen. Im Gegenteil: Ermutigen Sie Ihre Eltern, so viel wie möglich selbst zu entscheiden und zu tun.

  • Unternehmen Sie gemeinsame Aktivitäten.

    Wenn Sie jetzt gemeinsam mit Ihren Eltern Dinge unternehmen, die Freude bereiten und das Selbstwertgefühl stärken, werden Sie einmal mit großer Dankbarkeit darauf zurückschauen.

  • Nutzen Sie professionelle Hilfe.

    Scheuen Sie sich nicht, externe Unterstützung in Anspruch zu nehmen, sei es durch ambulante Dienste oder Beratungsstellen. Sie werden es eher bereuen, es nicht getan zu haben, denn es gibt Hilfen. Man muss sie nur kennen.

Aufgaben erwachsener Kinder bei hilfsbedürftigen Eltern

Und dann kommt der Augenblick, vor dem wir alle nicht die Augen verschließen dürfen. Unsere Eltern sind richtig hilfsbedürftig und schaffen es nicht mehr, den Alltag allein zu bewältigen. Als direkter Nachkomme stehen Sie nun vor verschiedenen Aufgaben:

  • Organisation der Pflege

    Es muss eine Entscheidung getroffen werden, ob für die Eltern eine ambulante Pflege ausreichend ist, oder ob eine stationäre Pflege gewählt werden muss. Hier muss eine Auswahl über geeignete Einrichtungen oder Dienste getroffen werden.

  • Finanzielle Angelegenheiten

    Dieses Kapitel empfinden Sie vermutlich als äußerst unangenehm: Sie müssen einen Überblick über Einnahmen und Ausgaben Ihrer Eltern bekommen und eventuell Leistungen wie Pflegegeld oder Wohngeld beantragen.

  • Rechtliche Vertretung

    Sie benötigen Vollmachten und es müssen Betreuungsverfügungen erstellt werden, um im Bedarfsfall handlungsfähig zu sein.

  • Emotionale Unterstützung

    Wenn es irgend möglich ist, hilft Ihren Eltern Ihre persönliche Anwesenheit, denn in Gesprächen brauchen sie unbedingt das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit- auch von Menschen, die ihnen nahe stehen.

Rechtliche Verpflichtungen zur Pflege der Eltern

Vielleicht fragen Sie sich nun, wozu Sie eigentlich rechtlich in Deutschland verpflichtet sind, was die Pflege Ihrer Eltern angeht. Dazu gibt es klare Regelungen:

  • Keine Pflegepflicht

    In Deutschland gibt es keine gesetzliche Pflicht, dass Kinder ihre eigenen Eltern persönlich pflegen müssen. So werden Eltern als auch Kinder vor einer unzureichenden Pflegesituation geschützt.

  • Unterhaltspflicht

    Nach dem §1601 BGB sind Kinder im Rahmen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit dazu verpflichtet für die Pflegekosten ihrer Eltern aufzukommen, wenn Pflegeversicherung und Erspartes dazu nicht ausreicht. Allerdings gilt seit 2020 das Angehörigenentlastungsgesetz (§ 94 Abs. 1a SGB XII). Es sagt aus, das sie nur für die Pflege ihrer Eltern aufkommen müssen, wenn ihr Jahresbruttoeinkommen über 100.000 Euro liegt.

  • Selbstbestimmungsrecht der Eltern

    Grundsätzlich haben Eltern das Recht, selbst zu entscheiden, wer sie pflegt und wo sie gepflegt werden möchten.

Da Sie viele Sachverhalte rund um Ihre alternden Eltern klären müssen, ist es ratsam, sich frühzeitig über die rechtlichen Aspekte zu informieren und entsprechende Vorkehrungen zu treffen.

Gedanken zum Schluss

Das Altern der Eltern ist ein Prozess. In der Regel überfällt keinen die Hilfsbedürftigkeit der eigenen Eltern, sondern man wächst in die Situation hinein. Das bringt sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit sich. Durch Achtsamkeit, offene Kommunikation und rechtzeitige Planung können Sie Ihre Eltern unterstützend begleiten und gemeinsam Lösungen finden, die den Bedürfnissen Ihrer Eltern, aber auch Ihnen selbst gerecht werden.

Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und informiert Sie nur allgemein. Er ersetzt keine individuelle Beratung durch Fachpersonen.


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[Bildnachweis: Herbstlust.de; Shutterstock.com]

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