Stürze im Alter: Die Gründe
Medizinischen Schätzungen zufolge stürzen etwa ein Drittel aller Personen ab 65 Jahren zumindest einmal im Jahr. Davon sind wiederum zwanzig Prozent behandlungsbedürftig – seien es Brüche der Knochen, Sehnenrisse, Muskelfaserrisse oder Zerrungen beziehungsweise Prellungen. Insbesondere, wenn noch andere Erkrankungen wie zum Beispiel eine Osteoporose dazu kommen, werden solche Stürze zur großen Gefahr.
Bei vielen führen häufige Stürze zudem zu der Angst, erneut fallen zu können. Diese Angst mündet dann meist in einen Teufelskreis, da genau dadurch eine Gangunsicherheit entsteht, die weitere Stürze zur Folge haben kann.
Nicht selten ist ein Sturz auch der Auslöser, um zeitweise oder gar dauerhaft pflegebedürftig zu werden. Aus diesem Grund sind in den vergangenen Jahrzehnten die Gründe für solche Stürze immer stärker in den Fokus gerückt. Denn diese können durchaus vielfältig sein:
- Nachlassende Sehkraft verunsichert beim Gehen. Hindernisse werden zudem nicht rechtzeitig erkannt.
- Hörbeeinträchtigungen führen dazu, dass Gefahren zu spät wahrgenommen werden (zum Beispiel im Straßenverkehr).
- Blutarmut kann zu einer Herzinsuffizienz und somit zu Schwindel führen.
- Schwankungen des Blutdrucks sind ebenfalls häufig für Schwindelgefühle verantwortlich.
- Medikamente haben zuweilen die Nebenwirkung, dass sie sich negativ auf den Kreislauf auswirken.
- Der Gleichgewichtssinn lässt im Alter bei vielen Menschen nach.
- Die Kraft in der Muskulatur lässt nach – Gleichgewichtsprobleme können nicht mehr abgefangen werden.
- Die Wirbelsäule ist nicht mehr so gelenkig wie früher.
- Ängste verursachen ein übervorsichtiges und unsicheres Gehen.
- Bestimmte Krankheiten wie Demenz, Parkinson, Multiple Sklerose aber auch eine Depression können die Sturzgefahr deutlich erhöhen.
Häufig spielen mehrere dieser Faktoren zusammen. So kommt es, dass plötzlich kleine Hindernisse, die bislang kein Problem waren, auf einmal zu Sturz- oder Stolperfallen werden. Türschwellen, frisch gewachste Böden, rutschende Teppiche, Stufen, fehlende Griffe und Handläufe, nasses Laub oder vereiste Gehsteige. Zuweilen ist selbst das Bett kein sicherer Hort mehr, denn manche stürzen nachts oder beim Aufstehen schlaftrunken aus diesem und verletzen sich mitunter schwer.
So stärken Sie Ihren Gleichgewichtssinn und verhindern Stürze
Stürzen lässt sich auf unterschiedliche Arten vorbeugen, die ineinander greifen müssen. Eine sinnvolle Sturzprophylaxe ist daher nie auf eine Maßnahme beschränkt, sondern beschreibt immer das Zusammenspiel mehrerer vorbeugender Schritte:
- Barrierefreiheit
Viele Stürze passieren in der eigenen Wohnung. Daher ist es wichtig, diese barrierefrei zu gestalten. Dazu zählen zum einen größere Umbauten, für die es auch von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Unterstützungsleistungen gibt, aber auch kleine Sofortmaßnahmen wie eine bessere Beleuchtung oder die Beseitigung von Stolperfallen wie Kabel, Teppiche und anderen Hindernissen. - Muskel- und Gleichgewichtstraining
Sowohl Krafttraining als auch Übungen für ein besseres Gleichgewicht können Stürze verhindern oder zumindest abmildern. Zum Beispiel, in dem Sie sich seitlich neben einem Stuhl stellen, sich an der Lehne festhalten und abwechselnd die Beine langsam anheben, so dass Sie die Knie in Richtung Brust führen und wieder absenken. Täglich zwei Mal zehn Wiederholungen stärken Ihr Gleichgewichtsgefühl und verhindern, dass Sie schnell fallen. Aber auch regelmäßiges Nordic Walking ist eine gute Sturzprophylaxe. - Medikamente
Wer oft stürzt, sollte zudem seine Medikation überprüfen lassen. Entweder müssen zusätzliche Medikamente verschrieben werden (zum Beispiel wenn der Blutdruck die Ursache ist) oder bestimmte andere, die Schwindelgefühle hervorrufen, ersetzt werden. Auch Schlafmittel können das Gleichgewicht noch lange nach dem Aufstehen negativ beeinflussen – greifen Sie bei Schlafstörungen also lieber auf natürliche Helfer zurück. - Schuhe
Eine wesentliche Rolle bei der Sturzprophylaxe spielen die Schuhe. Dies gilt sowohl für die Hausschuhe als auch und besonders für Ihre Straßenschuhe. Sie sollten darin stabilen Halt haben, zudem müssen die Sohlen rutschfest sein. Hohe Absätze für Frauen sollten tabu sein, wenn Sie oft stürzen. Hier geht es schließlich um Ihre Sicherheit, da darf die vermeintliche Eleganz gerne hinten an stehen. - Hilfsmittel
Wer unsicher geht und ängstlich ist, sollte darüber nachdenken, ob Hilfsmittel nicht eine Unterstützung und eine Erleichterung des Alltags darstellen können: Gehstöcke, Krücken, ein Rollator oder mitunter sogar ein Rollstuhl oder ein Elektromobil können Ihnen auf längeren Strecken deutlich mehr Sicherheit verleihen. - Haltegriffe
Nutzen Sie so gut es geht Haltegriffe, wenn häufige Stürze Sie beeinträchtigen. Das bewusste Festhalten und Absichern an Treppengeländern, Haltestangen oder Handläufen von Rolltreppen unterstützen Ihr Gleichgewicht. Auch zuhause sollten Sie darüber nachdenken, wo die unkomplizierte Montage von Haltegriffen für Sie Sinn macht.
