Altersdiskriminierung: So können Sie sich wehren

Der Zeitgeist der Gesellschaft fokussiert sich immer stärker auf junge Menschen. Altersdiskriminierung sieht man sowohl im Beruf als auch im gesellschaftlichen Umgang daher in vielen Situationen. Doch was ist Altersdiskriminierung überhaupt? ‚Ageism‘ – so der englische Fachbegriff – zeigt sich in Büro und Alltag auf unterschiedliche Arten. Wir beleuchten Beispiele, die gesetzliche Regelung und zeigen, was Sie gegen Altersdiskriminierung tun können.

Altersdiskriminierung: So können Sie sich wehren

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Beispiele für Altersdiskriminierung im Beruf

Einer repräsentativen Studie zufolge ist jeder Fünfte bereits wegen seines Alters im Beruf diskriminiert worden. Dabei ist es zunächst zweitrangig, ob die Befragten zu jung oder zu alt waren – sie hatten einfach nicht das passende Alter.

Im Berufsleben gilt man bereits spätestens ab Ende 40 als „älter“. Aber zu Altersdiskriminierung gehört mehr. Sie äußert sich am Arbeitsplatz oft unterschwellig. Lange Zeit war man im Büro ein gefragter Ansprechpartner. Doch je näher der Renteneintritt rückt, umso mehr wird man behandelt wie jemand, der sowieso nichts mehr auf die Reihe bekommt. Am Arbeitsplatz heißt es dann oft, man sei zu alt, um mit den schnelllebigen, technischen Entwicklungen mithalten und diese verstehen zu können.

Es gibt einige Merkmale und Indizien, an denen Sie festmachen können, dass in Ihrer Firma der Nährboden für Altersdiskriminierung vorhanden sein kann:

  • Anstellung
    Altersdiskriminierung findet sich nicht nur bei Berufsanfängern, die als zu jung erachtet und deshalb nicht eingestellt werden. Das Gleiche passiert allerdings paradoxerweise auch älteren Arbeitnehmern, denen keine Chance gewährt wird. Der Grund ist die Vermutung der Arbeitgeber, der Mitarbeiter verfüge im Alter über geringere Leistungsfähigkeit. Manchmal wird älteren Angestellten während eines Arbeitsverhältnisses sogar ein Umstieg auf eine Teilzeitbeschäftigung nahegelegt, um dem Nachwuchs Platz zu machen.
  • Stellenangebote
    Klare Altersangaben in einer Stellenanzeige sind gesetzwidrig. Eine Formulierung wie „Projektleiter zwischen 30 und 45 Jahren gesucht“ ist unzulässig. Aber selbst Formulierungen wie „Junges dynamisches Team sucht ebensolchen Kollegen“ kann bei Nichtberücksichtigung eines Bewerbers den Arbeitgeber in Erklärungsnot bringen. Der muss nämlich dann objektiv nachweisen, dass die Ablehnung nichts mit Altersdiskriminierung zu tun hatte.
  • Kinderwunsch
    Die Frage nach dem Kinderwunsch oder einer Schwangerschaft bei Frauen ist im Vorstellungsgespräch bekanntermaßen verboten. Eine Form von Altersdiskriminierung liegt vor, wenn grundsätzlich junge Frauen im gebärfähigen Alter ausgesiebt werden. Zwar wird dies die wenigsten von Ihnen in diesem Zusammenhang betreffen. Dennoch kann eine solche Praxis ein Hinweis darauf sein, dass in Ihrer Firma eine Kultur der Ungleichbehandlung vorherrscht.
  • Abfindung
    Im Falle einer Abfindung kann das Alter für einen Arbeitnehmer ebenfalls ein Nachteil sein. Sieht der Sozialplan des Unternehmens vor, dass solche höhere Abfindungen nur bis zu einer altersmäßigen Höchstgrenze gezahlt werden, kann sich dies für ältere Arbeitnehmer nachteilig auswirken. Denn hier wird die Berechnungsgrundlage für die Abfindung zu ihren Ungunsten geändert.

