Nein sagen lernen: Tipps – so schaffen Sie es endlich

Würden Sie gerne Nein sagen, weil Sie viel zu tun haben und die Arbeit sich auftürmt? Aber Sie trauen sich nicht? Mit diesem Gefühl sind Sie nicht allein. Sich abgrenzen fällt vielen Menschen schwer. Es gilt als Tugend, „hilfsbereit“ zu sein, und das Ausschlagen einer Bitte wirkt egoistisch. Dabei ist Nein sagen eine Form des Selbstschutzes. Wir geben Ihnen Tipps, wie Sie ohne schlechtes Gewissen Nein sagen können.

Nein sagen lernen: Tipps - so schaffen Sie es endlich

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Nein sagen lernen: 7 Tipps

Wer sich nicht traut, auch mal Nein zu sagen, wird auf Dauer durch eine hohe Arbeitsbelastung überfordert werden. Wer aber Nein sagen kann, hat die Möglichkeit, sich selbst zu schützen, und betreibt Selbstfürsorge. Mit einem Nein eine Grenze setzen ist nicht immer leicht, aber Sie können es lernen. Wir haben für Sie wertvolle Tipps zusammengestellt.

(Die wichtigsten Informationen im Video – Länge: 2 Minuten 57 Sekunden)

1. Bedenkzeit einräumen

Der wichtigste Tipp ist: Bitten Sie um Bedenkzeit. Der erste Impuls ist oft Ja sagen. Wenn Sie direkt zusagen, bürden Sie sich eventuell eine Aufgabe auf, deren Ausmaß Sie gar nicht abschätzen können. Wenn Sie nicht sofort antworten, verschaffen Sie sich die Zeit, genauer über das Anliegen nachzudenken und die eigenen Ressourcen zu überprüfen. Teilen Sie dem Bittenden mit, dass Sie ihm zu einem späteren Zeitpunkt mitteilen werden, ob er mit Ihrer Unterstützung rechnen kann.

2. Eigene Motivation hinterfragen

Hinterfragen Sie sich und Ihre eigenen Motive: Warum wollen Sie nicht Nein sagen?

  • Wollen Sie hilfsbereit sein?
  • Haben Sie Angst, der Person vor den Kopf zu stoßen?
  • Wollen Sie mit dem Gefallen besonders kompetent wirken?
  • Befürchten Sie, etwas Wichtiges zu verpassen (Englisch „Fomo“ – fear of missing out)?
  • Denken Sie, jemand könnte Ihre Ablehnung als selbstsüchtig einstufen?

Was auch immer Ihre persönliche Motivation ist – am besten ist es, wenn Sie aus freien Stücken helfen möchten. Einfach, weil Sie es so wollen.

3. Motivation des Bittenden überprüfen

Überprüfen Sie die Motive des Bittstellers:

  • Ist er wirklich in Not und auf Ihre Hilfe angewiesen?
  • Möchte er Sie mit seiner Frage nur unter Druck setzen und Schuldgefühle auslösen?
  • Möchte er Sie eventuell sogar erpressen?

Es gibt Bittsteller, die mehr oder weniger bewusst solche Strategien nutzen, und damit Ihr schlechtes Gewissen verstärken. Machen Sie sich frei von solchen Manipulationen. Bewerten Sie die Situation nach Ihrem Maßstab und machen Sie sich keine Sorgen.

4. Folgen bewusst machen

Führen Sie sich in aller Ruhe Ihre Termine vor Augen und machen Sie sich die Tragweite Ihrer Entscheidung bewusst:

  • Was kostet es Sie, wenn Sie auf die Bitte eingehen?
  • Müssen Sie bei einer Zusage anderen absagen oder auf etwas verzichten?
  • Geraten Sie selbst in Zeitdruck oder müssen eine andere Aufgabe liegen lassen?

Wenn Sie selbst in Nöte geraten und sich gestresst fühlen, dürfen Sie mit ruhigem Gewissen absagen.

5. Erlaubnis geben

Das ist ein ganz neues Gefühl: Sie erlauben sich ein Nein! Denn Sie dürfen Nein sagen, wenn sich für diese Bitte keine Lücke in Ihrem Kalender findet. Sie dürfen einen Wunsch ablehnen, wenn Sie den Eindruck haben, dass Sie immer der Gebende sind. Sie haben das Recht, auf Ihre Grenzen und Bedürfnisse zu achten. Natürlich gibt es echte Notsituationen zum Beispiel bei Krankheit oder Unfällen, in denen ein Nein außerordentlich hart wäre, aber das werden Sie erkennen und entsprechend Ihre Entscheidung für ein Ja treffen.

6. Standhaftigkeit zeigen

Dazu ist es wichtig, dass Sie bei Ihrem Nein bleiben. Formulieren Sie klar, entschuldigen oder rechtfertigen Sie sich nicht dafür. Vermeiden Sie Füllwörter wie „eigentlich“ oder „irgendwie“ und den Konjunktiv. So etwas kann man üben, indem man sich für zukünftige Fälle Sätze parat legt.

