Was ist das Empty-Nest-Syndrom
Das Empty-Nest-Syndrom bezeichnet die Gefühlslage von Trauer, Einsamkeit und Verlust, welche auftreten kann, wenn auch das letzte Kind das elterliche Zuhause verlässt, um ein unabhängiges Leben zu führen. Diese Phase stellt sich oft ein, wenn die Kinder ausziehen, um eine Ausbildung oder Studium zu beginnen oder ihre eigene Familie zu gründen.
Eltern investieren über Jahre hinweg viel Zeit, Energie und Liebe in die Erziehung ihrer Kinder. Diese Rolle als Eltern ist ein wichtiger Teil ihrer Identität. Wenn die Kinder flügge werden und das Zuhause verlassen, kann dies bei Eltern eine tiefe Leere hinterlassen.
Das Empty-Nest-Syndrom trifft nicht alle im gleichen Maß. Manche Eltern empfinden es als eine positive Lebensveränderung und genießen die neu gewonnene Freiheit. Andere hingegen fühlen sich verloren und empfinden diesen Lebensabschnitt als schmerzhaft.
Studien zeigen, dass insbesondere Mütter und Väter, die sich sehr stark mit der Elternrolle identifizieren, anfälliger für das Syndrom sind.
(Die wichtigsten Informationen im Video – Länge: 3 Minuten)
Welche Symptome hat das Empty-Nest-Syndrom?
Die Symptome des Empty-Nest-Syndroms sind emotionaler Natur und variieren stark. Das sind die häufigsten Symptome des Empty-Nest-Syndroms:
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Traurigkeit und Verlustgefühle
Viele Eltern empfinden eine tiefe Trauer, wenn ihre Kinder ausziehen. Diese Traurigkeit entsteht durch ein Verlustgefühl. Sie vermissen die Anwesenheit ihrer Kinder und stellen sich möglicherweise die Frage, welche Rolle sie noch in deren Leben spielen.
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Einsamkeit
Nachdem die Kinder ausgezogen sind, überfällt die Eltern plötzlich ein Gefühl der Einsamkeit. Sie sind es gewohnt, dass ihre Kinder im Haus präsent waren, nun fühlen sich mit einem Mal allein und verlassen. Dieses Empfinden ist besonders ausgeprägt in den ersten Wochen nach dem Auszug der Kinder.
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Zweifel an der eigenen Identität
Für etliche Jahre war die Rolle als Eltern für die Mütter und Väter ein zentraler Bestandteil ihrer Identität. Ohne diese Aufgabe fühlen sie sich orientierungslos und fragen, was sie mit ihrem Leben anfangen sollen. Wer sich besonders stark mit der Elternrolle identifizierte, kämpft nun auch mit einem Identitätsverlust.
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Sorgen und Ängste
Betroffene Eltern machen sich übermäßig viele Sorgen um das Wohl ihrer Kinder, wenn diese erstmals auf eigenen Beinen stehen. Sie fragen sich, ob ihre Kinder in der Lage sind, allein zurechtzukommen, und ob sie in ihrer neuen Umgebung glücklich und sicher sind. Übermäßige Sorge führt hier zu anhaltendem Stress und Schlaflosigkeit.
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Spannungen in der Partnerschaft
Oft führt das Empty-Nest-Syndrom auch zu Spannungen in der Partnerschaft. Wenn Ehepaare nach vielen Jahren der Kindererziehung wieder auf sich selbst und ihre Partnerschaft fokussieren, kann das zu einer Belastung der Beziehung führen. Ungelöste Konflikte oder Missverständnisse ploppen wieder auf, nach dem lange Zeit die Kinder und ihre Anliegen priorisiert wurden.
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Depressionen
In einigen Fällen geht das Empty-Nest-Syndrom in eine Depression über. Symptome wie anhaltende Traurigkeit, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen und Appetitlosigkeit können Anzeichen dafür sein, dass aus der emotionalen Belastung eine Depression wird, die behandlungsbedürftig ist.
Wie lange dauert das Empty-Nest-Syndrom?
