Definition: Was ist eine offene Beziehung?
Ist von einer offenen Beziehung die Rede, bezieht sich das auf die Liebesbeziehung oder Partnerschaft zwischen zwei Menschen. Üblicherweise ist diese monogam angelegt. Das bedeutet, beide versprechen sich sexuelle Treue, Exklusivität. In einer offenen Beziehung jedoch erlauben beide sich gegenseitig noch andere Partner.
Das schließt Erotik und Sexualität mit anderen Menschen ein. Manchmal sind die Beteiligten verheiratet. Das Beziehungsmodell ist im Prinzip identisch, aber es nennt sich offene Ehe. Hier gibt es zwar Parallelen zur Polygamie (Vielehe), die ist jedoch rechtlich in Deutschland verboten.
Unterschied zum Fremdgehen
Der wohl größte Unterschied zum Fremdgehen ist, dass eine offene Beziehung mit Wissen des Partners stattfindet. Wie sich das im Detail gestaltet, ist Verhandlungssache. Aber beide Partner gehen ehrlich mit dem Thema um und sprechen ihre Wünsche an. Das unterscheidet diese Beziehungsform vom Seitensprung, der heimlich stattfindet. Hier unternimmt der fremdgehende Part alles, um seine Untreue zu verbergen. Wohl wissend, dass die sexuelle Untreue seine Beziehung gefährdet.
Insofern werden offene Beziehungen auch nicht als Untreue gehandelt. Im Gegenteil: Oft verpflichten beide sich zu emotionaler Treue. Der Wunsch nach Erotik und Berührungen durch eine andere Person wird ausgelebt. Gleichzeitig bleibt die eigentliche Beziehung davon unberührt. Zumindest theoretisch. Einige Paare berichten sogar von einer gestärkten Partnerschaft, tieferer Liebe und Verständnis dadurch.
Unterschied zur Polyamorie
Ebenfalls nicht zu vergleichen sind offene Beziehungen mit Polyamorie. Denn das sind durchaus langfristig ausgelegte Liebesbeziehungen – nur eben zu mehr als einer Person. Eine offene Zweierbeziehung kann aber auch durch One-Night-Stands vom monogamen Ideal abweichen. Diese haben keinerlei emotionale Bedeutung, stillen aber den Wunsch nach Abwechslung.
In der Praxis kann es dennoch Überschneidungen zwischen offener Beziehung und Polyamorie geben. Wenn die freie Liebe doch nicht funktioniert wie geplant. Beispielsweise weil sich ein Partner in einen anderen verliebt. Oder aber eine Beziehungskrise offenbar wird. Veränderte Rollen begünstigen diverse Konflikte in polyamourösen Konstellationen.
Regeln für eine offene Beziehung
Die Aussicht darauf, mit ein und demselben Partner nicht nur sein Leben zu verbringen, sondern auch das Bett zu teilen, schreckt manche Menschen ab. Sind Alltag und Langeweile in eine Beziehung eingekehrt, erscheint die offene Partnerschaft reizvoll. Ob sie ein Heilsbringer ist, muss jedes Paar für sich entscheiden. Damit die offene Beziehung jedoch funktionieren kann, sollten Sie diese Regeln beachten:
1. Thema ansprechen
Wer sich für dieses Beziehungsmodell entscheidet, bricht mit gesellschaftlichen Konventionen. Beide Partner sollten wissen, dass sie ein Tabu begehen (wenngleich Ehebruch nicht mehr strafbar ist). So betrachtet erfordert ein Gespräch mit dem Partner vor allem Mut und Sensibilität. Denn es besteht immer die Gefahr, dass der Partner auf den Wunsch verletzt reagiert. Daher sollte unbedingt ein ruhiger Moment gewählt werden. Auch sollten Sie gegebenenfalls mit Wut oder Trauer des Partners umgehen können. Darauf aufbauend geht es darum, die eigenen Vorstellungen zu sondieren und die gemeinsamen Wünsche und Erwartungen zu klären.
2. Grenzen abstecken
Eine offene Beziehung ist kein Freibrief für zügelloses Verhalten und Unverbindlichkeit. Jedes Paar muss zuvor definieren, wie offen die Beziehung sein darf. Jeder Partner muss klar seine Grenzen abstecken: Ist nur Sex erlaubt oder mehr? Wie oft darf der Partner mit ein und derselben Person schlafen? Darf es sich um Bekannte handeln? Welche Praktiken sind erlaubt, was passiert, wenn einer sich verliebt? Experten empfehlen, bestimmte Tabu- und Exklusivbereiche zu beachten. Das betrifft beispielsweise ebenfalls den Ort solcher Treffen. Die eigenen vier Wände sind in der Regel ausgeschlossen.
3. Exklusivität wahren
Kernelement einer offenen Beziehung ist die aufgehobene sexuelle Exklusivität. Psychologisch betrachtet sehnen sich dennoch alle Menschen nach Zweierbeziehungen – und eben Exklusivität. Niemand möchte das Gefühl haben, nur eine Nebenrolle zu spielen oder ersetzbar zu sein. Solange ein Paar für sich entscheidet, dass „nur Sex“ mit anderen wesentliches Merkmal ihrer Beziehung ist, kann das Beziehungsmodell klappen. Gefühle und Sex bleiben dann für die Liebesbeziehung reserviert. Schwierig ist es, wenn nicht nur Sex, sondern auch Emotionen mit anderen geteilt werden sollen. Genau das macht polyamouröse Beziehungen so kompliziert: Hier sollen alle Beteiligten gleichwertige Partner sein.