Beispiele für ein freundliches Nein:

  • „Das geht nicht. Hierfür fehlt mir leider gerade die Zeit.“
  • „Dieses Mal muss ich Deine Bitte ablehnen.“
  • „Ich bitte um Verständnis, aber mir fehlt derzeit die Energie. Ich muss mich erst erholen.“
  • „Wenn es dringend ist, frage bitte jemand anderes.“
  • „An diesem Tag kann ich leider nicht. Ich könnte dir aber einen anderen Vorschlag machen.“
  • „Es ist mir nicht möglich, diesen Wunsch zu erfüllen.“
  • „Tut mir leid, aber das habe ich nicht gelernt, und es würde viel zu lange dauern, wenn ich das mache.“

Besteht die Gefahr einzuknicken, sollten Sie sich eins verdeutlichen: Bei anderen Menschen respektieren Sie doch auch, wenn diese Nein sagen. Sich sollten Sie das gleiche Recht zugestehen.

7.Diplomatie anwenden

Beim Nein zu bleiben ist vor allem dann schwierig, wenn dem anderen die Enttäuschung anzumerken ist. Bei guten Freunden etwa. Dann können folgende Tipps helfen:

  • Zeigen Sie Verständnis
    Signalisieren Sie Ihrem Gegenüber, dass Sie die Bitte verstehen. Wenn Sie wollen, können Sie Ihre Ablehnung begründen. Das ist keine Rechtfertigung, macht Ihre Antwort aber verständlicher. Zum Beispiel möchte ein Bekannter, dass Sie beim Umzug helfen – Sie haben aber einen Bandscheibenvorfall und dürfen nicht heben.
  • Geben Sie eine Alternative
    Grundsätzlich würden Sie der Bitte nachkommen, aber der Zeitpunkt ist gerade ungünstig. Dann können Sie antworten: „Ich würde Dir gerne helfen. Statt Freitag passt mir aber der Samstag besser. Geht das auch?“ Oder Sie kennen eine Alternative: „Ich selbst habe zwar keine Heckenschere, aber mein Nachbar leiht sie Dir sicherlich gerne aus.“
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Nein sagen ohne Schuldgefühle und schlechtem Gewissen

Das Nein sagen wird in unserer Gesellschaft zwiespältig gesehen:

  • Auf der einen Seite bringen wir den Kindern bei, wie wichtig Freundlich- sowie Höflichkeit und vor allem Hilfsbereitschaft sind. Ein ablehnendes Nein wird getadelt und als schlecht beurteilt, weil es wichtig ist einander positiv zu begegnen und zu helfen.
  • Auf der anderen Seite gilt Selbstbewusstsein und persönliche Stärke als erstrebenswert. Menschen, die ein klares Nein sagen, werden für Ihre Geradlinigkeit bewundert.

Es muss immer wieder eine Balance gefunden werden zwischen mir und den anderen.

Warum ist es wichtig, Nein zu sagen?

Alte Glaubenssätze hindern uns häufig daran Nein zu sagen, wenn es eigentlich besser wäre. Beispielsweise der Irrtum, sich abzugrenzen sei egoistisch. Es gibt Menschen, die setzen diese Denkweise für ihren Zweck ein und nutzen andere gnadenlos aus. Es macht durchaus Sinn darüber neutral nachzudenken, ob man immer der Gebende oder auch mal der Nehmende in dieser Beziehung ist.

Auf Dauer schadet der Ja-Sager sich selbst, wenn er jede Bitte erfüllt. Denn er geht konstant über seine eigenen Grenzen hinweg.
Die Selbstausbeutung hat noch weitere Nachteile: Wer immer Ja sagt, strahlt wenig Stärke aus. Wirkt beliebig und womöglich inkonsequent. Auf diese Weise büßen Sie an Respekt ein. Auch signalisieren Sie unbewusst, dass jede Bitte Erfolg haben wird. Das ermutigt andere sogar, Ihnen weitere Arbeit aufzubürden.

Umgekehrt haben Sie etliche Vorteile, wenn Sie Nein sagen:

  • Sie verschaffen sich Respekt.
  • Ihr Zeitmanagement verbessert sich.
  • Sie strahlen Souveränität aus.
  • Der Stress hält sich in Grenzen.
  • Sie stärken Ihr Selbstbewusstsein.
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Psychologie: Warum ist es so schwer, Nein zu sagen?

Jemand bittet Sie um einen Gefallen und Ihre Antwort ist Ja – obwohl Sie eigentlich nicht wollen. Warum ist es so schwer, Nein zu sagen? Evolutionsbiologisch ist der Mensch betrachtet ein Herdentier. Gegenseitige Unterstützung sicherte schon immer das Überleben. Dieses Wissen ist tief in uns verwurzelt. Und so gibt es viele psychologisch erklärbare Gründe:

  • Sie können nicht Nein sagen aus Angst vor Ablehnung

    Häufig stecken Minderwertigkeitsgefühle dahinter, wenn Menschen sich nicht trauen Nein zu sagen. Sie haben Angst vor Ablehnung und Liebesentzug oder noch schlimmer: Sie setzen ihr Nein mit Egoismus gleich.