Altersdiskriminierung in Folge von Corona?

Durch die Corona-Krise sind viele Firmen finanziell gebeutelt. Für einige scheint es da nahe zu liegen, sich zuerst von den älteren Mitarbeitern zu trennen. Sie gelten als teurer und unflexibler.

Corona scheint also für einige Arbeitgeber nur ein willkommenes Mittel zum Zweck zu sein. Wer ohnehin schon betriebsinterne Umstrukturierungen und Verjüngungen geplant hat, nimmt diese nun oftmals vor.

Diese Praxis ist insofern widersprüchlich, da gesellschaftlich in Zeiten der Corona-Pandemie ein anderen Bild vorzuherrschen scheint: Die älteren Mitbürger gelten als Risikogruppe und sollen besonders geschützt werden.

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Beispiele für Altersdiskriminierung im Alltag

Mit Jugend werden zumeist Leistungsfähigkeit, Schnelligkeit und frische Ideen verbunden. Ältere Menschen haben dagegen eher selten eine Lobby. So zeigt die Werbung ältere Menschen häufig nur in Zusammenhang mit Seniorenprodukten; alle anderen Produkte werden von jungen und attraktiven Menschen beworben. Doch es gibt weitere Beispiele:

  • Umgang
    Rentner und Senioren sind tagtäglich einer Vielzahl an kleinen und größeren Diskriminierungen ausgesetzt. Das beginnt damit, dass sie mitunter von Fremden despektierlich als „Oma“, „Opa“ oder ähnliches tituliert werden. Oft reagieren andere Menschen auch einfach genervter. Oder sie sprechen lauter und langsamer, weil sie einen aufgrund des ersten optischen Eindrucks für nicht mehr aufnahmefähig halten.
  • Versicherungswesen
    Die Tarife von Versicherungen verändern sich mit zunehmendem Lebensalter, da die Statistiken aussagen, dass ältere Menschen in sämtlichen Bereichen ein höheres Risiko darstellen. Insbesondere Frauen sind in diesem Bereich doppelt betroffen. Zudem werden beispielsweise Transplantate von Krankenkassen bei Senioren häufig abgelehnt.
  • Wohnungssuche
    Auch bei der Suche nach einer Wohnung werden von vielen Vermietern eher junge, solvente Mieter bevorzugt – der Generation 60 plus wird anscheinend häufig ein eigenständiges und finanziell unabhängiges Leben gar nicht mehr zugetraut.
  • Stadtplanung
    Die Städteplanung realisiert oft nur unzureichend, dass die Gesellschaft älter wird. Erkennbar ist das an geringer Barrierefreiheit im öffentlichen Leben. So Beispiel zu hohe Bordsteinkanten,schlecht ausgebaute Bürgersteige oder fehlende Rolltreppen und Aufzüge in öffentlichen Gebäuden. Aber auch holprige Bodenbeläge wie Kopfsteinpflaster anstatt geteerte Wege oder ein schlecht ausgebautes Nahverkehrsnetz deuten auf fehlende Lobby von Älteren hin. Dazu fehlt es oft an altersangemessener Infrastruktur wie fußläufig erreichbaren Geschäften oder Ärzten.

Altersdiskriminierung zeigt sich außerdem bei der Vernachlässigung in der Altenpflege oder bei der Vergabe von Krediten, die älteren Menschen trotz vorliegender Sicherheiten nicht gewährt werden.

Grund für all diese Beispiele sind oftmals oberflächliche Vorurteile. Diese werden von Medien oft unterschwellig noch befeuert. Für die Anerkennung der Lebensleistung von Senioren scheint vielerorts kein Platz mehr zu sein.