Mit der Datenbrille für ein besseres Gleichgewicht
An der Universität Freiburg wird zur Zeit eine neue Art der Sturzprophylaxe und des Gleichgewichtstrainings getestet. Die Grundlage dafür bietet eine Datenbrille, durch welche die wahrgenommene Umgebung mit einer virtuellen Realität ergänzt wird. Es werden verschiedene Gegenstände als Hologramme mit der Brille anzeigt, welche die Trainingsteilnehmer in spielerischer Form bearbeiten müssen. So muss beispielsweise ein Apfel mit bestimmten Kopfbewegungen vom Baum gepflückt oder als Seehund ein Ball balanciert werden.
Das ganze Training geschieht vor dem Hintergrund der realen Welt und kann daher in gewohnter Umgebung – zum Beispiel im eigenen Wohnzimmer – durchgeführt werden. Da es sich um einen spielerischen Ansatz handelt, wird die Schwierigkeit mit der Zeit sukzessive gesteigert.
Die Durchführung ist dabei denkbar einfach und benötigt weder viel Zeit, um sich einzuarbeiten, noch viel Aufwand. Lediglich ein Sensor, das Kopfteil mit der Brille und eine entsprechende App sind dazu nötig.
Mögliche Folgen von Stürzen
Stürze können schwerwiegende Konsequenzen haben. Je nach Häufigkeit und Schwere stellen sie gerade in der Pflege ein großes Problem dar, aber auch im Alltag der Betroffenen.
Die häufigsten Folgen von Stürzen sind dabei:
- Frakturen an Händen, Oberschenkel und Hüfte
- Hämatome, Prellungen, Verstauchungen und Platzwunden an Armen, Beinen und Rücken
- Kopf- und Hirnverletzungen beziehungsweise -blutungen
- Aufbau von Ängsten bis hin zum Auslösen einer Depression
Da viele Verletzungen im Alter nicht mehr so schnell heilen, kann es sein, dass die Betroffenen nicht mehr im Stande sind, zeitweise oder gar dauerhaft eigenständig zu leben. Die Pflegebedürftigkeit verbunden mit einem teilweisen oder kompletten Umzug in ein Pflege- oder Altenheim können die Konsequenz sein.
Dies hat für viele Betroffene die Folge, dass nicht nur die Knochen brechen, sondern auch das eigene Selbstbewusstsein. Nicht wenige Menschen ziehen sich zurück und wagen sich kaum mehr in die Öffentlichkeit – aus Angst, wieder zu stürzen. Auf diese Art vereinsamen viele, fühlen sich alt und nutzlos und werden nicht nur körperlich, sondern auch innerlich unbeweglicher. Die Lebensqualität sinkt somit erheblich.
Daher ist es wichtig, Menschen, die von häufigen Stürzen geplagt sind, nicht nur körperlich, sondern vor allem auch moralisch zu unterstützen und aufzubauen. Dies kann zum Beispiel mit der Motivation zu gemeinsamem Krafttraining oder Ausdauersport in gemäßigter Form geschehen. Da Schwimmen zum Beispiel dazu gut geeignet ist, die Muskeln umfassend zu trainieren, kann ein gemeinsamer, regelmäßiger Schwimmbadbesuch ein ermutigendes und freudiges Event sein.
Tipp: Lassen Sie sich nicht vom Sturzrisiko unterkriegen
Wichtig ist, dass Sie sich nicht von der Angst vor einem Sturz lähmen lassen – weder als Betroffener, noch als Angehöriger. Behalten Sie Ihr Sturzrisiko im Blick (zum Beispiel, in Sie testen, ob Sie zehn Meter in unter zehn Sekunden gehen oder länger als fünf Sekunden auf einem Bein balancieren können) und reagieren Sie frühzeitig.
Dazu gibt es einfache Trainingsmöglichkeiten ohne großen Aufwand:
- Stehen Sie zwanzig Mal auf und setzen sich wieder.
- Basteln (oder kaufen) Sie sich eine Stufe, auf die Sie zweimal täglich fünf bis zehn Minuten abwechselnd mit jedem Bein auf- und absteigen.
- Gehen Sie beim Spazieren gezielt auf unterschiedlichen Untergründen.
- Gehen Sie öfters mal barfuß in Ihrer Wohnung.
Zudem sollten Sie regelmäßig Ihre Sehstärke vom Augenarzt testen und Ihr Hörvermögen beim HNO-Arzt überprüfen lassen.
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