  • Sie können nicht Nein sagen, weil Sie sich geschmeichelt fühlen

    Jemand benötigt Ihre Hilfe – das ist eine Gelegenheit zu glänzen und als Retter in der Not dazustehen. Dummerweise gehören Komplimente und Schmeicheleien zur manipulativen Strategie vieler Bittsteller.

  • Sie können nicht Nein sagen aus Angst, etwas zu verpassen

    Im Englischen gibt es ein Akronym für dieses Phänomen: FOMO (Fear Of Missing Out) steckt häufig dahinter, wenn Menschen Einladungen annehmen, obwohl sie zeitlich stark eingebunden sind.

  • Sie können nicht Nein sagen, weil es nicht zum Selbstbild passt

    Nein sagen und damit zugeben, dass man gerade am Limit ist? Das kommt für einige nicht infrage. Ihr Selbstbild ist das einer Person, die immer alles schafft – egal wie. Nein sagen gilt Ihnen als Zeichen der Schwäche. Stattdessen beißen Sie lieber die Zähne zusammen.

  • Sie können nicht Nein sagen aus Angst vor den Konsequenzen

    Besonders im beruflichen Kontext trauen sich nur wenige, dem Chef eine Bitte abzuschlagen. Aber auch hier gilt: Sie können nicht für alles aufkommen, die eigene Gesundheit geht in jedem Fall vor.

  • Sie können nicht Nein sagen, weil Sie das Helfersyndrom haben

    Das Gefühl, gebraucht zu werden, ist bei manchen Menschen stark ausgeprägt. Sie kompensieren damit ihr Minderwertigkeitsgefühl oder fühlen sich wichtig.

  • Sie können nicht Nein sagen, weil Sie sich verantwortlich fühlen

    Auch gesellschaftliche Rollenbilder haben einen Einfluss. Immer noch werden an Mädchen andere Maßstäbe angelegt – sie haben freundlich, hilfsbereit und sozial zu sein. Jungen erlaubt man eher Rabaukentum und Abgrenzung.

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Nein sagen – Selbstbewusstsein stärken

Die Stärke auch einmal Nein zu sagen, hat ganz viel mit dem eigenen Selbstbewusstsein zu tun. Wer über seine physische und psychische Konstitution gut reflektiert und seine Kräfte abschätzen kann, weiß, wann er sich abgrenzen muss, um den eigenen Energietank wieder zu laden. Denn letztendlich kann nur der geben, der etwas zu geben hat. Alles andere wäre selbstzerstörerisch.

Eine Absage zu erteilen, erfordert immer wieder Überwindung, keine Frage. Egal, was Sie in der Erziehung oder an guten Manieren gelernt haben: Es ist genauso höflich und angemessen, eine Bitte abzulehnen, wenn es partout nicht geht oder Ihnen sogar schadet.

Sie können und dürfen Nein sagen! Ganz ohne schlechtem Gewissen, wenn Sie sorgsam für sich abgewogen haben. Das Schöne ist, wenn Sie einmal ein Nein ausgesprochen haben, werden Sie den Mut finden, dieses auch wieder zu tun, weil Sie gelernt haben, für sich selbst einzustehen.

Nein sagen ist Selbstfürsorge!

Nein sagen – Sprüche

Sie suchen noch eine kleine Erinnerung, damit Sie täglich Mut finden, auch mal Nein zu sagen. Lassen Sie sich von diesen Sprüchen inspirieren und hängen Sie sich gut sichtbar auf:

  • „Ein Nein aus tiefstem Herzen ist besser und größer als ein Ja, mit dem man gefallen möchte oder – noch schlimmer – Ärger vermeiden will.“ (Mahatma Gandhi)
  • „Lerne Nein zu sagen, erst dann werden sie dein Ja zu schätzen wissen.“
  • „Mein Nein ist mein erster Schritt zu meiner persönlichen Freiheit.“
  • „Nein sagen kann die befreiendste Form der Selbstliebe sein.“
  • „Nein! – ist ein kompletter Satz. Er braucht weder Erklärung noch Rechtfertigung.“ (Karrierebibel)
  • „Nichts ist schwerer und erfordert mehr Charakter, als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und zu sagen: Nein!“ (Kurt Tucholsky)
  • „Die Menschen die dich wirklich lieben, werden applaudieren, wenn du eine Grenze setzt.“ (Laura Malina Seiler)
  • „Das Wörtchen Nein steht ganz vorn unter den Waffen gegen Zeitfresser.“ (Claus Gaedemann)
  • „Man geht leichter durch das Leben, wenn man sich Schuhe anzieht, die wirklich passen.“

Weiterführende Artikel

[Bildnachweis: Herbstlust.de]

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