Selbstverständlich treffen viele dieser Defizite auch junge Menschen, die beispielsweise gehbehindert sind wie Rollstuhlfahrer.

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Verstößt Altersdiskriminierung gegen das Grundgesetz?

Altersdiskriminierung ist nicht im Grundgesetz geregelt. Zwar gab es vor etlichen Jahren einmal einen Vorstoß der Senioren-Union, dieser hatte jedoch keine Chancen auf eine Mehrheit.

Allerdings findet sich im Grundgesetz der Artikel drei. Im ersten Absatz ist klar geregelt, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Dies ist ein Grundrecht in Deutschland.

Gesetz gegen Alterdiskriminierung

Daneben existiert das umgangssprachlich als „Antidiskriminierungsgesetz“ bezeichnete Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Es richtet sich gegen Diskriminierung jeder Art bietet eine rechtliche Handhabe gegen eine Benachteiligung aufgrund…

  • der ethnischen oder kulturellen Herkunft,
  • der Religion oder Weltanschauung,
  • einer Behinderung,
  • der sexuellen Identität,
  • des Alters oder
  • des Geschlechts.

Damit ist Altersdiskriminierung verboten und strafbar.

Altersdiskriminierung: Vergleich zu Österreich und der Schweiz

In Österreich gibt es seit 1979 das sogenannte „Gleichbehandlungsgesetz“. Dieses ist mit dem deutschen AGG vergleichbar, seit es in 90er-Jahren entsprechend erweitert wurde. Altersdiskriminierung ist in Österreich also genauso strafbar wie in Deutschland. Allerdings ist sie trotzdem noch ebenso verbreitet wie hierzulande.

In der Schweiz ist ein Diskriminierungsverbot sogar in der Bundesverfassung festgeschrieben. Allerdings betrifft dies nur öffentliches Recht, nicht aber Privatrecht. Seit vielen Jahren macht sich daher die Volksinitiative „Schutz vor Altersdiskriminierung“ dafür stark, diese Lücke zu schließen.

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Woran erkenne ich Altersdiskriminierung?

Eine klare Definition von Altersdiskriminierung ist in der Praxis häufig nicht einfach. Wie bei allen Formen der Diskriminierung kann sich Altersdiskriminierung im Sprachgebrauch äußern, beispielsweise bei Beleidigungen oder bei bestimmten Bezeichnungen. Daneben gibt es die institutionalisierte Altersdiskriminierung in Form von Regeln und Vorschriften.

Regelungen, die Altersgrenzen beinhalten, sind in den unterschiedlichsten Bereichen bekannt. In Fällen wie etwa dem Wahlrecht oder dem Besitz des Führerscheins stehen diese Grenzen immer wieder zur Debatte. Gerade der Führerschein wird im Zusammenhang mit älteren Menschen häufig diskutiert, da ihnen eine geringere Reaktionsfähigkeit und damit ein höheres Unfallrisiko unterstellt wird. Dabei belegen Untersuchungen, dass erst bei über 80-Jährigen das Unfallrisiko wieder auf das Niveau von 18- bis 24-Jährigen, der Altersgruppe, mit den höchsten Unfallquoten, fällt.

Doch sind solche Forderungen schon Altersdiskriminierung? Dieses Beispiel zeigt, wie schwierig es ist, eine klare Definition von Altersdiskriminierung festzuhalten. Denn im Einzelfall kann das Autofahren im Alter sehr wohl eine Gefahr darstellen. Zum Beispiel, wenn die Sehkraft eingeschränkt ist.

Woran erkennen Sie nun also Altersdiskriminierung? Einige wesentliche Anhaltspunkte können dabei folgende sein:

  • Pauschale Aussagen
  • Beliebig festgelegte Altersgrenzen
  • Despektierliche Sprache
  • Verändertes, ausgrenzendes Verhalten

Wie kann ich mich gegen Altersdiskriminierung wehren?