Die Dauer des Empty-Nest-Syndroms variiert stark und hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Die Stärke der emotionalen Bindung an das Kind,
- der eigenen Identitätsbildung,
- dem sozialen Netzwerk der Eltern
- und der persönlichen Widerstandskraft.
In der Regel dauert diese Phase einige Wochen bis Monate:
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Kurzfristige Auswirkungen (die ersten Wochen/Monate)
Unmittelbar nach dem Auszug der Kinder können die emotionalen Reaktionen sehr stark sein. Trauer, Ängst und auch Einsamkeit dominieren in dieser Phase. Die meisten Eltern benötigen Zeit, um sich an die neue Lebenssituation zu gewöhnen und ihre Emotionen zu verarbeiten.
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Mittelfristige Anpassung (6-12 Monate)
Nach etwa einem halben Jahr beginnen viele Eltern, sich besser an die neue Situation zu gewöhnen. Sie entdecken neue Hobbys, konzentrieren sich auf ihre Partnerschaft oder berufliche Entwicklung und bauen soziale Kontakte aus.
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Langfristige Bewältigung (1 Jahr und länger)
In manchen Fällen kann das Empty-Nest-Syndrom jedoch länger andauern, insbesondere wenn die Eltern Schwierigkeiten haben, sich auf neue Lebensinhalte einzulassen. Einige Eltern brauchen Jahre, bis sie sich vollständig an das „leere Nest“ gewöhnt haben.
Was kann man gegen das Empty-Nest-Syndrom tun?
Empty-Nest-Syndrom kann emotional belastend sein, aber es gibt verschiedene Strategien, um die Situation zu bewältigen und die eigene Lebensfreude zurückzugewinnen. Hier sind einige effektive Bewältigungsstrategien:
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Neue Interessen und Hobbys entdecken
Der Auszug der Kinder ist die Gelegenheit, sich neuen Interessen zu widmen und Hobbys zu suchen. Aktivitäten wie Reisen, Sport, Kunst oder das Lernen einer neuen Sprache tragen dazu tragen, das eigene Leben neu zu gestalten und Freude im Alltag zu finden.
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Soziale Kontakte knüpfen
Es ist wichtig, soziale Kontakte aufrechtzuerhalten und möglicherweise neue Freundschaften zu knüpfen. Freunde und Bekannte bieten nicht nur Ablenkung, sondern sind eine wichtige emotionale Stütze. Mit ihnen kann die neue Lebenssituation in Gesprächen verarbeitet werden. Der Beitritt in Vereine oder anderen Gruppen hilft, das Gefühl der Einsamkeit zu überwinden.
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Partnerschaft pflegen
Viele Paare haben nach dem Auszug der Kinder wieder mehr Zeit füreinander. Diese Zeit kann genutzt werden, um die Beziehung zu stärken und gemeinsame Aktivitäten zu unternehmen. Ausflüge, gemeinsame Hobbys oder einfach mehr Zeit für Gespräche und Nähe sind jetzt wichtig.
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Selbstfürsorge betreiben
Eltern, die jahrelang die Bedürfnisse ihrer Kinder in den Vordergrund gestellt haben, sollten sich nun bewusst auf ihre eigene Gesundheit und ihr Wohlbefinden konzentrieren. Das umfasst gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung, ausreichend Schlaf und Entspannungstechniken wie Meditation oder Yoga.
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Eine neue Rolle als Eltern annehmen
Auch wenn die Kinder das Haus verlassen haben, bleiben Eltern weiterhin Eltern. Die Beziehung zu den Kindern verändert sich zwar, bleibt aber bestehen. Regelmäßiger Kontakt, sei es durch Telefonate, Besuche oder Nachrichten, hilft, die Bindung aufrechtzuerhalten und den Übergang zu erleichtern.
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Beruflich neu orientieren
Für manche Eltern ist der Auszug der Kinder eine gute Gelegenheit, sich beruflich neu zu orientieren oder weiterzubilden. Neben der beruflichen Weiterentwicklung können auch ehrenamtliche Tätigkeiten dem Leben einen neuen Sinn geben.