4. Übereinkunft treffen
Wichtigstes Kriterium ist absolute Einigkeit: Willigt einer nur dem anderen zuliebe ein, belastet das die Beziehung. Absolute Ehrlichkeit auch bei unangenehmen Punkten ist also ein Muss. Dennoch kann es sein, dass trotz aller Übereinkünfte und Regeln ein Partner feststellt, dass die offene Beziehung ihm nicht zusagt. Solche Gefühle sollte man ernst nehmen. Vieles lässt sich nicht im Voraus erahnen. Wer noch nie in einer offenen Paarbeziehung gelebt hat, kann häufig erst mit entsprechender Erfahrung benennen, was ihn stört. Wichtig ist dann ein erneutes Gespräch.
5. Eifersucht ergründen
Wie offen eine Beziehung sich gestaltet, was erlaubt ist und was nicht, hängt vom Grad der Eifersucht ab. Ganz banal: Viele Menschen können sich vorstellen, selbst eine offene Beziehung zu führen. Ihrem Partner dasselbe Recht zuzubilligen, ist allerdings ein anderes Kaliber. Die Eifersucht nagt an einem. Häufig besteht die Angst, dass sich der Partner womöglich noch in die andere Person verliebt. In solchen Fällen raten Experten, die Eifersucht zu ergründen: Was befördert das Gefühl, obwohl beide den Entschluss gefasst haben, eine offene Paarbeziehung zu führen? Meist ist es so, dass einige Rahmenbedingungen noch nicht klar sind. Auch hier sollten Sie darüber reden, so lassen sich unbegründete Ängste oft nehmen.
6. Sicherheit garantieren
Neben klar kommunizierten Regeln ist Verbindlichkeit oberstes Gebot. Jeder Partner hält sich an das, was beide beschlossen haben. Gibt es Gesprächsbedarf, klären beide einvernehmlich die Punkte. Sicherheit sollte außerdem zum verbindlichen Verhalten zählen: Schützen Sie Ihren Partner (und andere) vor Geschlechtskrankheiten. Sorgen Sie für Verhütung. Nur wer absolut Verantwortung für sein Verhalten übernimmt, stärkt das Vertrauen in sich und die Partnerschaft.
7. Partnerschaft pflegen
Bei allen Absprachen ist es wichtig, dass Sie Zeit für sich und Ihren (Haupt-)Partner reservieren. Die Partnerschaft am Leben erhalten. Denn wenn die offene Beziehung als Notnagel für Probleme herhalten soll, sind weitere Konflikte absehbar. Der Partner sollte aber immer oberste Priorität vor anderen potenziellen Partnern haben. Wichtig daher auch, gemeinsam Sexualität miteinander zu leben. Paartherapeuten empfehlen daher, bestimmte Routinen und Rituale beizubehalten. Reservieren Sie Tage, in denen Sie nur Zeit miteinander verbringen.
Offene Beziehung: Vor- und Nachteile
In fast jeder zweiten Ehe kommt es zur Scheidung. Manch einer glaubt, das läge vor allem daran, dass Menschen nicht für monogame Beziehungen gemacht seien. Ob dieses Beziehungsmodell für einen funktioniert, kann jeder nur selbst herausfinden. Hier die Vor- und Nachteile von offenen Beziehungen im Überblick:
Vorteile
- Abwechslung
Eine offene Beziehung verspricht Abwechslung im Liebesleben. Sexuelle Freiheit, die Chance, Neues auszuprobieren reizt viele. - Rauschzustände
Neuen Beziehungen wohnt etwas Rauschhaftes inne. Das Gefühl verpufft bei länger bestehenden Beziehungen. - Festigung
Durch die intensive Auseinandersetzung mit Wünschen und Erwartungen lernen beide Partner sich besser kennen. Nicht gegen die eigenen Sehnsüchte handeln zu müssen, bedeutet einen großen Vertrauensbeweis und verschafft Erleichterung.
Nachteile
- Verletzungen
Das Thema anzusprechen, aber auch die praktische Umsetzung kann zu Verletzungen führen. Auch wenn der Partner sich zuvor einverstanden erklärt hat. - Verliebtsein
Ebenso ist es möglich, dass trotz entsprechender Absprachen sich ein Partner in eine andere Person verliebt. Gleichzeitig besteht dieses Risiko auch außerhalb einer offenen Beziehung. - Beziehungsarbeit
Auch wenn es fälschlicherweise nach einem Freibrief aussieht: Eine offene Beziehung erfordert ein hohes Maß an Verbindlichkeit und Kommunikation. Nur so können beide sich sicher sein, dass ihre Gefühle geachtet werden.
Für wen ist eine offene Beziehung geeignet?
Geeignet ist diese Beziehungsform für solche, die zwar die Geborgenheit und Zweisamkeit mit ihrem vertrauten Partner genießen. Die sich aber dennoch vorstellen können, vom monogamen Beziehungsmodell abzuweichen. Das beinhaltet, sich auf einen neuen Menschen einzulassen. Außerdem muss man konventionelle Moralvorstellungen ablegen können. Das Ideal der sexuellen Exklusivität ist eng mit romantischer Liebe verknüpft. Diese Exklusivität aufzugeben, hat auch immer den Beigeschmack von Verrat an der Liebe.
Da die monogame Zweierbeziehung nach wie vor verbreitet ist, stehen für sexuelle Abenteuer Aufgeschlossene vor der Herausforderung, ein Pendant zu finden. Denn nicht nur verheiratete oder gebundene Menschen haben Skrupel. Auch viele Singles können sich nicht vorstellen, in eine intakte Beziehung zu brechen. Beziehungsweise, sie empfinden es trotzdem als Ehebruch oder Fremdgehen, selbst wenn ihr Gegenüber in einer offenen Beziehung lebt.
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