Wer aufgrund seines Alters diskriminiert wird und sich daher unfair behandelt fühlt, ist verständlicherweise wütend und frustriert. Früher verband man das Alter früher noch mit Begriffen wie Gelassenheit, Weisheit oder Lebenserfahrung. Heute existieren hingegen eher negative Assoziationen. Höheres Alter wird inzwischen viel öfter mit Gebrechlichkeit und Vergesslichkeit assoziiert.

Doch was hilft bei Altersdiskriminierung? Wie können Sie sich wehren? Dabei sollten Sie wissen, dass Sie Anspruch auf Entschädigung und Schadensersatz haben, sofern ein Verstoß gegen das AGG vorliegt.

Um diesen einzufordern, müssen Sie innerhalb von zwei Monaten nach der Diskriminierung dem entsprechenden Unternehmen oder der Person eine schriftliche Mitteilung Ihrer Forderungen übergeben.

Tipps, wo Sie sich Hilfe bei Altersdiskriminierung holen können:

  • Antidiskriminierungsstelle
    Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, kurz ADS, steht ebenfalls mit Rat und Tat zur Seite. Betroffene können telefonisch um Hilfe suchen: 030 18555-1865, per Fax: 030 18555-41865 oder sich per E-Mail an die Berater wenden: beratung@ads.bund.de. Zudem finden Sie Informationen auf der entsprechenden Homepage.
  • Betriebsrat
    Findet die Altersdiskriminierung im Büro oder sonst im Beruf statt und existiert im Unternehmen ein Personal- oder Betriebsrat, dann sollten Sie Kontakt zu diesem aufnehmen und den Fall besprechen. Zudem bieten Gewerkschaften Beratungen auf diesem Feld an.
  • Organisationen
    Neben einer parteilichen Organisation, die gezielt die Interessen älterer Bürger vertritt, den sogenannten „Grauen“ (früher auch als „Graue Panter“ bekannt), gibt es verschiedene Vereine, so beispielsweise die Deutsche Seniorenliga. Sie informieren zu Gesellschaft und Politik ebenso wie zu Gesundheit, Sicherheit und weiteren Themen.

Altersdiskriminierung: Wortherkunft und Begrifflichkeit

Das Wort Diskriminierung stammt von dem lateinischen Verb „discriminare“. Dieses Fremdwort bedeutet soviel wie: trennen, unterscheiden oder abgrenzen. Das klingt zunächst nach einer neutralen Bedeutung und ist es auch, denn erst im Laufe der Zeit wurde der Begriff zunehmend negativ bewertet.

Dies gilt insbesondere beim Thema Altersdiskriminierung. Synonym werden häufig auch Begriffe verwendet wie:

  • Ausgrenzung aufgrund des Alters
  • Benachteiligung aufgrund des Alters
  • Geringschätzung aufgrund des Alters
  • Herabsetzung aufgrund des Alters

Selbstverständlich spielt das Alter im Leben häufig eine zentrale Rolle. Das beginnt bei der Einschulung und setzt sich fort beim legalen Erwerb von Rauschmitteln wie Tabak und Alkohol, beim Führerschein oder beim Wahlrecht. Doch das ist noch keine Altersdiskriminierung. Unter ihr versteht man eine gesellschaftliche oder wirtschaftliche Benachteiligung einer Person aufgrund ihres Lebensalters.

Zwar kann theoretisch jede Altersgruppe diskriminiert werden, doch häufig wird mit dem Begriff die Ausgrenzung einer Gruppe ober- oder unterhalb eines bestimmten Alters assoziiert. Betrachtet man die Diskriminierung aufgrund eines vermeintlich zu hohen Alters, wären die Begriffe „Altendiskriminierung“ beziehungsweise „Seniorenfeindlichkeit“ exakter, auch wenn diese im Alltag kaum verwendet werden. Im anglo-amerikanischen Raum wird daher der Fachbegriff „ageism“ verwendet.

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