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Professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen
In schwereren Fällen, in denen das Empty-Nest-Syndrom zu Depressionen oder anhaltenden emotionalen Problemen führt, sollte unbedingt professionelle Unterstützung in Anspruch genommen werden. Eine Therapie oder ein Coaching hilft dabei, die emotionale Belastung zu verarbeiten und neue Perspektiven zu entwickeln.
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„Mein Leben steht still.“
Das eigene Kind verlässt das Haus und stellt sich neuen Lebensaufgaben: Eigene Wohnung, Lebenspartner, Job, während sich für Sie als Eltern nicht viel verändert hat. Ihr Kind bricht auf zu neuen Ufern, aber Sie bleiben zurück. Möglicherweise bewerten Sie im Moment ihr eigenes Leben und stellen Ihre persönlichen Erfolge auf den Prüfstand.
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„Früher war es so schön.“
Lieb gewonnene Gewohnheiten und Rituale verändern sich. Manche Rituale werden der neuen Lebenssituation angepasst, andere verschwinden, weil sie nicht mehr durchführbar sind. Vielleicht schauen Sie in der Umstellung wehmütig auf die schönen alten Zeiten.
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„Nun sind wir allein.“
Als Eltern haben Sie sich viele Jahre um Ihr Kind bemüht, es behütet und groß gezogen. Sie gaben alles, damit es Ihrem Nachwuchs gut ging. Nun nabelt er sich selbst ab und verlässt Sie. Ihr Verstand hat immer gewusst, dass dieser Moment einmal kommen wird, aber das Herz muss jetzt noch hinterher reisen.
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„Geht es unserem Kind gut?“
Ihre Obhut wird nicht mehr benötigt. Ihr Kind gestaltet sein Leben allein und Sie müssen es loslassen. Es ist nicht leicht die Aufsicht und Kontrolle aufzugeben. Eventuell sorgen Sie sich, um sein Wohlergehen, weil Sie nicht mehr täglich etwas von ihm hören. Das ist eine Not, die dem Körper Stress bereitet.
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„Es tut weh.“
Die Freiheit, welche mit dem Auszug entsteht, kann gleichzeitig zu einer schmerzenden Leere werden. Vielleicht haben Sie sich auf die neue Freiheit gefreut und stellen nun fest, dass das Loslassen mehr weh tut, als sie erwartet haben.
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„Ich muss eine neue Aufgabe finden.“
Ein Lebensabschnitt endet und damit reift in Ihnen die Erkenntnis, dass sie älter geworden sind. Sie befinden sich in einem natürlichen Prozess – und doch trifft es den einen stärker als den anderen. Die Lebensaufgabe „Familie“ haben Sie bis hierhin erfolgreich gemeistert, nun stellt sich die Ihnen Frage, womit Sie sich noch im Leben beschäftigen möchte.
Empty-Nest-Syndrom: Gedanken der Eltern
Haben Sie das Gefühl, das Empty-Nest-Syndrom trifft Sie gerade? Eventuell beschäftigen Sie (unterbewusst) die folgenden Gedanken:
Empty Nest Syndrom: Alleinerziehende leiden besonders
Insbesondere dem alleinerziehenden Vater oder der Mutter fällt es schwer, das eigene Kind gehen zu lassen. Der Auszug des Kindes fühlt sich an, als ob die Familie sich auflöst – und das Elternteil allein zurückbleibt.
Die Beziehung zwischen Vater/Mutter und Kind war geprägt von einem gegenseitigen Geben und Nehmen: Nicht nur die alleinerziehenden Eltern gaben ihrem Kind Halt, auch das Kind schenkte Vater oder Mutter Halt, weil es dem alleinerziehenden Elternteil eine Aufgabe gab.
Alleinerziehende sind darum gut beraten, wenn sie sich mit anderen Alleinerziehenden zusammentun, die in der gleichen Lebensphase stecken. Hier können sie ihren Kummer zugeben und Tipps holen, wie sie den Auszug des eigenen Kindes am besten verarbeiten.
Empty Nest Syndrom – Psychologie
Der Begriff „Empty Nest Syndrom“ wurde in den 70er Jahren von der Pharmaindustrie in den USA erfunden. Damals standen vor allem die Mütter im Vordergrund. Sie haben ihre Kinder recht früh bekommen, waren nicht berufstätig und haben vor allem ihre Rolle als Mutter im Haushalt wahr genommen. Wenn die Kinder auszogen, kamen sie mit dem „Verlassenwerden“ nicht zurecht. Ihr Lebensinhalt wurde ihnen mit einem Mal genommen. Psychopharmaka und Antidepressiva sollten ihnen aus dieser Krise heraushelfen.
Der Begriff „Empty-Nest-Syndrom“ ist also eher ein Kunstbegriff. In der medizinischen Fachsprache wird es als „Anpassungsstörung an die Übergangsphasen im Lebenszyklus“ beschrieben. Einsamkeit, Traurigkeit und ein Gefühl der inneren Leere können ein Symptom für dieses Problem sein.
Richtig problematisch wird es, wenn daraus eine Depression wird. Betroffenen benötigen dann unbedingt psychologische Hilfe.
Empty Nest Syndrom: Depression
Wenn Betroffen sich überhaupt nicht in die neue Lebenssituation hineinfinden kann, kann sich eine schwere Depression entwickelt. Hier hilft dann keine Selbstfindung oder einfache Beratung mehr. Betroffene müssen sich von einem Psychiater betreuen lassen. Dieser klärt ab, ob die Einnahme von Medikamenten sinnvoll ist. Wichtig ist auf jeden Fall eine Therapie, um die Emotionen in der neuen Situation aufzuarbeiten.
Wichtiger Hinweis
Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und informiert Sie nur allgemein. Er kann und soll eine medizinisch-ärztliche Beratung nicht ersetzen.
Wann sollten Kinder zu Hause ausziehen?
Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres braucht ein Kind die Erlaubnis der Eltern, wenn es ausziehen möchte, denn die Eltern haben das Aufenthaltsbestimmungsrecht (§ 1631 Abs. 1 BGB) und entscheiden über den Wohnort.
Wenn die Eltern zustimmen, darf ein Kind frühesten mit 16 Jahren in eigene Wohnung ziehen. Allerdings ist ihr Kind noch nicht voll geschäftsfähig und die Eltern müssen sowohl Mietvertrag als auch alle anderen Verträge für Strom, Internet und so weiter unterschreiben.
Diese rechtliche Grundlage trifft aber noch keinen Hinweis darauf, wann das eigene Kind ausziehen sollte. Interessanterweise gibt es dazu auch keine klare Feststellung. Studien zeigen, dass die jungen Erwachsenen immer später ausziehen. Von dem „Hotel Mama“ ist hier die Rede.
Daten des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2015 weisen darauf hin, dass 62 Prozent der 18- bis 24 Jährigen noch bei ihren Eltern wohnen. Im Alter von 30 Jahren wohnten sogar noch 12 Prozent der Männer und 5 Prozent der Frauen im Haushalt ihrer Eltern.
Die Ursache hierfür liegt in der längeren Ausbildungszeit, der Wohnungsnot, den gestiegenen Haushaltskosten. Finanzielle Unabhängigkeit ist oft nur bedingt mit dem ersten Job gegeben, denn meistens werden nur befristete Arbeitsverhältnisse angeboten. Bei den Eltern zu wohnen ist somit preiswerter und sicherer – für alle Beteiligten.
Hinzu kommt das Eltern oft falsche Signale aussenden. Sie mögen das freundschaftliche Verhältnis zu ihren erwachsenen Sprösslingen, so dass diese auch keine Notwendigkeit sehen, auszuziehen.
Wenn Sie also das Gefühl haben, Ihr erwachsenes Kind will nicht ausziehen, dann hinterfragen Sie sich: Welches Signal sende ich meinem Kind? Soll es sich bequem machen, damit ich eine Aufgabe habe? Oder unterstütze ich seinen Auszug, um auch wieder mehr Freiraum für mich selber zu gewinnen?
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